145 - Jagd auf den Zeitkristall
die rothaarige Teufelin ihn erst einmal gesehen hatte, holte sie ihn auch ein. Er versuchte, sich gegen sie zu wehren und sie niederzuschlagen, aber sie belegte ihn mit einem Bann.
Sie grinste ihn spöttisch an.
„Du hast geglaubt, du seist schlau, wie? Aber das bist du nicht, du Narr. Her mit dem Kristall." Und sie klopfte seinen Körper ab, um den Kristall entdecken zu können.
„He", sagte die" Dämonin überrascht. „Wo hast du ihn versteckt?"
Sie hob den Bann zum Teil auf, so daß er sprechen konnte.
„Ich weiß nicht, wovon Ihr redet", grinste er sie an, obgleich er selbst erschrocken war. Wieso hatte sie den Kristall nicht finden können?
„Du trägst ihn nicht mehr bei dir. Also: wo hast du ihn versteckt, Condano?"
Da fiel ihm der seltsame Mann ein, der nach Feuer gefragt hatte. Feuer für ein weißes Stäbchen, das er sich zwischen die Lippen steckte. Er hatte ihn angerempelt und berührt. Condano hatte es für Ungeschicklichkeit gehalten, aber jetzt wußte er, daß der andere ein Dieb war.
„Ich bin bestohlen worden", sagte Condano.
„Das kannst du jedem anderen erzählen, aber nicht mir", sagte die Dämonin verächtlich.
„Ihr könnt mich prüfen. Ich spreche die Wahrheit", sagte er heiser. Er mußte es irgendwie schaffen, den Kristall wieder an sich zu bringen! Ansonsten war alles verloren… ausgerechnet ihn hatte ein hergelaufener Taschendieb bestohlen! Es war nicht zu fassen.
Die Teufelin nickte. „Ja… du sprichst wahr. Beim Zahn des Drachen! Wir müssen den Mann finden. Hat er etwas an dir zurückgelassen, etwas, womit ich ihn aufspüren kann? Vielleicht hat er etwas verloren… oder du hast ihm einen Knopf abgerissen…? Nichts? Das ist schlecht!"
Sie löste den Bann vollends, packte Condano aber am Arm und zerrte ihn mit sich. Die Dämonin entwickelte Körperkräfte, gegen die Condano nicht ankam. Er versuchte, sich in einen neuen Wahnanfall zu steigern, brach den Versuch aber rechtzeitig wieder ab. Es war zu früh. Vielleicht fand die Dämonin eine Spur…
„Hier war es", sagte Condano, als die Dämonin ihn auf die kleine Piazza gezerrt hatte. „Hier stand ich… und von da kam dieser Galgenvogel geschlendert." Er lieferte eine perfekte Personenbeschreibung von Luigi, dem Fuchs.
Angelina kauerte sich auf den Boden und untersuchte ihn genau. Sie wandte eine Beschwörung an. Und da war etwas. Ein Tabakkrümel, der aus der Zigarettenspitze gefallen war…
Der Tabakkrümel hatte einen wenn auch schwachen Bezug zu Luigi. Die Dämonin holte eine kleine Glaskugel aus der Tasche und zeichnete den Kreis und die notwendigen Symbole. Aufmerksam sah Condano ihr zu. Von den wenigen Passanten, die um diese Nachmittagszeit hier entlang kamen, achtete niemand auf die beiden. Angelina aktivierte die Kugel. Sie sah Luigi, der durch eine Straße ging und vor einem Haus stehen blieb. Da war auch ein Straßenschild…
Condano sah es im gleichen Moment wie die Dämonin. Und er wußte Bescheid.
Angelina hatte den Fehler begangen, sich zu sehr auf ihre Kugel zu konzentrieren und Condano dabei außer acht zu lassen. Das rächte sich. Condano ballte die Fäuste und schlug blitzschnell zu. Die Dämonin brach zusammen. Die Glaskugel zersprang mit explosionsartigem Knall und jagte ihre Splitter meterweit in alle Richtungen davon. Ein paar Passanten wurden aufmerksam. Condano begann zu laufen. Er verschwand zwischen Häusern in einem Hinterhof, kletterte über Mauern und war verschwunden, ehe ein Verfolger den vermeintlichen Wüstling erreichen konnte. Ein paar Männer und Frauen kümmerten sich um die Rothaarige und versuchten, sie ins Bewußtsein zurückzurufen. Einer schrie nach den Carabinieri. Da hatte so ein dreister Kerl am hellen Tag eine Frau überfallen und niedergeschlagen… Zustände waren das, schlimmer als in den Slums von bella Napoli! Condano rannte, was das Zeug hielt. Ein paar Straßen weiter hielt er an, sammelte sich, bis er wieder ruhig atmen konnte, und fragte dann einen Fußgänger nach dem Weg in die Via Pandolfini, die er in der Kugel gesehen hatte. Der Mann beschrieb's ihm ahnungslos. Ohne Dank hastete Condano weiter.
Er mußte diesen Dieb finden, bevor der den Kristall verhökerte…
Gaby Reuter hatte unterdessen die Villa der Dämonen erreicht. In ihr wuchs ein seltsames Unbehagen, als sie das Anwesen direkt vor sich sah. Und als sie darauf zu ging, wurde dieses Unbehagen zur ununterdrückbaren Abneigung. Sie war seltsamerweise nicht in der Lage, den Griff der
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