145 - Jagd auf den Zeitkristall
du uns in unsere Gegenwart gebracht hast", sagte er. „Aber wir sind doch in der Gegenwart", wiederholte Condano II. „Oder… nicht?" Er wurde plötzlich nachdenklich und stand still, stocksteif in einer verwirrenden, sich ständig verändernden und dennoch nicht greifbaren Umgebung.
Schatten griffen nach den drei Männern. Sie krochen von allen Seiten heran. Körperlose Energie. Dorian ahnte, daß die Schatten sie alle drei vernichten würden, wenn sie sie berührten. Die Natur war dabei, das Zeitparadox auf ihre Weise auszutilgen und sämtliche, die damit zu tun hatten, zu vernichten.
Beseitige die Ursache, und du beseitigst die Wirkung…
„Schnell", sagte Dorian. „Tu etwas, Condano! Bring uns zurück!
Und Condano handelte.
Diesmal brauchte er keine langwierige und komplizierte Beschwörung vorzunehmen. Die magische Energie war immer noch aktiv. Und sie griff nach Dorian und Condano und stürzte sie in den Strudel der Zeit.
„Warum bin ich nicht früher darauf gekommen?" murmelte Coco Zamis. Sie schalt sich eine Närrin. Wozu hatten Dorian und sie sich denn so lange in der Villa herumgetrieben und eine Unmenge kleiner Scherze in Form von Bannzeichen hinterlassen? Aber vielleicht hatten die Zeichen, die die Dämonen angebracht hatten, um Coco zu schwächen und zu binden, ihren Verstand vernagelt.
Sie lachte leise auf. Auch in diesem Raum mußten sich Zeichen dieser Art befinden. Sie waren getarnt und noch nicht aktiviert.
Sonderlich schwer konnte es Coco auch in ihrem geschwächten Zustand nicht fallen, die Zeichen zu „schärfen". Sie überlegte, wo diese überall angebracht waren.
Eines - war genau am Fenster…
Coco trat hinzu. Das Dämonenzeichen hinderte sie daran, das Fenster zu öffnen und ins Freie zu entfliehen. Aber sie spürte jetzt ihr eigenes Zeichen ganz aus der Nähe. Sie streckte die Hand aus und versuchte es zu berühren. Das Dämonenzeichen setzte ihr Widerstand entgegen.
Coco preßte die Lippen zusammen. Sie kämpfte gegen das Zeichen an, schaffte es plötzlich, das eigene zu berühren. Sie sprach die Aktivierungsformel.
Ein fahler Blitz zuckte auf, schmetterte sie zurück. Sie taumelte durch den Raum, preßte die Hände gegen die Stirn. Sie stöhnte. Aber sie wußte, daß sie es geschafft hatte. Zwei gegensätzliche Magien kämpften gegeneinander an.
Der Aktivierungsversuch mußte bemerkt worden sein.
Im Fenster bildete sich das Gesicht Micaela Zardonis.
Aber die Dämonin konnte sich dort nicht mehr völlig stabilisieren. Wieder flammten Blitze auf. Krachend zerbarst die Scheibe, als die Dämonin in das weißmagische Zeichen geriet. Grenzenloses Entsetzen zeichnete ihre Züge, und ein irres Kreischen erklang. Dann verschwand das Gesicht. Dennoch schleuderte das zerstörte Fenster nach wie vor grelle Blitze nach allen Seiten. Das gesamte Zimmer stand plötzlich in Flammen. Coco schrie. Sie brach in der Mitte des Raumes zusammen.
Ein orkanartiges Heulen ging durch die Villa, die in ihren Grundmauern erzitterte.
Coco Zamis verlor die Besinnung.
Dorian fand sich in dem Hinterhof wieder, in dem er Condano im Moment seines Verschwindens angesprungen hatte. Der Dämonenkiller brauchte ein paar Sekunden, um sich wieder in der Wirklichkeit zurechtzufinden.
Er wirbelte herum, als er das Geräusch hinter sich hörte. Seine Augen weiteten sich. Condano stand hinter ihm - in doppelter Ausfertigung!
Tief atmete der Dämonenkiller durch. Er hatte beide Condanos mit in die Gegenwart gebracht, den Erweckten und den Geretteten!
Das war nun das allerletzte, was er gewollt hatte. Die beiden Condanos starrten ihn an. In beider Augen glomm jetzt der Irrsinn, und Dorian wußte die beiden nicht mehr voneinander zu unterscheiden. Hinzukam, daß sie völlig identisch gekleidet waren - Zufall oder magische Manipulation?
Die beiden Condanos wandten sich Dorian zu.
„Warum habt Ihr das getan?" krächzten sie im Chor. „Warum nur habt Ihr das getan?" Und beide rissen gleichzeitig den rechten Arm hoch.
Einer hielt den Kreuzdolch in der Hand, den er Dorian wohl abgenommen hatte - das also mußte Condano II sein! Und mit dem Dolch wollte er Dorian töten! Bizarr war, daß Condano I die Bewegung synchron mitmachte.
Dorian wich dem Stoß mit dem Dolch aus. Er fing den herunterzuckenden Arm ab, drehte blitzschnell daran und hörte beide Condanos aufschreien, weil auch der andere die Bewegung mitmachen mußte. Dorians Faust zuckte vor und traf Condano II. Der Magier flog rückwärts gegen eine
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