145 - Mädchen, Monster, Sensationen
Fay. Ein dunkelroter Tropfen glänzte auf ihrer Lippe.
»Er… er schmeckt tatsächlich nach Blut«, sagte Seagrove.
»Es ist Blut.«
»Sie machen sich über mich lustig«, sagte Seagrove und lachte nervös. »Was ist das wirklich?«
Fay zuckte mit den Schultern. »Wenn Sie mir nicht glauben wollen.«
Sie schwiegen eine Weile. Irgendwie bekam Seagrove eine Abneigung. Natürlich glaubte er weiterhin nicht, daß in diesem Lokal tatsächlich Blut serviert wurde, aber der Geschmack war so täuschend ähnlich, daß ihn davor ekelte.
Ich verstehe nicht, wie ihr so etwas schmecken kann, dachte er, während er Fay heimlich beobachtete.
»Ihre Creepy Show ist das Einmaligste, was ich je gesehen habe«, sagte er schließlich. »Ich war schon überall auf der Welt - in den Spelunken von Shanghai genauso wie in den fashionabelsten Nightclubs von Las Vegas, aber so etwas wurde mir noch nirgends geboten. Und nun erweisen Sie mir auch noch die Ehre, mit mir einen Drink zu nehmen. Das ist wie… wie Weihnachten und Ostern an einem Tag.«
Sie wies auf seinen Silberbecher. »Sie lassen mich allein trinken.«
Er grinste verlegen. »Ich hoffe, Sie nehmen es mir nicht übel, aber das Zeug ist nicht ganz mein Geschmack.«
»Doch, das nehme ich Ihnen übel.«
»Nun, dann werde ich selbstverständlich…« Er setzte den Becher an seine Lippen und nahm einen Schluck. »Wird immer dicker und klebriger«, stellte er fest.
»Man muß es rasch trinken - bevor es gerinnt.«
Seagrove lachte gekünstelt. »Sie sind mit Ihrer Creepy Show noch nicht fertig, wie?«
»Sie haben recht. Ich spiele immer.«
Er war froh, als sein Silberkelch leer war. Um den lästigen, intensiven Geschmack loszuwerden, bestellte er sich noch einen doppelten Whisky.
Fay wollte nichts mehr. Nach dem Drink schien sie aufzublühen. Sie bekam rosige Wangen, und in ihre Augen trat ein Glanz, als hätte sie eine Droge genommen.
Er lobte ihre Show und gestand, daß er gern gewußt hätte, wie sie das machte.
»Alle denken, es müsse ein Trick dabei sein«, sagte Fay.
»Klar. Schließlich schafft es kein Mensch wirklich, sich in ein solches Ungeheuer zu verwandeln.«
Fay musterte ihn ernst. »Ist Ihnen noch nie der Gedanke gekommen, ich könnte kein Mensch sein?«
»Na hören Sie mal. So, wie Sie gebaut sind… Sie sind der Prototyp der Traumfrau, Fay. Einen so makellosen Körper wie den Ihren habe ich noch nie gesehen. Und was Sie damit anstellen…« Er verdrehte verzückt die Augen.
Sie blickte ihn wieder sehr ernst an. »Ich mag Sie, Adam. Ja. Warum sehen Sie mich so überrascht an? Darf ich Ihnen nicht sagen, daß Sie mir gefallen?«
»Doch, doch… Es ist nur… Es kommt alles so… Meine Güte, ich rede wie ein Idiot. Keinen vollständigen Satz bringe ich in Ihrer Gegenwart heraus. Was ist bloß los mit mir?«
Fay lächelte mit weißen, regelmäßigen Zähnen. »Vielleicht habe ich Sie verhext.«
»Verzaubert«, sagte er. »Ja, das ist durchaus möglich. Ich war in Gegenwart einer Frau noch nie so unsicher.«
»Ich finde, eine Frau sollte ihre Gefühle und Ansichten nicht verbergen. Ich sage, was ich denke. Wenn mir ein Mann gefällt, erfährt er das von mir. Warum sollte ich es verheimlichen?« Fay senkte die langen, seidigen Wimpern. »Ich würde mit Ihnen gern allein sein, Adam.«
Ihre Offenheit brachte ihn gehörig ins Schleudern. Bisher war die Initiative immer von ihm ausgegangen. Er konnte sich auf diese ungewohnte Situation nicht einstellen.
»Ich… ich wäre auch sehr gern mit Ihnen allein, Fay«, gestand er krächzend.
»Gehen wir?«
»Wohin?«
»Es gibt über dem Lokal ein Apartment.«
»Wie praktisch«, keuchte er.
»Nicht wahr? Wenn ich mit einem Mann allein sein möchte, ziehe ich mich mit ihm dorthin zurück.«
»Und… Christopher Gale, der Besitzer dieses Nachtclubs, hat nichts dagegen?«
»Gale frißt mir aus der Hand.«
»Das wundert mich nicht«, sagte Seagrove und verlangte die Rechnung. Nachdem er bezahlt hatte, wedelte er mit der Brieftasche. »Wieviel wird es mich kosten?«
»Aber Adam«, sagte Fay rügend. »Ich tu’s doch nicht für Geld. Ich sagte Ihnen doch, daß Sie mir gefallen.«
»Ja, aber… Mein Gott, es tut mir leid, Fay. Ich bin ein Hornochse. Ich könnte mich ohrfeigen. Ich wollte Sie nicht beleidigen.«
»Ich bin nicht beleidigt.«
»Wirklich nicht? Aber was ich gesagt habe…«
»Es ist normalerweise üblich, daß man Mädchen wie mich dafür bezahlt.«
»Ich konnte nicht wissen…«
Fay
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