145 - Jagd auf den Zeitkristall
sein Gesicht hinter einer schwarzen Stoffmaske verbarg. Ein gedrungener, muskelbepackter Körper, in braunes festes Leder gekleidet. An einem breiten Gürtel hing eine schwere Axt in einer Lederschlaufe. Die Axt besaß eine breite, gebogene Schneide, die dunkelrot schimmerte.
Die beiden Dämonen blieben neben Condano stehen.
Dorian fragte sich, warum der Magier sie nicht wahrnahm. Griff hier das Schicksal selbst ein? War er einfach nicht in der Lage, seine Ermordung zu verhindern? Denn so, wie es aussah, würde er gleich getötet werden.
Wind kam auf und bauschte die schwarzen Mäntel der beiden Dämonen auf. Asmodi hob die Hand. „Er ist gelähmt", sagte er. „Der Zauber wirkt. Dieser Narr… aber da ist noch etwas. Ich spüre jemanden in der Nähe."
„Niemand kann die Ruine betreten außer Condano und uns", sagte der Dämon mit der Henkersmaske. „Und selbst wenn - wer sollte es tun? Er hat keine Freunde. Er ist eine Bedrohung für alle. Und es ist am besten, wenn wir diese Bedrohung tilgen."
„Deshalb sind wir hier", sagte Asmodi.
Der Maskierte löste die Axt aus der Schlaufe. Er drückte auf einen Hebel. Der Schaft fuhr ein federgetriebenes Verlängerungsstück aus, bis er doppelt so lang war wie zuvor. Der Dämon wog das Henkersbeil in den Händen.
Dorian schob sich in den Mauerdurchbruch. Die Dämonen sahen in die andere Richtung. Vielleicht konnte er Condano helfen! Ohne den Magier kam er nicht wieder in seine eigene Zeit zurück. Aber wenn Asmodi ihn hier töten ließ, war alles verloren.
Dorian stieß gegen eine unsichtbare Barriere. Der Dämonenhenker hatte recht. Die unsichtbare Sperre, von der Dorian nicht einmal etwas geahnt hatte, war nicht zu durchdringen.
Der Dämonenkiller murmelte eine Verwünschung. Er war ratlos. Er konnte Condano nicht helfen! Der Henker holte jetzt mit dem Beil aus. Er würde dem hockenden Condano in einer waagerechten Schlagbewegung den Kopf abtrennen. Irgendwie war Condano gelähmt worden. Vielleicht war er in die Falle getappt, die für den Original-Condano dieser Zeit errichtet worden war.
Das ist es!
durchzuckte es Dorian jäh.
Das ist die einzige Möglichkeit, das Geschehene nachträglich zu verändern, ohne ein Zeitparadoxon zu schaffen: der Original-Condano lebt weiter, getarnt, unter einem anderen Namen, während der aus der Zukunft sich opfert, sich an seiner Stelle hinrichten läßt…
Und damit konnte Dorian vielleicht doch wieder in seine Zeit zurückkehren. Er mußte den Ur- Condano auf irgendeine Weise dazu bringen…
Das Beil pfiff heran.
Und verfehlte Condano.
Der Henker zuckte heftig zusammen. Er ließ das Beil fallen und griff sich an die Schläfen. Er schrie laut auf. Auch Asmodi zeigte alle Anzeichen größten Unbehagens. Er wich unwillkürlich zurück. „Nein", keuchte er. „Das… nicht…"
Schauriges Gelächter hallte durch den Burghof. Das Gelächter eines Irren!
Da war noch ein Mann. Nicht Dorian hatte Asmodi gefühlt, sondern diesen anderen. Und der zeigte sich jetzt, kam aus der Ruine in den Hof. Seine Faust umklammerte einen funkelnden Kristall. Condano…
Und er war wahnsinnig…
„Fort!" keuchte der Henker, „ich ertrage es nicht! Fort!"
Asmodi griff nach ihm. Eine Feuerkugel blähte sich um die beiden Dämonen auf. Als sie erlosch, waren sie verschwunden. Sie hatten die Flucht ergriffen. Und mitten im Burghof stand der Wahnsinnige. Er lachte immer noch. Dorian lief ein kalter Schauer über den Rücken.
Die Barriere zerbrach. Der Bann fiel von dem sitzenden Condano. Der hob den Kopf, sah sich um und schnellte dann hoch.
Seine Hand zuckte zum Gürtel. Ein Stilett blitzte auf. Der Ur-Condano schleuderte es gegen seinen Doppelgänger!
Unwillkürlich stöhnte Dorian auf. War jetzt doch noch alles verloren?
Coco fühlte sich noch schwächer als vorher. Sie konnte sich nur mühsam bewegen. Sie erkannte eine Unmenge von Bannzeichen an den Wänden, an der Decke, auf dem Fußboden, an Tür und Fenster. Die Magie war höchst wirkungsvoll. Coco konnte den Raum auf keinen Fall verlassen. Zudem entzogen ihr die Zeichen Kraft. Sie würde sich also auch nicht erholen können.
Sie hatte keine Chance, aus diesem Gefängnis zu entrinnen. Es war sicherer, als wenn man sie mit eisernen Ketten festgeschmiedet hätte.
Die Hexe fragte sich, was die Zardonis mit ihr vorhatten. Wollten sie sich an ihr rächen, weil sie die Erweckung auf der Toteninsel von Venedig so nachhaltig gestört hatte? Oder hatten sie noch etwas anderes mit ihr
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