145 - Jagd auf den Zeitkristall
verändern wir mit einem Schlag alles. Wir eröffnen uns ungeahnte Chancen. Aber für dieses Mädchen ist es die beste Bestrafung, daß sie den Mann töten muß, der sie in Venedig rettete." Er lachte böse.
„Nein", keuchte Gaby Reuter.
„Doch", grinste der Dämon. Er beugte sich über sie. „Ja, wehre dich nur… mobilisiere alle deine Kräfte… um so besser kann ich dich mit deinen eigenen Waffen schlagen. Du bist erfüllt von grenzenlosem Haß gegen uns Zardonis, nicht wahr? Was ist einfacher, als diesen Haß in eine andere Richtung zu steuern? Gegen Dorian Hunter?"
Gaby wand sich in der magischen Fesselung. Rico lachte höhnisch. Er berührte ihre Schläfen mit den Fingerspitzen, und er malte unsichtbare Zeichen auf Gabys Stirn. Sie schrie, versuchte ihn anzuspeien, ihren Körper gegen ihn hochzuschnellen. Aber je mehr sie sich wehrte, desto enger zogen sich die klebrigen Maschen, und je größer ihr Haß auf die Zardonis wurde, desto mehr Kraft konnte Rico lenken.
Ein anderes Bild tauchte in Gaby auf. Da war dieser Dorian Hunter.
Eigentlich war doch Hunter schuld! Warum hatte er sich in das Geschehen gemischt? Und wenn schon, warum nicht richtig? Er hätte sie doch aus Venedig fortbringen können, sie schützen können! Er war doch Dämonenjäger! Aber er hatte sie in die Falle geraten lassen. Womöglich war sie noch Lockvogel für ihn gewesen, Köder!
Hunter trug die Schuld.
Wenn jemand sterben mußte, dann er. Es war alles so einfach. Alles andere wurde einfach ausgelöscht.
Töte Dorian Hunter!
„Ja",
keuchte sie. „Ja… ich bringe ihn um, diesen räudigen Hund…"
Irgendwann später löste sich das Netz auf. Gaby Reuter konnte sich wieder frei bewegen.
Dorian Hunter war ihr Ziel. Er mußte sterben. Von den Dämonen nahm sie keine Notiz mehr. Sie hatte sogar vergessen, daß es die Zardonis gab. In der Villa bewegte sie sich wie im Traum. Wer ihr die Pistole wieder in die Hand drückte, wußte sie nicht. Sie sah nur Schatten, mit denen sie nichts anzufangen wußte.
Sie prüfte die Waffe. Das Magazin war mit normalen Geschossen geladen. Der Schalldämpfer war nach wie vor aufgeschraubt. Das war das Werkzeug, mit dem sie Dorian Hunter beseitigen würde. Wie eine Schlafwandlerin verließ sie die Villa. Der magische Schirm hinderte sie diesmal nicht daran. Sie wußte noch nicht, wo und wie sie Dorian Hunter finden sollte, aber irgendwann würde sie auf ihn treffen. Und dann rettete ihn nichts mehr.
Angelina kam zu spät. Sie hörte noch jemanden rufen: „Condano, halt!" Und da wußte sie, daß außer ihr noch jemand hinter dem Magier her war. Aber das half ihr jetzt nichts mehr.
Sie spürte noch, wo Condano gewesen war, sie sah die magischen Zeichen im Sand. Bitterkeit fraß sich in ihr fest. Sie war zu spät gekommen, um ein paar Sekunden nur! Der Magier war bereits in die Vergangenheit gerast!
Und mit ihr wahrscheinlich der andere Sucher! Denn von ihm gab es in diesem Hinterhof keine Spur. Es gab auch keinen anderen Zugang. Nur brüchige Mauern und blinde Fenster ohne Gardinen hinter den Rückfassaden leerstehender Häuser.
Damit war alles verloren. Condano würde die Vergangenheit zu seinen Gunsten verändern. Angelina hoffte, daß er nicht so närrisch war, seine eigene Ermordung verhindern zu wollen. Denn das würde ein Zeitparadoxon höchsten Grades auslösen. Verhinderte er die Ermordung, war er damals also nicht gestorben und konnte in der Vergangenheit folglich auch nicht wieder erweckt werden. Somit konnte er auch nicht in die Vergangenheit zurückkehren, um seine Ermordung zu verhindern; er wurde somit ermordet. Das aber führte wiederum zu seiner Erweckung in der Vergangenheit… Von den Nebeneffekten einmal ganz abgesehen. Vielleicht würde die menschliche Geschichte neu geschrieben werden müssen.
Was Vittorio geplant hatte, war nicht weniger tiefgreifend, aber durchdachter. Das ehemalige Oberhaupt der Zardoni-Sippe hatte lange Zeit zum Überlegen gehabt und alle Eventualitäten durchgerechnet. Aber Condano hatte einfach nicht die Zeit, sich die Folgen seines Tuns genau zu überlegen. Er handelte einfach in einer Kurzschlußreaktion.
Angelina ballte die Fäuste. Es gab jetzt keine Möglichkeit mehr, Condano aufzuhalten. Sie mußten abwarten. Vielleicht wurde in diesem Augenblick bereits die Zeit verändert. Eine bange Frage stieg in der Dämonin auf: Würden sie die Veränderungen überhaupt bemerken? Oder würde es ein gleitender Übergang sein, der ihnen allen eine
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