1451 - Das Erbe des Grauens
gewartet, bis sie schliefen…« Er kicherte jetzt. »Und es dauerte verdammt lange, denn sie trieben es wild. Dann bin ich gekommen. Den jungen Mann erwischte es im Schlaf. Ha, er war in deinem Alter. Ihm habe ich glatt die Kehle durchgeschnitten. Vom Schlaf in den Tod. Kann man sich etwas Besseres vorstellen? Ich glaube nicht.«
Johnny spürte, wie er innerlich vereiste. »Und was ist mit dem Mädchen passiert?«
Es sah widerlich aus, als Kilgo so etwas wie einen Schmollmund zog und eklige Geräusche produzierte.
»Die Kleine habe ich mitgenommen zu dem Schamanen. Er wusste genau, was ich vorhatte, und wurde Zeuge. Ich habe ihr die Haut vom Körper gezogen und sie über das Skelett gespannt. So habe ich mitgeholfen, die Voraussagen zu erfüllen. Es war perfekt. Es ist mir unwahrscheinlich dankbar, denn es ist zu meinem Beschützer und Diener geworden. Verstehst du? Es lebt wieder. Es ist wieder da, nur in einer anderen Gestalt. So etwas ist ein Wunder, kann ich dir sagen.«
Johnny presste die Lippen hart zusammen. Bei der letzten Erklärung des Mannes hätte er sich am liebsten die Ohren zugehalten. Er schaute starr nach vorn, wo dieser menschliche Satan auf der Schale saß, vom Licht der Lampen umspielt wurde, das sich auch in seinen Augen widerspiegelte und dort kleine, hektische Flecken hinterließ.
»Angst?«, flüsterte Kilgo.
»Sie ekeln mich an.«
Der Fettsack lachte kichernd. »Du hast es dir selbst zuzuschreiben. Ich sprach schon mal von einer Neugierde, die tödlich sein kann.«
Ja, das hatte er getan. Das musste Johnny zugeben. Kilgo war ein Mann, der nichts vergaß. Er war ein Satan. Er war so abgebrüht, dass sein menschliches Aussehen für Johnny nur noch Fassade war.
Dahinter lauerte das grässliche Tier.
Das letzte Geständnis hatte Johnny erregt. Das Blut pulsierte durch seine Adern und verursachte in seinem Kopf einen schmerzhaften Druck. Er wünschte sich eine Waffe, um die Welt von dieser Bestie zu befreien. Kilgo war wirklich der zu Fleisch gewordene Wahnsinn.
Er glotzte Johnny an. Die Lippen zeigten erneut das widerliche Lächeln. In den Augen lag ein bösartiger Ausdruck, und noch schlimmer wurde es, als er über seine Lippen leckte.
»Na, worüber denkst du nach?«, höhnte er.
»Über nichts«, flüsterte Johnny und ärgerte sich über seine tonlose Stimme.
»Du lügst, das sehe ich dir an. Du denkst jetzt über dein Schicksal nach, das dir bevorsteht – oder?«
Johnny wollte Kilgo nicht noch mehr verärgern, deshalb sagte er:
»Kann sein.«
»Sehr schön.« Der Fettsack nickte. »Das hätte ich an deiner Stelle auch getan. Ich kann dich beruhigen, Junge. Du kannst deine Haut behalten. Wenn ich dich töte, dann geschieht das durch einen glatten Schnitt an deiner Kehle entlang.«
Johnny sagte nichts. Er protestierte nicht großartig, denn es brachte ihm nichts ein, wenn er jammerte oder flehte. Kilgo würde keine Gnade kennen. Es war noch immer wichtig, Zeit zu gewinnen und die alten Kräfte zurückzuerhalten. Dann rechnete sich Johnny eine minimale Fluchtchance aus.
Das Schicksal machte ihm einen Strich durch die Rechnung. Zuerst war es Kilgo, der sich bewegte. Er wollte aufstehen und befand sich bereits auf dem Weg, als er auf halber Höhe stehen blieb und eine gespannte Haltung einnahm.
Etwas stimmte nicht. Gespannt schaute er über den liegenden Johnny hinweg zum Ausgang hin, der im Dunkeln lag.
Beide hörten etwas.
Es war ein Krachen. Vielleicht auch ein donnerndes Geräusch.
Was es genau bedeutete, wusste keiner von ihnen zu deuten. Nur passte es nicht hierher, und das begriff auch Kilgo.
Er zischte Johnny etwas zu, was dieser nicht verstand. Es klang böse, und ebenso böse war seine weitere Reaktion, denn unter seiner Kleidung holte Kilgo ein langes Messer mit scharfer Klinge hervor…
***
Im Laufe der Jahre entwickelt sich beim Menschen ein gewisser Instinkt, und das war auch bei mir der Fall. Irgendwie hatte ich etwas geahnt und meine Schritte verlangsamt, sodass ich fast zum Stillstand kam. Deshalb wurde ich auch nicht getroffen. Ein schweres Kantholz fegte dicht vor meinem Gesicht entlang. Ich bekam noch den Windzug mit und hörte es irgendwo aufprallen, dann hatte ich für einen Moment Zeit.
Welch eine Gestalt!
Damit hatte ich nun wirklich nicht gerechnet. Auch wenn sie den Körper eines Menschen hatte, sie zählte jedoch nicht mehr zu dieser Spezies. Sie war widerlich. Eine dünne Haut spannte sich über dem Gesicht. Es gab Augenlöcher, das Loch
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