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1444 - Legende und Wahrheit

Titel: 1444 - Legende und Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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wäre, hätte man ein summendes Geräusch hören müssen. Aber es blieb alles still, und das Boot rührte sich nicht vom Fleck. Kurze Zeit später kam Degruum wieder zum Vorschein.
    Er wirkte gefaßt. Die Unsicherheit, in die Tifflors Anklage ihn versetzt hatte, war von ihm abgefallen. „Wir müssen sprechen", sagte er ernst. „Gavval und Shyrbaat sind auf dem Weg."
    Das zweite Beiboot der YALCANDU tauchte Minuten später, rötlich glitzernd, im blauen Himmel auf und senkte sich rasch herab. Es hatte noch nicht aufgesetzt, da sah man das Schott der Schleuse sich öffnen. Gavval und Shyrbaat kamen zum Vorschein, sobald der Landevorgang abgeschlossen war. Gavval wirkte zurückhaltend wie immer, aber Shyrbaat schien äußerst erregt. In den kleinen, sonst farblosen und ausdrucksarmen Augen glomm das Feuer des Zorns. „Wir sind, wie ich höre, der Lüge beschuldigt worden", sagte er mit kräftiger Stimme. Er sah die Terraner und den Blue der Reihe nach an. „Bis jetzt haben wir euch nur Gutes getan, aber ihr besitzt die Unverfrorenheit..."
    „Spar dir das Geschwätz!" donnerte Julian Tifflor ihn an. „Ihr habt uns verfolgt und bespitzelt, seit ein unglückseliger Zufall uns in diesen Teil des Universums verschlug. Erst als euch klarwurde, daß wir im Begriff waren, euch auf die Schliche zu kommen, gabt ihr euch zu erkennen. Denk an Mareesh! Habt ihr nicht auf uns geschossen? Hättet ihr nicht bedenkenlos Gion Shaub Ayns Hütte niedergebrannt, um uns in die Hände zu bekommen?
    Nennst du das >Gutes getan    Shyrbaat war der Mund offen stehengeblieben. Es zuckte um die dicken, wie zum Kuß geschürzten Lippen. Nur mit Schwierigkeit brachte er hervor: „Wir hatten eine Aufgabe zu erfüllen ..."
    „Ja. Ich kenne die Aufgabe. Es sollte unter allen Umständen verheimlicht werden, daß euer Volk die Schwarzen Sternenstraßen nicht erbaut hat."
    Es war faszinierend, die drei Anoree zu beobachten. Ihre Gesichter, die unter der hohen Stirn nur die untere Hälfte der Kopfvorderseite einnahmen, drückten unterschiedliche Grade der Betroffenheit aus. Die Brauenwülste waren in zitternde Bewegung geraten. Die Nase zuckte nervös; der ohnehin kleine Mund schnürte sich noch weiter zusammen.
    Fast eine Minute verging. Dann fragte Shyrbaat mit unsicherer Stimme: „Wie kommst du zu dieser unsinnigen Behauptung?"
    „Sie ist nicht unsinnig." Julian Tifflor sprach jetzt mit Gelassenheit. Der Zorn war verflogen. Den drei Schmalgesichtern in ihrer offensichtlichen Hilflosigkeit konnte niemand ernsthaft gram sein. „Ihr habt den Fehler begangen, uns die Wirkungsweise der Schwarzen Sternentore erklären zu wollen, und dabei eure Unwissenheit unter Beweis gestellt. Ihr sprecht von ereignishorizontübergreifendem Hyperfunk, den es nicht gibt. Ihr behauptet, die Kontrollstationen seien für die Ewigkeit gebaut und bedürften daher der Wartung nicht. Degruum braucht zwei Minuten, um eine Kamera so zu justieren, daß sie die YALCANDU zeigt. Ihr könnt den Transportvorgang, den die Cantaro mit immerhin zweihundert Raumschiffen bewältigt haben, nicht nachvollziehen.
    Degruum hat Moischou-Station noch nie gesehen. Ihr weigert euch anzuerkennen, daß es dort, woher wir kommen, auch Schwarze Sternenstraßen gibt. Ihr verlaßt euch allein auf Karten des Straßennetzes, die ihr wahrscheinlich von irgend jemand geerbt habt.
    Mit anderen Worten: Ihr erweist euch als in jeder Beziehung unwissend. Wären die Schwarzen Sternenstraßen wirklich das Werk eures Volkes, dann könntet ihr so dilettantisch nicht sein."
    Degruum, Gavval und Shyrbaat sahen einander an. Die blassen Augen blickten traurig. Fast hätten einem die Anoree leid tun mögen. Schließlich ergriff Degruum das Wort. „Wir müssen miteinander sprechen", sagte er ernst. „Es ist kalt und unfreundlich hier. Laßt uns an Bord des Schiffes zurückkehren."
    „Wir sind einverstanden", antwortete Julian Tifflor. „Aber bevor wir gehen, habe ich noch eine Frage." Er deutete auf die schimmernde Pyramide. „Was für ein Denkmal ist das? Warum könnt ihr die Zeichen nicht lesen?"
    Degruum antwortete nicht sofort. Er starrte lange Zeit vor sich hin. Dann sagte er mit schwerer Stimme: „Ihr seid grausame Wesen mit eurer unersättlichen Wißbegierde. Innerhalb weniger Wochen ist es euch gelungen, den Stolz des Volkes der Anoree zu zerstören."
    „Einen Stolz, der vermutlich auf schwankendem Grund gebaut ist", fiel Julian Tifflor ein. Es lag eine durchaus beabsichtigte Härte in seinen Worten.

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