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1444 - Legende und Wahrheit

Titel: 1444 - Legende und Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Sternenstraße, die wir benutzten, endet im Tor aguiri", erklärte Degruum. „Wir befinden uns also wieder in Gorandaar."
    „Auf dem Kurs nach Aylay", ergänzte Julian Tifflor. „Das ist richtig."
    „Was ist Aylay?"
    Als Degruum antwortete, hatte seine Stimme einen merkwürdigen Klang. Sie schien zu zittern. Der Translator brachte es freilich nicht so klar heraus, aber man merkte, daß der Anoree zutiefst bewegt war. „Aylay ist die Ursprungswelt meines Volkes. Von Aylay sind vor undenkbarer Zeit unsere Vorfahren in die Galaxis Neyscuur ausgewandert."
     
    *
     
    Der Himmel mochte wissen, wie viele Milliarden Jahre lang der kleine rote Stern das thermonukleare Feuer schon hatte brennen lassen. Jetzt jedenfalls war er dem Ende seines Daseins als lebensspendende Sonne nahe. Die Strahlung, die er versandte, war ein tiefes, düsteres Rot. Die Oberflächentemperatur lag bei 2800 Grad, so wiesen es die Meßgeräte der YALCANDU aus. Der Augenblick war nahe, da sich die Glut ein letztes Mal aufbäumen und den Rest der fusionierbaren Substanz verschleudern würde. Dann kam der endgültige Kollaps. Übrig blieb ein immens dichter, lauwarmer, brauner Zwerg - unsichtbar und für die Planeten, die er bisher mit Licht und Wärme versorgt hatte, ohne Bedeutung; dafür aber mit einer Lebenserwartung, die der des Universums gleichkam.
    Die Reise durch das Aguirre Black Hole war wie üblich zeitverlustfrei vonstatten gegangen. Danach hatte es nur ein paar Minuten gedauert, bis die mit einem metagravähnlichen Antrieb ausgestattete YALCANDU in der Nähe des kleinen roten Sterns aus dem Hyperraum auftauchte. Gamesh hatte Degruum die sterbende Sonne genannt. Sie besaß fünf Planeten. Der zweite darunter war Aylay, die Heimatwelt der Anoree.
    Degruum steuerte das Schiff in einen Synchron-Orbit über dem Äquator. Julian Tifflor hatte inzwischen die übrigen Mitglieder der Delegation benachrichtigt.
    Gemeinsam, begleitet diesmal von Degruum, gingen sie an Bord des Raumboots, das sie zur Oberfläche des Planeten hinab beförderte.
    Es war eine trostlose, kalte Welt, der sie sich näherten. Auf den Bildflächen waren weite Steppen zu sehen, durch die sich hier und da die dunkle, vielfach gekrümmte Linie eines Flusses wand. Die Flüsse mündeten in kleine Meere, deren Oberfläche von zahllosen Inseln und Inselchen durchbrochen wurde. Es gab keine nennenswerten Erhebungen, nur hier und da ein paar Hügelketten, die im Lauf der Jahrmillionen von der Erosion abgeschliffen worden und meistens bis zu den Kuppen hinauf mit gelblichbraunem Steppengras bewachsen waren. Schon beim Anflug hatte man beobachtet, daß die beiden Pole ausgedehnte Eiskappen trugen, die nach Julian Tifflors Schätzung bis auf 60 Grad an den Äquator heranreichten.
    Das Boot flog auf eine weite Wasserfläche hinaus. Das Meer war grau und wenig bewegt. Eisschollenfelder trieben unter dem Fahrzeug hinweg. Klippen stachen mit scharfen Zacken durch die Wasseroberfläche und ließen ahnen, daß die See nur von geringer Tiefe war. Eines Tages, kurz bevor Gamesh zur letzten Eruption ansetzte, würde die gesamte Oberfläche des Planeten gefroren sein, vielleicht sogar die Atmosphäre sich in Form verflüssigter oder verfestigter Gase auf der Oberfläche niedergeschlagen haben. Es blieb wahrscheinlich nicht einmal mehr viel Zeit bis dorthin: ein paar Jahrtausende, zehn höchstens. „Auf der Höhe des Äquators liegt eine Insel, die für unser Volk von besonderer Bedeutung ist", erklärte Degruum. Seine Worte überraschten jedermann; denn bisher hatte er kein einziges mal den Mund geöffnet, und die Monotonie, die von den niederdrückenden Bildern der Planetenoberfläche ausstrahlte, hatte auch sonst kein Gespräch aufkommen lassen. „Die Legende weiß, daß bei der großen Emigration das letzte Raumschiff von dort startete. Deswegen hat man dort ein Denkmal errichtet, das an die großen Leistungen der Anoree erinnert."
    Die Insel schob sich wenige Minuten später in Sicht. Das Boot hatte bisher eine Flughöhe von rund eintausend Metern beibehalten; jetzt senkte es sich allmählich der Oberfläche entgegen. Die Insel war kahl bis auf das allgegenwärtige Tundra-Gras. Keine einzige Erhebung unterbrach die Eintönigkeit der Szene: Flach dehnte sich das Land von einer Küste bis zur ändern. Als Degruum von einem Monument sprach, das sein Volk sich zum eigenen Angedenken errichtet hatte, da war vor jedermanns Augen das Bild einer gigantischen Struktur entstanden, die trotzig zum

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