1457 - Ediths Leichenwelt
flüsterte sie. »Bevor sie dich retten können, habe ich dir schon die Kehle durchgeschnitten.« Sie fasste nach dem Messer und legte die kalte Klinge flach gegen den Hals der jungen Frau.
Kat sah ihre Chancen schwinden. Hinzu kam die eigene Schwäche, die sie noch nicht überwunden hatte. So konnte sie weiterhin nur auf ein Wunder hoffen.
Die beiden Polizisten hatten die Treppe jetzt hinter sich gelassen.
Es war klar, dass sie sich die Toten näher anschauen würden, was sie auch taten. Aber sie waren dabei sehr wachsam, und Kat sah ihnen an, dass sie auch den anderen Geruch wahrnahmen, der einfach immer vorhanden war, so lange dieser Ghoul existierte.
Edith knurrte etwas, was Kat nicht verstand. Dann flüsterte sie einen Satz und nahm das Messer von der Kehle der jungen Frau. Kat merkte, dass sich einige Tropfen von Ediths Körper gelöst hatten und auf sie niederfielen.
Kat achtete nicht darauf. Dafür beobachtete sie den Chinesen, der seine Hand in die Tasche gesteckt hatte und etwas hervorholte. Es sah aus wie ein kleiner Stab.
In diesem Augenblick handelte Kat. Ihr war jetzt alles egal. Sie musste ihr Leben retten. Mit einer wilden Bewegung riss sie den Kopf hoch. Der Griff an ihrem Mund war nicht mehr so fest, die Hand rutschte ab. Kat hatte freie Bahn, riss den Mund auf und schrie…
***
Dieser Schrei hatte uns alarmiert und uns beide für die nächsten Sekunden unbeweglich gemacht.
Mit einer raschen Bewegung holte auch ich meine Lampe hervor.
Suko schaltete seine einen Moment früher ein.
Beide trafen wir das gleiche Ziel.
Wir sahen zwei Frauen, und einer von ihnen ging es verdammt schlecht.
Die Frau mit den grünen Haaren lag schräg auf dem Boden. Neben ihr kniete Edith Jacum. Sie hielt ein Messer in der Hand und bedrohte ihre Geisel damit.
Das Licht unserer Lampen traf beide Frauen voll, und so sahen wir zum ersten Mal die Fratze des weiblichen Ghouls.
Eine dürre Frau. Schwarze Haare, ein knochiges Gesicht, das so gar nicht dem wulstigen Aussehen eines Ghouls entsprach. Aber es war auch zu sehen, dass sich die Poren in der Haut geöffnet hatten und entließen, was einen Ghoul ausmachte.
Das war der widerliche und stinkende Schleim, der auch den gesamten Körper verändern konnte. Der ihn aufblähte, sodass er wie eine gewaltige Blase wirkte.
Noch war das bei dieser Person nicht der Fall. Aber sie war ein Ghoul, das stand fest. Und sie hatte sich ein drittes Opfer geholt, das noch lebte.
In der rechten Hand hielt sie ein Messer. Dass die Spitze auf die Kehle der anderen Frau zeigte, gefiel uns gar nicht. Für uns war jetzt wichtig, dass wir Zeit gewannen. Dieses Monster durfte auf keinen Fall ein weiteres Opfer finden. Jetzt war jede Ablenkung wichtig.
»Edith Jacum?«, fragte ich.
»Ja, zum Teufel, das bin ich!«
»Lassen Sie die Frau los!«
»Nein, sie gehört mir. Sie ist mein Essen.« Edith kicherte wild.
»Könnt ihr euch das vorstellen?«
»Bei einem Ghoul schon!«
Sie zuckte zusammen. Noch war sie mehr ein Mensch als ein Ghoul, und deshalb reagierte sie auch so. Ich war nur froh, dass diese Kat sich nicht bewegte. Die Todesangst hatte sie erstarren lassen.
»Du hast mit den beiden anderen genug!«
Edith schrie auf. »Was weißt du denn schon? Gar nichts weißt du, verflucht! Ich brauche Fleisch, ich brauche Menschen. Kat ist jung, sie ist fest und…« Der Rest ging in einem Lachen unter, das in unseren Ohren gellte.
Edith selbst hatte dabei ihren perversen Spaß. Sie warf ihren Kopf von einer Seite zur anderen, und ich sah im Licht der Taschenlampe die Tropfen aus Schleim durch die Luft wirbeln.
Freiwillig würde sie ihre Beute nicht hergeben. Zwar war ich nicht in der Lage, mich in sie hineinzuversetzen, aber ich rechnete damit, dass bald etwas passieren würde.
Und das traf zu.
Sie wurde von einer Sekunde zur anderen wieder bewegungslos.
Aber sie hatte noch das Messer, hob die Hand an, drehte die Klinge, um die Kehle der jungen Frau zu erwischen und…
»Topar!«
Es war das magische Wort, das die Szenerie erstarren ließ, und jetzt war der Weg für einen Mann frei – für Suko…
***
Nur fünf Sekunden und keine länger blieben ihm, um die Lage zu verändern und Kat zu befreien.
Suko wusste das und war entsprechend schnell. Zum Glück musste er keine zu großen Entfernung überwinden, und er sah auch, dass sich Edith und Kat ebenso wenig bewegten wie sein Freund John Sinclair. Alle drei waren für diese Zeitspanne in ihren Bewegungen eingefroren.
Der
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