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1455 - Das Gewissen des Henkers

1455 - Das Gewissen des Henkers

Titel: 1455 - Das Gewissen des Henkers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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damit angeglichen hatte.
    Er sagte nichts.
    Er bewegte sich auch nicht.
    Er behielt uns nur im Blick seiner rötlichen Augen, die mir sagten, dass er möglicherweise das Feuer der Hölle kannte und diesem nur entkommen war.
    Hinter mir hatte sich Fiona wieder gefangen. Mit scharfer Stimme flüsterte sie: »Jetzt rechnet er mit uns ab.«
    »Das ist nicht unbedingt gesagt. Welchen Grund sollte er haben, Sie zu töten?«
    »Und bei Ihnen?«
    »Ich stand auch nicht auf der Liste.«
    »Aber Sie müssen ihn bekämpfen, John. Sie – Sie sind ein Feind für ihn.«
    »Das ist möglich. Nur sollten wir abwarten, ob er uns etwas mitzuteilen hat. Grundlos ist er hier nicht erschienen, denke ich.«
    »Ja ja, das ist alles richtig. Trotzdem habe ich Angst.«
    Ich hatte mich auf die Gestalt konzentriert und stellte dabei fest, dass sie tatsächlich im Türblatt stand. Weder davor noch dahinter.
    Das war bei einem normalen Menschen nicht möglich. Also war dieser Henker etwas ganz Besonderes.
    Noch gab es nichts zwischen uns zu reden. Ich hütete mich zudem davor, ihn selbst anzusprechen. Lieber abwarten, bis er sich meldete.
    Und ich behielt Recht, denn der Henker übernahm das Wort. Als er sprach, da wehten uns seine Worte bereits in ein Echo eingepackt entgegen. Das war nicht die Stimme eines normalen Menschen.
    »Ich habe mein Versprechen zu einem Drittel erfüllt, und ich weiß jetzt, dass mir die Menschen verziehen haben. Das konnte ich spüren. Es macht mich sehr froh.«
    Es war schon seltsam, derartige Worte aus dem Mund eines Henkers zu vernehmen. Gleichzeitig sah ich, dass die Klinge des Beils noch Blutspuren zeigte.
    »Fragen Sie ihn was!«, flüsterte ich Fiona zu.
    »Was denn?«
    »Egal. Lenken Sie ihn ab.«
    »Und was machen Sie?«
    »Bitte, lenken Sie ihn ab!«
    »Ja, ich will es versuchen.«
    Es entstand eine Pause. Fiona musste erst nach den richtigen Worten suchen.
    »Warum bist du gekommen?«, fragte sie dann.
    Der Henker hatte die Frage verstanden, denn er gab eine Antwort.
    »Ich wollte dir von meinem ersten Erfolg berichten. Er war sehr wichtig für mich.«
    »Ja, das glaube ich dir.«
    »Fragen Sie ihn nach den beiden Toten!«, zischte ich.
    Fiona nickte. Es kostete sie Überwindung, die entsprechende Frage zu stellen. Nur flüsternd drangen die Worte aus ihrem Mund.
    »Warum sind trotzdem zwei Menschen gestorben?«
    »Du weißt davon?«
    »Sonst hätte ich die Frage nicht stellen können.«
    »Es musste sein. Diesmal habe ich bei den Taten ein gutes Gewissen gehabt. Denn so ist es mir gelungen, den beiden Rifkins das Leben zu retten.«
    »Woher weißt du das?«
    »Man hätte sie möglicherweise getötet. Diese Menschen waren Verbrecher, Schweine. Sie waren es nicht wert zu leben, und das habe ich so bestimmt. Ich will nicht, dass getötet wird. Wenn es jemand tut, dann bin ich es, denn ich habe meine Gründe.«
    Es war für mich gut, dass sich der Henker so geäußert hatte. Mir war jetzt klar, dass er rücksichtslos alles aus dem Weg räumen würde, was sich ihm auf seiner Gewissenstour in den Weg stellte. Diese Logik war zwar für einen normal denkenden Menschen nicht nachzuvollziehen, schließlich befanden wir uns nicht in einem Krieg, aber der Henker konnte aus seiner Position her nicht anders denken, und genau das trennte uns und machte uns auch zu Feinden.
    Ich war Polizist. Ich musste das Leben der Menschen auch schützen, wenn sie es nicht verdient hatten.
    »Wirst du erneut hier erscheinen?«, fragte Fiona.
    »Ja, wenn ich mich bei den anderen Nachkommen entschuldigt habe.«
    Fiona stellte jetzt eine sehr kluge Frage. »Wen hast du dir als Nächste ausgesucht?«
    »Ich werde zu den Warrens gehen.«
    »Aha. Und du weißt, wo du sie finden kannst?«
    »Ja.«
    »Wo denn?«
    »Sie haben heute Probe.«
    »Beide?«
    »Sicher.«
    »Sind sie verheiratet?«
    »Nein, es sind Geschwister. Sie singen und tanzen in einem Musical mit. Ich kenne nur die Oper oder Operette, aber ich hörte, dass man es fast damit vergleichen kann.«
    »Und was willst du ihnen sagen?« Fiona hielt sich gut. Sie war jetzt wieder die perfekte Polizistin.
    »Ich werde fragen, ob sie mir verzeihen.«
    Es war immer das Gleiche. Es gab im Prinzip kein anderes Thema.
    Ich hoffte, noch mehr erfahren zu können, und brauchte Fiona Lester zum Glück nicht zu drängen. Sie reagierte von ganz allein.
    »In welchem Musical spielen sie denn mit?«
    »Doktor Jekyll und Mister Hyde.«
    Okay, das war gut. Ich wartete gespannt auf die nächste Frage

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