1442 - Die grauen Eminenzen
Verfügung.
Man gab sich Mühe, den Fremden Mobiliar und technisches Gerät zu beschaffen, das ihren Gewohnheiten und Neigungen entsprach. Die Versorgung mit Proviant war keine Schwierigkeit. Einige der wichtigsten Grundsubstanzen hatten die Fremden von ihren Raumschiffen mitgebracht. Daneben gab es zahlreiche vaasurische Nahrungsmittel, die von den fremden Metabolismen gefahrlos verarbeitet, werden konnten.
Das ungewöhnliche Interesse, das die Vaasuren an ihren Gästen zeigten, ließ Julian Tifflor hoffen, daß es hier endlich etwas über das Geheimnis der Schwarzen Sternenstraßen und dem Konnex zwischen dem Straßennetz und den Cantaro erfahren könne. Vorerst allerdings hatte er es mit Accurr zu tun, der mit seiner Rolle als Betreuer der Gäste unzufrieden schien und eine schwerverdauliche Überheblichkeit an den Tag legte. Man würde Geduld haben müssen. Die Informationen flössen nicht so bereitwillig, wie es zu wünschen gewesen wäre.
Die Ereignisse des heutigen Abends hatten Tifflor stutzig gemacht; er wußte indes nicht, wieviel Bedeutung er ihnen beimessen sollte. Die ehrfürchtige Neugierde, die man ihm und Bolder Dahn am „Ort der würdevollen Entspannung" entgegengebracht hatte, war ihm rätselhaft.
Hatte man in Neyscuur schon von den Terranern gehört, oder lag hier eine Verwechslung mit einer anderen humanoiden Spezies vor? Und wer war es, der ihnen nachspionierte? Julian Tifflor war bereit zu glauben, daß Accurr tatsächlich überzeugt war, Dahn und er hätten den Vorfall nur erfunden, um sich interessant zu machen. Der Auftraggeber des Spions hatte wahrscheinlich mit den Vaasuren nichts zu tun. Die ungewöhnliche Art, wie er das Geschäft der Informationsbeschaffung betrieb, ließ vermuten, daß er vorhatte, zumindest fürs erste im verborgenen zu bleiben.
Nachdenklich blickte Julian Tifflor durch das große Fenster hinaus ins verwirrende, funkelnde Lichtermeer der nächtlichen Stadt. So sehr war er mit seinen Gedanken beschäftigt, daß er nicht merkte, wie er die Gabel mehrmals leer zum Mund führte.
Das helle Summen des Interkoms schreckte ihn schließlich auf. Auf dem Gebiet der Kommunikation waren die Vaasuren noch ein wenig rückständig. Sie verwendeten festeingebaute Bildgeräte.
Auf der großen Bildfläche, die die Seitenwand des Wohnraums zierte, erschien Accurrs zerbrechliche Gestalt. „Du hast Besuch", erklärte der Vaasure.
Seine Worte wurden unmittelbar von dem in den Interkom eingebauten Translator übersetzt. „Vier Fremde wünschen dich zu sprechen."
Tifflor war überrascht. „Was wollen sie von mir?" fragte er. „Ich habe mich nach dem Grund ihres Besuchs nicht erkundigt", antwortete Accurr von oben herab. „Willst du sie empfangen oder nicht?"
„Ich will", sagte Julian Tifflor.
Accurrs Bild war kaum verblaßt, da wählte er Fellmer Lloyds Rufkode. Der Mutant meldete sich sofort. „Komm zu mir", bat Tifflor. „Es will uns jemand sehen. Vielleicht hast du diesmal mehr Glück mit der Gedankenleserei."
*
Zuerst hätte Julian Tifflor drei der vier Fremden für mißratene Vaasuren halten mögen. Sie waren ebenso arthropoid wie diese, nur eben kleiner und stämmiger gebaut; auch fehlte ihnen das untere Armpaar. Aber die Art, wie sie sich gaben, besonders ihre kräftige Stimme und die eigenartige Aussprache des Neyscam überzeugten ihn schließlich, daß er es mit Vertretern eines eigenständigen Volkes zu tun hatte.
Der vierte Besucher allerdings war ihm ein Rätsel. Die drei Insektenähnlichen traten zu Fuß ein, aber ihr Begleiter ruhte auf einer quadratischen Antigrav-Plattform, die sich einen halben Meter über dem Boden bewegte. Seine Gestalt verlieh dem Wort amorph neue Bedeutung. Er wirkte wie ein Pudding, der zu früh aus der Form gestürzt worden und dabei halbwegs zerflossen war. Die graubraune Substanz war in ständiger Bewegung und drohte mitunter, über den Rand der Plattform zu quellen. Es gab keine erkennbaren Körperteile oder Organe an der gallertähnlichen Masse, die sich - wenn sie nicht gerade zu zerfließen drohte - annähernd in der Form eines Kegels 60 Zentimeter weit über das Niveau ihres Transportgeräts erhob.
Fellmer Lloyd war inzwischen eingetroffen. Als Julian Tifflor ihn ansah, beantwortete er den fragenden Blick mit kurzem Kopfschütteln und zog dabei die Schultern ein wenig in die Höhe. Er konnte in den Gedanken der Besucher nichts erkennen - wenigstens vorerst nicht.
Der Sprecher der Fremden war ein etwa zwei Meter
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