1454 - Solo für den Satan
als Einlagen.
Wer sie so sah, der konnte meinen, dass sie vom Teufel besessen war. Bei jedem Tritt stampfte sie auf, als wollte sie durch ihre harten Bewegungen den Bühnenboden durchbrechen.
Sie hatte sich in eine Furie verwandelt, die nichts anderes mehr kannte als diesen Gesang.
Manchmal wurde sie zu einem hellroten Phantom, und ich hatte Mühe, mich auf die zweite Person zu konzentrieren. Eine Frau, die sich ebenfalls in eine rasende Furie verwandelt hatte.
Beide Frauen setzten auf den Teufel. Beide sangen den Refrain mit Stimmen, die sich überschlugen. Nicht nur mit dem Refrain beteten sie Asmodis förmlich an. Man konnte als Zuschauer das Gefühl haben, dass sich die Sängerinnen in einer anderen Welt befanden.
Ich stellte mich etwas abseits hin und beobachtete die Zuschauer.
Es gab keinen unter ihnen, der cool geblieben wäre. Jeder, ob männlich oder weiblich, machte mit. Keiner stand still. Die Texte wurden mitgesungen. Man schrie die Worte, man bewegte die Arme und Beine, und mir gellte immer wieder der Name meines Todfeindes Asmodis in den Ohren.
Bis der Song beendet war.
Was dann nach kurzer Pause folgte, war eine Hölle aus Geschrei.
Ich hatte den Eindruck, dass meine Trommelfelle platzen müssten, obwohl ich einige Schritte abseits stand. Bisher hatte ich nicht gewusst, dass menschliche Stimmen so viel Krach machen konnten.
Ich schaute mich um.
Keiner nahm mich wahr. Sie jubelten dieser Wahnsinnigen auf der Bühne zu, die sich feiern ließ, wobei die zweite Person etwas im Hintergrund stand.
Ich wartete das Ende des Beifalls nicht ab. Ich wusste, dass die Sängerin gefährlich war. Sie putschte die Massen auf. Die Zuhörer sollten zu Asmodis geführt werden, und das würde auch geschehen, wenn Ricarda Hades so weitermachte.
Das durfte sie nicht. Ich hatte schon öfter erlebt, was mit Menschen passierte, die in diesen makabren Rausch geraten waren. Das war dann das nackte Grauen. Sie kamen aus dieser Falle nicht mehr heraus, und ich wollte, dass sie erst gar nicht hinein gerieten.
Was tun?
Bei den Fans hatte ich nichts mehr zu suchen. Der Beifall war verklungen. Bald würde Ricarda wieder zu ihrem Instrument greifen und den nächsten Song anstimmen. Seinen Titel kannte ich nicht, aber ich ging davon aus, dass er sich um das gleiche Thema drehen würde. Ich beeilte mich, hinter die Bühne zu gelangen, um ihr Auge um Auge gegenüber zu stehen.
Der Weg war leicht zu finden. Ich sah ein Stück entfernt ein abgestelltes Wohnmobil und konnte mir leicht vorstellen, dass Ricarda damit unterwegs war.
Ich nahm eine Treppe, die an der Rückseite der Bühne endete.
Zwei Männer waren damit beschäftigt, die Technik unter Kontrolle zu halten. Der eine kümmerte sich um die Beleuchtung, der andere um die Musikanlage. Da wurde kein großer Aufwand getrieben wie bei den anderen Gruppen, hier gab es noch jede Menge Improvisation.
Ich sah Ricarda nicht. Ein Vorhang nahm mir die Sicht. Erst dahinter lag die eigentliche Auftrittsfläche. Es gab einen Spalt im starren Stoff, durch den ich die Bühne betreten konnte.
Sie fing wieder an zu singen. Ein Gitarrensolo hatte sie zuvor abgeschlossen. Erneut hörte ich ihre schrille Stimme, die einem sensiblen Menschen schon auf die Nerven gehen konnte.
Nicht den Zuhörern. Erneut grölten und schrien sie. Auch den Text dieses Songs kannten sie. Sie schrien ihn mit, sie klatschten dabei in die Hände, nur hörte sich für mich alles leiser an, weil der Vorhang einiges von dem Lärm dämpfte.
Jemand schrie mir in den Rücken.
Ich drehte mich um und sah den Techniker, der sich um die Aussteuerung der Musik kümmerte, auf mich zukommen.
»Sind Sie wahnsinnig, hier auf die Bühne zu kommen? Was suchen Sie hier, verdammt?«
Er trat ziemlich aggressiv auf und stoppte erst dicht vor mir.
»Scotland Yard«, sagte ich.
»Was?«
Wenig später warf er einen Blick auf meinen Ausweis. Seine Aggressivität verschwand, und er hob die Schultern. »Wenn Sie nach Drogen suchen, sind Sie hier auf der Bühne falsch.«
»Darum geht es nicht.«
»Was ist es dann?«
»Ricarda.«
»Die singt.«
»Das höre ich.«
»Und weiter?«
»Ich will mich mit ihr unterhalten.«
Zuerst schwieg er, dann schüttelte er den Kopf. »Aber das ist unmöglich. Nicht jetzt. Machen Sie das nach dem Auftritt.«
»Nein, die Zeit habe ich nicht. Sie werden die Backgroundmusik stoppen, damit ich die Chance bekomme, mit ihr zu reden.«
Er wollte widersprechen, doch ich winkte scharf ab und
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