1454 - Solo für den Satan
vorging, und hatte das Gefühl, alles wie durch einen dichten Schleier zu erleben. Jeder Laut, jedes Wort klang gedämpft zu ihr. Trotzdem konnte sie gewisse Sätze verstehen, denn Ricarda sagte: »Schaff sie in den Wagen und bringe sie um, Kylie. Ich trete zunächst allein mit Cynthia auf.«
»Mach ich.«
»Und ihn kannst du auch erledigen.«
Chris wusste, dass er damit gemeint war. Es war für ihn schlimm.
Plötzlich befand er sich in höchster Lebensgefahr, denn diese Frauen kannten kein Pardon. Es war ihnen auch egal, ob es Zeugen gab oder nicht, und er sah in der Flucht seine Chance.
Chris Tucker wirbelte auf der Stelle herum.
Den Hieb sah er nicht kommen. Eine eisenharte Faust erwischte ihn genau an der rechten Stirn.
Kylie Dryer hatte zugeschlagen und sah zufrieden, wie Tucker zusammenbrach.
»Schaff erst die Perkins weg. Erledige sie und komm dann zurück. Die ersten Songs schaffe ich ohne dich. Außerdem fange ich mit Asmodis an. Das macht die Leute geil.«
»Alles klar.«
Ricarda Hades wusste sehr gut, dass sie sich auf Kylie verlassen konnte. Mehr als auf Cynthia, die so etwas wie ein Unsicherheitsfaktor war, da sie zu viel nachdachte und Skrupel hatte.
Während Kylie Dryer Glenda anhob, sie aufrichtete und dann unterhakte, bewegte sich die Tochter des Teufels in Richtung Bühne und nahm dabei Cynthia Lopez mit, die alles aus einer gewissen Entfernung mit angesehen hatte.
»Du hast es gesehen, Cynthia?«
»Ja, habe ich.«
»Dann reiß dich zusammen und spiel um dein Leben!«, flüsterte Ricarda, bevor sie die Bühne betrat und sich ihren Fans präsentierte…
***
Wir waren schon überrascht, dass sich so viele Menschen auf dem großen Gelände versammelt hatten. Es war zwar noch nicht dunkel geworden, trotzdem brannten einige Scheinwerfer, die ihr Licht aber nicht auf die Zuschauer strahlten, sondern auf die Bühne, die noch leer war.
Unter den Fans herrschte eine gewisse Unruhe. Es war kalt. Man wartete auf Ricarda. Man trat sich warm. Man hörte auch ihre Musik aus den Recordern und Walkmen. Hin und wieder gellten Pfiffe der Bühne entgegen, aber eine Ricarda zeigte sich noch nicht. Sie ließ ihre Fans bewusst warten, und das wollten nicht alle ohne Protest hinnehmen.
Natürlich hielten wir die Augen offen, denn wir dachten an Glenda und diesen Chris Tucker.
Entdecken konnten wir sie nicht, was nicht nur mir Sorgen bereitete.
Suko blieb stehen. Die Bühne lag nur ein paar Meter von uns entfernt. Wir hielten uns an ihrem linken Rand auf und konnten sie gut überblicken. Die Lichter strahlten gegen die aufgestellten Mikrofone. Im Hintergrund standen hohe Lautsprecher. Es herrschte eine eigenartige Atmosphäre, die man als aufgeladen bezeichnen konnte.
Als würden die Fans eine gewisse Elektrizität abgeben.
»Wo steckt Glenda?«, murmelte Suko vor sich hin.
»Du machst dir Sorgen?«
»Klar, du nicht?«
Ich schaute ihn mit einem schiefen Blick an. Dann musste ich lauter sprechen, weil in unserer Nähe jemand stand, der anfing, schrill zu pfeifen. Ein Typ mit einem grünen Irokesenkamm, der nach seinem Gepfeife die Lautstärke seiner Stimme ausprobierte und nach der Tochter des Teufels brüllte.
Wir gingen ein paar Schritte zur Seite. Aufgefallen waren wir kaum, obwohl wir uns deutlich von den restlichen Zuhörern unterschieden, was das Alter und das Outfit anging.
Suko schaute an mir vorbei und sprach mehr zu sich selbst. »Wir beiden kennen Glenda recht gut. Wenn sie sich nicht unter die Zuschauer gemischt hat, wo würde sie hingehen? Bestimmt nicht weglaufen, weil sie keine Lust mehr hat.«
»Das ist richtig.«
»Wohin also?«
»In die Höhle des Löwen!«
»Richtig, John.« Suko tippte mich an. »Aber wo befindet sich diese Höhle?«
»Auf der Bühne turnt sie bestimmt nicht herum.« Ich warf einen schnellen Blick dorthin. »Aber es gibt noch einen hinteren Bereich, den man ja Backstage nennt.«
Suko lachte auf. »Genau das ist es. Keine Diskussion mehr. Bleib du hier vorn. Ich werde mich mal im hinteren Bereich umsehen. Kann sein, dass ich auch diesen Chris finde.«
»Okay.«
In der nächsten Sekunde war Suko verschwunden, und ich konnte mich wieder auf die Bühne konzentrieren. Dabei wollte ich mir eine bessere Position suchen.
Doch es kam alles anders, denn plötzlich erschien die Tochter des Teufels…
***
Wo sich der Vorhang im hinteren Bereich geöffnet hatte, sah ich nicht. Sie war plötzlich da und lief mit kurzen schnellen Schritten über die ganze Breite
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