145 - Die Suche nach Aiko
aus den Erinnerungen der verwirrten Primärrassenvertreterin gezogen hatte – war schlichtweg zu groß.
Einmal mehr sog er Bilder sowie kontextuelle Assoziationen aus der Erinnerung Lin’croos – und tauchte ein in diese neue, ihm unbegreifliche Wunderwelt.
***
»Nichts«, sagte Aruula. »Der Regen hat alles unkenntlich gemacht. Keine Fußspuren, keine umgeknickten Zweige, keine Hinterlassenschaften.«
Ein Krächzen ließ sie und Matt aufblicken. Der Aasgeier kam herabgetaucht und fintierte wütend einen Angriff auf die beiden Menschen. Deutlich war zu sehen, dass er die Beute keinesfalls aufgeben wollte. Aruula hatte augenblicklich ihr Schwert in der Hand und holte geistesgegenwärtig aus. Der Hieb traf den Aasvogel mit der Breitseite. Wütend protestierend startete er durch, flog wieder hoch hinauf.
Aruula wandten sich der Umgebung, Matt dem Todesrochen zu.
Der Commander fuhr mit der Untersuchung des künstlichen Kadavers fort. Er hob einen Teil des synthetischen Fleisches an und blickte darunter. »Da steckt etwas Glänzendes! Moment…«
Matt ließ seine Rechte in die Falte gleiten, während er mit der anderen Hand die schwere Haut hochhielt. Da war es, eine Art silberne Klinge, die nicht hierher gehörte…
Vorsichtig zog er das gut zwanzig Zentimeter messende Ding hervor und hielt es gegen das immer trüber werdende Licht.
»Ein Interface-Dorn«, murmelte er betroffen. »Eindeutig.«
»Du meinst das Ding, das Aiko im Arm hat?«, fragte Aruula stirnrunzelnd.
»Das er unterhalb des Handballens ausfahren kann«, präzisierte Matt, »um sich in Computer einzulog… äh, um mit Maschinen zu reden. Sieht so aus, als wäre es unter starkem Druck abgebrochen. Die Wucht des Aufpralls hier im Geäst muss gewaltig gewesen sein.«
»Aiko ist tot«, sagte Aruula zum wiederholten Male.
»Das glaube ich erst, wenn ich den Leichnam sehe. Die Daa’muren haben ihn nicht, sonst würden sie nicht nach ihm suchen. Hier liegt er auch nicht herum. Spuren können wir keine finden. Das ist mir alles zu unsicher.«
»Er hätte Hinweise hinterlassen, wenn er noch am Leben wäre.«
Aruula stützte sich nachdenklich auf ihren Schwertknauf.
»Er hätte doch sicher versucht, ein Rettungskommando mit ein paar Hinweisen auf seine Fährte zu setzen.«
»Diese Diskussion führt zu nichts«, sagte Matt ärgerlich.
»Bring mir einen unumstößlichen Beweis. Erst dann glaube ich, dass Aiko tot ist.«
Wütendes Geschrei und ein heftiger Luftzug kündeten von einer neuerlichen Attacke des Aasgeiers. Doch diesmal waren sie vorbereitet. Matt hob den Driller, visierte den breiten, gefiederten Körper an…
»Nicht!«, zischte Aruula. »Lass mich das machen.« Sie griff das Schwert fester und winkte heftig mit dem anderen Arm, damit der Vogel sie als Ziel seines Angriffs auswählte. Mit weit ausgebreiteten Flügeln und rasend schnell kam er herab geschossen, die Krallen vorgereckt, direkt auf die Barbarin zu.
Sie sprang im letzten Moment beiseite und ließ ihre Waffe schwirren. Ein einziger Hieb, beinahe lässig geführt.
Der Vogel raste an ihnen vorüber, knapp über dem Erdboden, an den Überresten des falschen Todesrochen vorbei, schlug noch ein-, zweimal mit den Flügeln und platschte schließlich in eine tiefe Schlammpfütze. Einige wenige Nervenreflexe, dann lag er still.
»Ein guter Hieb«, sagte Matt beeindruckt und betrachtete den Geierkopf mit seinem langen Hals, der unmittelbar neben ihm zum Liegen gekommen war.
»Wir hätten ihn gleich töten sollen«, sagte Aruula trotzig.
Sie wischte die wenigen Blutstropfen am Schwert im feuchten Gras ab. »Wenigstens hast du nicht geschossen«, fuhr sie fort.
»Der Knall hätte uns die Daa’muren garantiert auf den Hals gehetzt.«
Matt schluckte den Tadel nur widerwillig. Sie hatte selbstverständlich Recht.
Er sah sich den Kopf des Aasgeiers genauer an. Vermutlich war dieser Vogel, der eine gewisse Ähnlichkeit zum Bartgeier aufwies, über die Jahrhunderte genetisch verändert worden.
Seine Lebensspanne schien begrenzt; überall am Hals sah er Geschwüre. Das seltsame, steil nach oben gezogene Horn war verkrüppelt, und rund um den Schnabel entdeckte er unnatürliche Auswüchse.
Ein reißendes Geräusch riss Matt herum. Verständnislos sah er zu Aruula hinüber, die begonnen hatte, den Körper des Geiers mit ihrem Schwert zu tranchieren.
»Du willst das Vieh doch nicht etwa braten?«, fragte Matt angewidert.
Aruula sah ihn verblüfft an, dann lachte sie kurz
Weitere Kostenlose Bücher