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144 - Der Flug der Todesrochen

144 - Der Flug der Todesrochen

Titel: 144 - Der Flug der Todesrochen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Frenz
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Körper tatsächlich zu. Seine Plysteroxarme umgab zwar nur eine speziell gezüchtete Hautschicht, ansonsten reagierte er aber ganz normal auf Temperaturschwankungen. Ob er nun schwitzte oder fror, die jeweiligen Nervenimpulse wurden sofort digitalisiert und von einem entsprechenden Unterprogramm ausgewertet. Sobald er Gefahr lief, Schnupfen zu bekommen, erhielt er eine Warnung.
    Zurzeit schützte ihn aber noch eine wattierte Jacke gegen die morgendliche Kälte.
    »Nett gemeint«, wiegelte er das Angebot seines Vaters ab, »aber nicht nötig. Honeybutt zieht es vor, im EWAT zu bleiben.«
    »Sie möchte dir wohl Gelegenheit geben, mit mir alleine zu sprechen?«
    Die Frage hing Sekunden lang einsam in der Luft, bevor Aiko antwortete: »Das wohl auch. Ehrlich gesagt, meidet sie meine Nähe aber ohnehin, wo sie nur kann.«
    »Aha, verstehe.« Der gleiche Tonfall, die gleiche starre Haltung. Takeos unerschütterliche Ruhe unterstrich noch sein roboterhaftes Äußeres. Die Rätsel, in denen er sprach, entlarvten jedoch den menschlichen Kern, der unter seiner gepanzerten Hülle schlummerte.
    »Was verstehst du?« Aikos Schultern versteiften sich, so wie früher, als ihn derart diffuse Andeutungen noch zur Weißglut getrieben hatten. War das jetzt ein Reflex seiner alten Gefühle, oder verdankte er dieses Echo einem geschickten Programmierer, der an alles gedacht hatte?
    Aiko wusste es nicht, aber vielleicht besaß Miki ja ein paar Antworten auf die Fragen, die ihn seit Monaten beschäftigten.
    Vorläufig ließ sich der Androide aber zu einem anderen Thema aus.
    »Ich verstehe jetzt, warum du einen Stopp in Berlin einlegst, statt direkt nach Moskau zu fliegen. Ich nehme an, Honeybutt hat sich von dir zurückgezogen, weil sie in Tokio erfahren hat, wie es wirklich um dich steht.«
    »Du weißt von Tokio?« Aiko verspürte echte Überraschung.
    »Ja, die entsprechenden Berichte gingen über meinen Schreibtisch. Seit ich die Regierungsgewalt in Berlin übernommen habe, gehöre ich offiziell zum Führungskader der Allianz. Ein ganz hübscher Aufstieg, nachdem Crow meine Enklave dem Erdboden gleich gemacht hat, was?«
    Humor nach Androidenart. Aiko lächelte aus Höflichkeit, weil ihn die Subroutinen dazu animierten.
    Warnung!, meldete eine leise Stimme in seinem Hinterkopf.
    Körpertemperatur fällt rapide. Aiko steckte beide Hände in die Jackentaschen und schmiege seine Arme enger an den Körper, um den Wärmeverlust zu mindern.
    »Es war richtig von mir, David McKenzie zu erschießen«, sagte er dann. »Ich fürchte nur, es ist falsch, deshalb keine Reue zu spüren. Viele Freunde ziehen sich von mir zurück. Selbst Matthew Drax findet mich auf einmal unheimlich.«
    In weiter Ferne zerknackte ein morscher Ast unter dem Gewicht eines durch die Ruinen streunenden Tieres. Barbaren ließen sich nicht blicken, wenn die RoCops einen Absperrriegel zogen.
    »Allein, dass du dir Gedanken über deine fehlende Reue machst, beweist doch, dass du trotzdem welche spürst«, lenkte Takeo wieder alle Aufmerksamkeit auf sich. »Unsere Gefühle mögen von den organisch erzeugten abweichen, trotzdem existieren sie. In organischen Systemen entstehen Gefühle aus dem Zusammenspiel unterschiedlicher Hormone, bei uns basieren sie eben auf elektronischen Impulsen. Wer kann schon mit letzter Gewissheit entscheiden, ob die biologische oder die physikalische Grundlage die bessere ist?«
    »Ich weiß nicht«, gestand Aiko ratlos. »Aber vieles von dem, was ich spüre, fühlt sich für mich irgendwie falsch und künstlich an.«
    »Gerade das beweist doch, dass du mehr als ein Prozessor mit gut laufender Software bist«, konterte Takeo prompt.
    »Glaubst du vielleicht, ein RoCop verschwendet auch nur einen einzigen Stromimpuls an die Qualität seiner Gefühle? Nein, natürlich nicht. Das ist in ihren Programmen nicht vorgesehen. Und bis heute ist auch niemand in der Lage, derart komplexe Systeme zu imitieren. Glaub mir. Das, was du denkst und fühlst, ist der Aiko von früher. Mag sich auch noch einiges falsch und künstlich anfühlen, das sind typische Anlaufschwierigkeiten. Die haben mich zu Beginn auch gequält, aber das gibt sich mit der Zeit. Bei dir sogar sicher noch viel schneller als bei mir, denn du verfügst ja noch über einen überwiegend organischen Körper.«
    Aikos verkrampfte Brustmuskulatur entspannte sich.
    »Ich hatte gehofft, dass du so etwas sagst«, gestand er, leise aufatmend.
    »Du musst stark sein«, mahnte Takeo, »selbst wenn dir

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