1444 - Saladins Leibwächter
Unterbewusstsein vorzudringen, sodass sie ihm hilflos ausgeliefert war.
Er trieb sie weiter, bis sie die Mitte der Höhle erreicht hatten.
Purdy rechnete damit, dass sie sich auf den Boden legen musste, aber da hatte sie sich getäuscht.
Sie musste sich umdrehen, noch etwas zurückgehen und durfte erst stehen bleiben, als sie mit dem Rücken die Innenwand der Höhle berührte.
»Hier bleibst du!«
Purdy nickte. Die Lippen hielt sie fest geschlossen. Sie atmete nur durch die Nase, und ihr Inneres war auf Widerstand eingestellt.
Es war still um sie herum geworden. Die Geräusche von draußen verloren sich. Nur ihr eigenes Atmen hörte sie.
Sie schaute Saladin an. Sie musste es einfach tun. Dabei hatte sie vorgehabt, an ihm vorbei zu sehen, aber schon jetzt spürte sie den Zwang seiner Augen.
Es kam ihr so vor, als würde sie nur dieses helle und kalte Paar sehen. Darum herum das hellere Gesicht, aber alles andere verschwamm mit dem grauen Hintergrund, sodass sie den Eindruck hatte, nur sein Gesicht würde vor ihr schweben.
Die Augen! Es waren die verdammten Augen, die ihr zu schaffen machten. Dieser kalte Blick, der nicht nur in den Augen blieb, sondern aus ihnen hervortrat und bis in ihre Seele drang. Alles andere schwamm weg, es gab ausschließlich die Augen und dann eine Stimme, die aus dem Nichts zu kommen schien.
»Du wirst alles tun, was ich vor dir verlange, Purdy Prentiss. Hast du gehört?«
Sie hatte es gehört, und sie wusste auch, dass sie antworten musste.
»Ja, ich weiß es. Ich habe es gehört…«
»Gut. Wer bist du?«
»Purdy Prentiss.«
»Lebst du allein?«
»Ja.«
»Hast du schon mal gelebt?«
Erneut antwortete sie, als wäre sie ein Automat. »Ja, es ist mein zweites Leben.«
»Danke, dass du so ehrlich bist, meine Liebe. Das freut mich sehr. Und jetzt wirst du mir bestimmt sagen, wo dein erstes Leben stattgefunden hat?«
»Nicht hier und auch in einer anderen Zeit, die sehr lange zurückliegt.«
»Wo hast du gelebt?«
»In Atlantis«, flüsterte sie.
»Danke, dass du so wahrheitsgetreu gesprochen hast. Und du wirst weiterhin die Wahrheit sagen?«
»Nur die Wahrheit.«
»Sehr schön, Purdy. Dann möchte ich mehr über dein Leben in Atlantis wissen.«
Die Staatsanwältin, die steif wie ein Stock auf dem Fleck stand und nur ihre Lippen bewegte, wenn sie sprach, flüsterte: »Ich werde dir alles erzählen…«
***
Wieder mal in der verdammten Vampirwelt. Und wieder mal unterwegs. Nicht nur ich kannte sie, auch Glenda war sie nicht unbekannt, denn sie hatte schon schlimme Dinge hier erlebt. Sie war auch dabei gewesen, wie mein Freund Bill Conolly den Schwarzen Tod vernichtet hatte.
Aber diese Welt hatte sich verändert. Sie war nicht mehr so leer wie früher.
Es waren so etwas wie Siedlungen entstanden, und auch die Landschaft machte auf uns einen anderen Eindruck. Es gab nicht nur die karstigen Hügelrücken und tiefen Täler, zu denen Rinnen hinabführten, man hatte das Gelände in dieser Gegend verändert und den Blutsaugern so etwas wie eine Heimat geschaffen.
Unser Ziel waren die Feuer, die wir nicht aus den Augen ließen.
Sie tanzten, sie gaben Licht, verursachten auch Schatten, die durch die Luft und über den dunklen Boden huschten wie tanzende Geister, die ihr Gefängnis verlassen hatten.
Es war zum Glück eine Welt, in der wir atmen konnten. Sie würde auch nie anders werden, denn die Menschen, die wahrscheinlich Saladin herbrachte, waren noch normal, wenn sie hier eintrafen. Dann aber wurden sie freigelassen, und so konnten die Vampire Jagd auf sie machen und sich frisches Blut holen.
Noch hatten wir keinen der Unholde gesehen. Die Dunkelheit gab ihnen den nötigen Schutz. Da gab es Verstecke, sicherlich Höhlen oder andere Löcher, in die sie kriechen konnten. Vielleicht gab es inzwischen auch so etwas wie Häuser, denn nach dem Umbau dieser Welt war alles möglich.
Glenda und ich gingen nebeneinander. Hin und wieder blieb Glenda stehen, um starr nach vorn zu schauen. Dann erklärte sie mir, dass sich Saladin ebenfalls in der Nähe aufhielt. Sie nahm dies fast körperlich wahr.
Sie deutete mit der Hand nach vorn. »Da unten, John, bei den Feuern, dort konzentriert sich alles.« Sie zog die Augenbrauen zusammen. »Es ist seine Aura, die ich spüre. Wir sind durch das verfluchte Serum beinahe verwandte Seelen.«
»Nun ja, Verwandte kann man sich nicht aussuchen.«
»Und den möchte ich liebend gern loswerden.«
Unser Gespräch verstummte. Wir waren näher
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