1448 - Flucht ins Bluthaus
großer Ofen war auch vorhanden. Eine graue Eisenplatte bedeckte ihn. Einige Kreise verteilten sich auf der Fläche.
Es roch nach Staub, irgendwie auch nach Vergangenheit, aber wir nahmen auch einen anderen Geruch wahr, und der konnte einem normalen Menschen nicht gefallen.
Leichengeruch, auch den von altem Blut. Aber in der Küche selbst war nichts zu entdecken.
Bis wir auf die Idee kamen, den Boden abzusuchen, und dort, gleich neben dem großen Tisch, sahen wir den Zugang oder Einstieg zum Keller. Er war unter einer Holzplatte verborgen. Ein Griff war ebenfalls vorhanden und in das Holz eingearbeitet.
Keller und Küche lagen in den damaligen Zeiten immer dicht beisammen. In der Erde war es kühl. Dort konnten die Vorräte aufbewahrt werden.
»Dann wollen wir mal«, sagte Suko leise, als er sich bückte und den Griff umfasste.
Ich schaute zu, hielt die kleine Lampe aber so, dass sie auf die Klappe leuchtete, die Suko jetzt aufzog.
Augenblicklich nahmen wir den scheußlichen Geruch intensiver wahr und hielten den Atem an. Mit einem lauten Geräusch landete die Klappe an der anderen Seite auf dem Boden, und wir hatten freie Sicht.
Es war ein Keller, der unter unseren Füßen lag. Nur kein normaler mehr, denn unser Licht strahlte in einen Raum hinein, der als Leichenkeller zu bezeichnen war.
Es war ein feuchter Raum, auf dessen Grund sich im Laufe der Zeit das Wasser gesammelt hatte. Und das hatte sich vermischt mit den in Verwesung befindlichen Leichen, die dort unten lagen. Sie alle waren mal Vampire gewesen.
Ich dachte an Justine Cavallo. Ich sah jetzt vor mir, welche Spuren sie hinterlassen hatte, und ich fragte mich, ob man mit einer derartigen Person noch zusammenarbeiten konnte.
Ich war nicht in der Lage, mir eine Antwort zu geben. Der Anblick dort unten war einfach zu grauenvoll.
»Klapp sie wieder zu, Suko.«
»Okay.«
Ich stand neben dem großen Arbeitstisch und wischte über meine Stirn hinweg. Suko näherte sich wie ein Schatten. Mir fiel sein bleiches Gesicht auf. Auch er hatte zu kämpfen. Ein derartiger Anblick war fast unerträglich.
»Wenn man Beelzebub einsetzt, um die Hölle zu besiegen, John, muss man mit so etwas rechnen.«
»Meinst du?«
»Ja, es ist schlimm. Es ist sogar grauenhaft. Das weiß ich alles, und ich will Justine auch nicht in Schutz nehmen, doch aus ihrer Sicht hat sie das Beste getan. Es hätte schlimmer kommen können. Schlimmer für andere Menschen, meine ich, wenn sie diese Vampire nicht vernichtet hätte.«
»Ob das ihr einziges Versteck ist?«
»Keine Ahnung. Nur kann sie davon ausgehen, dass sie hier sicher ist. Ich denke nicht, dass sich freiwillig jemand in dieses Haus traut.«
»Dann hat sie hier ihre Ruhe.« Ich schüttelte den Kopf. »Lass uns gehen, ich brauche bessere Luft.«
Dagegen hatte Suko nichts einzuwenden.
In der großen Halle im Bereich des Eingangs blieben wir stehen.
Hier war es trotz der Dunkelheit heller, aber viel besser fühlte ich mich auch nicht. Justine Cavallo hatte uns wieder einmal benutzt.
Sie hatte uns wie Marionetten tanzen lassen.
»Und sie ist nicht da«, sagte ich leise und mehr zu mir selbst.
»Wenn ich wenigstens wüsste, warum sie sich zurückgezogen hat. Ich blicke kaum noch durch, verdammt.«
»Wir wollten doch einen sicheren Ort für die fünf Hypnotisierten haben, John. So musst du das sehen.«
»Klar, so sehe ich das auch. Nur habe ich nicht daran gedacht, dass es so ablaufen würde.«
»Sie wird sich melden.«
»Bestimmt. Aber wann?«
Darauf wussten wir keine Antwort. Wir fühlten uns verarscht. Es war wie im Hafen. Dort war sie auch verschwunden, um irgendwann später plötzlich wieder aufzutauchen.
Spaß hatten wir dabei wahrlich nicht gehabt. Jetzt standen wir vor dem ähnlichen Problem, und es gab dabei noch etwas, das uns nebenbei beschäftigte.
Ein in der Vergangenheit stattgefundener Doppelmord durch einen Mann mit einem Beil. Das war etwas, das ich nicht vergessen konnte und was auch mein Kreuz nicht vergaß.
Durch das Futter und den Stoff der Tasche hindurch erlebte ich den Wärmestoß.
Noch im selben Moment veränderte sich das Bild vor uns. Das schienen die Kräfte meines Kreuzes hervorgeholt zu haben, denn wie aus dem Nichts entstand der Mörder mit dem Beil…
***
Justine Cavallo wusste, dass sich ihre beiden Verbündeten über ihr Verschwinden ärgern würden. Sie hatte es nicht getan, um ihnen einen Streich zu spielen. Für die blonde Vampirin gab es handfeste Gründe, denn sie dachte
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