145 - Jagd auf den Zeitkristall
gefolgt war.
Condano zuckte heftig zusammen, wollte sich zur Flucht wenden. Aber dann blieb er doch stehen. „Ich habe ihn irgendwie gespürt", sagte Coco. „Ich weiß nicht, wie… vielleicht hat er an uns gedacht… "
Dorian sprach Condano an. Aber Coco winkte nur ab und übernahm die Unterhaltung. Auch sie hatte ihre Schwierigkeiten. Dorian kam mit dem altertümlichen Italienisch, das Condano sprach, nicht zurecht. Im Lauf der Jahrhunderte änderte sich bekanntlich jede Sprache.
„Er ist geflohen", sagte Coco schließlich erklärend. „Die Zardonis sind hinter ihm her, nimmt er stark an."
Dorian lachte spöttisch auf. „Das würde ich an seiner Stelle auch annehmen. Hat er den Zeitkristall?"
Coco übersetzte. Condano schüttelte heftig den Kopf und überschüttete sie mit einem selbst für sie fast unverständlichen Wortschwall. Dorian begriff, daß dem Magier nicht gelungen war, den halb fertigen Kristall bei seiner Flucht mitzunehmen.
„Aber Condano glaubt, die Dämonen würden mit dem halben Kristall nichts anfangen können. Sie würden versuchen, ihn wieder einzufangen, damit er sein Werk vollende. Er bittet um unseren Schutz."
„Hm", machte Dorian. Diesmal hatte er den Kommandostab dabei. Er zog den wie eine knöcherne Pfeife aussehenden Stab auf seine volle Länge von fünfundvierzig Zentimeter auseinander und berührte Condano damit. Der Stab schlug nicht aus. Auf ihn vertraute Dorian noch mehr als auf seine Gemmen.
Nichts…
Und gerade das machte ihm Condano undurchsichtig. Er wußte immer noch nicht, wie er ihn einstufen sollte. Den Wiedererweckten, der dennoch kein Untoter war, sonst hätten Dorians magische Hilfsmittel darauf angesprochen!
„Ich möchte ihm nichts versprechen", sagte er. „Ich kann und darf ihm nicht über den Weg trauen." Dieser Meinung war auch Coco.
„Sag ihm, er solle uns die Zardoni-Villa eingehend beschreiben. Wie sieht sie aus, wie kommt man hinein, wie viele Dämonen sind da, welche Schutzeinrichtungen gibt es? Und danach soll er sich erst einmal zurückziehen über den Arno, damit die Zardonis ihn nicht durch Zufall wieder erwischen. Er soll an der Piazza Vittorio Veneto auf uns warten, oder wenn es ihm da zu gefährlich wird, in den Cascine-Park ausweichen. Dort finden wir ihn."
„Wir sollten ihn mit einem Bann belegen", warnte Coco. „Vorsichtshalber. Ich traue ihm nicht über den Weg."
Dorian nickte.
Coco hypnotisierte Condano so schnell, daß der Magier gar nicht begriff, wie ihm geschah. Er gab eine präzise Beschreibung dessen, was er in der Villa gesehen hatte, und setzte sich dann in Bewegung, um auf die andere Seite des Arno zu kommen.
„In Ordnung", sagte Dorian.
Er hatte irgendwie das dumpfe Gefühl, daß sie einen Fehler gemacht hatten, aber er kam nicht darauf, was das sein könnte.
Luigi, der Fuchs, war auf Beutezug. Schon lange hatte er keinen größeren Fischzug mehr zustande gebracht. Die Jungs von der organisierten Abteilung ließen den kleinen Gaunern einfach keinen Spielraum mehr. Und Luigi hatte andererseits auch keine Lust, sich der ehrenwerten Gesellschaft anzugliedern. Er blieb lieber unabhängig und war sein eigener Boß; dann wachte er wenigstens nicht, wenn er einen Fehler gemacht hatte, am anderen Morgen mit einem halben Zentner gehärteten Zements an den Füßen auf dem Grund des Arno auf.
Die Kehrseite der Medaille war eben, daß er hart um sein Existenzminimum zu ringen hatte. Aber man nannte ihn nicht umsonst den Fuchs. Er fand immer irgend etwas, das den Einsatz lohnte. Es durfte nur nicht mit ehrlicher Arbeit zu tun haben.
An diesem Tag machte Luigi, der Fuchs, einen Spaziergang um die Sportanlagen. Ein großzügig angelegter Park schloß sich an, der Cascine, und dort gab es zuweilen Leute, die schwer an ihren Geldbörsen und Wertgegenständen schleppten. Luigi war ein hilfsbereiter Florentiner, der sie gern von der erdrückenden Last befreite.
Aber heute war's wie abgeschnitten. Kein schmuckbehängtes weibliches Wesen, kein steinreicher Geschäftsmann, der ein wenig Frischluft tankte, ehe er sich wieder ins Geschäftsleben der Innenstadt stürzte… nichts. Nur an der Piazza Vittorio Veneto lungerte ein hagerer Knabe in recht vorsintflutlichen Klamotten herum.
Luigi war sich nicht ganz sicher. Entweder hatte der Bursche sich in der Jahreszeit geirrt und glaubte, es sei Karneval, oder er war einer dieser Überkandidelten, die glaubten, mit ausgeflippten Klamotten Mode machen zu können. Dann hatte er sich
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