1457 - Ediths Leichenwelt
Gegenstände auf dem Boden, die von unserem Standort aus nicht genau zu identifizieren waren. Aber ich bekam schon eine Ahnung von dem, was uns dort erwartete.
Suko drehte mir das Gesicht zu. Als er sprach, bewegte er kaum die Lippen.
»Körper…?«
»Kann sein.«
»Wenn es zwei sind, John, dann denke ich automatisch an die beiden Toten in den Einkaufswagen.«
»Sicher. Die Beute eines Ghouls.«
»Der sich hier versteckt.« Suko zog schnüffelnd die Luft ein. »Ich denke, dass wir ihn hier finden werden. Oder riechst du nichts?«
Ghouls stinken widerlich. Besonders, wenn man ihnen direkt gegenübersteht. Das war hier nicht der Fall, doch der Geruch nach Verwesung war vorhanden.
»Es ist da«, flüsterte ich.
»Oder sie.«
»Meinetwegen auch.«
Die Treppe führte nach unten. Unebene Stufen machten das Hinabsteigen nicht eben zu einem Vergnügen. Hinzu kam, dass kein Geländer vorhanden war und wir uns nirgendwo abstützen konnten.
Stufe für Stufe ließen wir die lang gezogene Treppe hinter uns.
Viel heller wurde das Licht nicht, aber wir bemerkten auch keine Bewegung. Wie es aussah, hielt sich niemand im Gang des alten Bunkers auf.
Ich ging vor Suko her und erkannte, dass der Gang nur in einem bestimmten Teilbereich im Hellen lag. Weiter hinten ballte sich die Dunkelheit zusammen.
Suko blies mir seinen Atem in den Nacken, bevor ich sein Flüstern hörte. »Ich denke, dass wir hier noch mit einigen Überraschungen rechnen können.«
»Besonders, was den Geruch angeht«, erwiderte ich gepresst. Der Gestank nach Verwesung hatte nämlich zugenommen. Es war der Beweis, dass sich ein Ghoul hier für längere Zeit aufgehalten hatte.
Auch als ich die letzte Stufe hinter mich gelassen hatte, veränderte sich nichts. Es war niemand da, der auf uns lauerte, aber der Gestank sagte genug.
Ich hatte meine Beretta noch nicht gezogen. Dafür steckte jetzt das Kreuz in meiner Seitentasche. Wenn sich der Unhold sehen ließ, würde ich augenblicklich reagieren können.
Wichtig war das, was auf dem Boden lag. Wir erkannten auch, weshalb die linke Stollenseite so geschimmert hatte. Hier gab es nicht nur das nackte Gestein. Man hatte eine Reihe von Metallspinden davor gestellt. Sie waren bis auf zwei verschlossen.
Und aus ihnen mussten die beiden Männer gestürzt sein, die vor unseren Füßen tot am Boden lagen.
Wir bückten uns und zuckten beide leicht zusammen, als wir in die Gesichter schauten.
Man hatte sie regelrecht zerschlagen!
»Kein Zweifel«, murmelte ich, »das sind die beiden Toten, die der Nachtwächter gesehen hat.«
»Leider.«
Ich richtete mich wieder auf und schaute in die Richtung, in die auch Suko blickte.
Es gab dort nichts zu sehen. Die Dunkelheit war so dicht, dass ich keine Bewegung erkannte. Wer immer sich dort versteckt hielt, er hatte den besten Platz gefunden.
Sicherlich sah er uns, da wir noch im Licht standen.
Suko wollte es genau wissen. Es kümmerte ihn nicht, dass er gesehen werden konnte. Mit einer gelassenen Bewegung holte er die kleine Leuchte hervor, richtete sie nach vorn und wollte sie einschalten, als wir den Schrei einer Frauen hörten…
***
Kat hatte erlebt, welche Kräfte dieses verfluchte Weibsstück besaß.
Wie eine Puppe war sie angehoben worden, dann lag sie auf den vorgestreckten Armen der Frau, die eigentlich keine war und immer mehr nach Verwesung stank.
Sie verschwanden in der Dunkelheit. Edith drückte ihr Opfer auf den steinigen Boden und hielt es fest umklammert.
»Du wirst kein Wort sagen, keinen Laut von dir geben, sonst steche ich dich ab!«
Kat nickte.
Sie blieb auf dem Boden liegen, während sich Edith hingekniet hatte. Mit der linken Hand suchte sie in der Umgebung herum und grunzte, als sie etwas Bestimmtes gefunden hatte. Kat sah nicht, was es war. Sie interessierte sich auch mehr für sich selbst, denn es ging darum, dass sie genügend Luft bekam. Einfach war es nicht, weil Edith ihr eine ihrer stinkenden Klauen auf den Mund gepresst hielt und Kat gezwungen war, durch die Nase zu atmen.
Aber sie lag so, dass sie nach vorn schauen konnte und damit hinein in das Licht.
Sie sah sogar die Treppe und natürlich die beiden Männer, die die Stufen hinabgingen.
Kat glaubte, sie zu kennen. Es konnten die beiden Bullen sein, mit denen sie gesprochen hatte. Jetzt kamen sie ihr vor wie zwei rettende Engel, und sie merkte, dass ihr Herz plötzlich schneller schlug.
Das war auch Edith nicht verborgen geblieben.
»Mach dir keine Hoffnungen«,
Weitere Kostenlose Bücher