1459 - Der Dieb von Sira-VII
zwanzig Suchtrupps unterwegs, und zu jedem Trupp gehörten zehn bis zwanzig Galaktiker.
Jeder Trupp hatte einen bestimmten Sektor zu durchkämmen.
Da niemand ernsthaft damit rechnete, daß in dieser toten Station irgendwelche Gefahren drohen könnten, hielten die einzelnen Mitglieder jeder Gruppe nur losen Funkkontakt zueinander. Es hatte bisher keine Zwischenfälle gegeben, und es war auch niemand überfällig.
Nach und nach wurden alle Gruppen in die Zentrale beordert und in die PERSEUS und die CASSIOPEIA zurückgeschickt.
Da in der Station vieles nicht mehr so war, wie es hätte sein sollen, hatte man speziell in den Randbezirken der ganz oder teilweise zerstörten Sektoren Peilgeräte installiert, die der Vermessung der Station und der Aufteilung und Kontrolle der einzelnen Suchgebiete dienten. Diese Geräte wurden entfernt.
Als dieser Teil der Aktion abgeschlossen war, bot sich SIRA-VII wieder so dar, wie es seit Hunderten von Jahren gewesen war: leer, verlassen, energetisch tot.
Von da konnten sie nichts weiter tun als zu warten.
Es dauerte fast eine Stunde, bis die Orter plötzlich Alarm gaben. Eine Energiequelle war in einem Korridor nahe dem oberen Pol der Station aufgetaucht. Nach der Stärke des Echos hätte man glauben können, daß es von einem SERUN herrührte. Die Erscheinung war so unauffällig, daß man sie vorher, als noch rund einhundertfünfzig Galaktiker die Station durchstreiften, ohne weiteres hätte übersehen können, zumal es keine ständige Verbindung zwischen der Zentrale und jedem einzelnen Mitglied der verschiedenen Gruppen gegeben hatte. „Mit anderen Worten: Unser Phantom geistert vielleicht schon seit Tagen hier herum, ohne daß wir etwas davon gemerkt haben", stellte Tifflor fest. „Wir haben uns entschieden zu sicher gefühlt."
„Keine Bange!" sagte Ras Tschubai gelassen. „Den haben wir jetzt."
Und damit teleportierte er.
Er kehrte binnen weniger Sekunden zurück - leider nicht in Begleitung des „Phantoms". Er materialisierte mitten in der Zentrale und schwankte für einen Augenblick, bis der SERUN die Situation erfaßt hatte und ihm half, sich auf den Beinen zu halten. „Was ist passiert?" fragte Tifflor beunruhigt. „Das weiß ich auch nicht so genau", erwiderte Tschubai, und schon am Klang seiner Stimme war deutlich zu erkennen, wie erschöpft er war.
Erschöpft wovon? fragte sich Julian Tifflor.
Ungeduldig wartete er. Der SERUN versorgte Ras Tschubai mit den nötigen Medikamenten, aber es dauerte einige Zeit, bis der Teleporter deren Wirkung spürte - ein alarmierender Hinweis darauf, daß dieser Zwischenfall alles andere als harmlos war. „Da war ein Sog", berichtete Tschubai schließlich. „Eine unheimliche Kraft. Ich habe so etwas noch nie gespürt. Ich konnte nicht davon loskommen. Im letzten Augenblick ist es mir irgendwie gelungen, zu teleportieren."
„Im letzten Augenblick?" fragte Tifflor. „Was wäre deiner Meinung nach geschehen, wenn du es nicht geschafft hättest?"
„Darüber möchte ich nicht nachdenken", flüsterte Ras Tschubai.
Tifflor musterte ihn und wandte sich an zwei der Galaktiker aus Sonthers Gruppe. „Ihr begleitet ihn in die PERSEUS hinüber!" befahl er ihnen. „Ich bleibe hier!" protestierte Tschubai. „Ich fühle mich zwar lausig, aber ich komme schon wieder in Form. Ein paar Minuten Ruhe und dann ..."
Es gab ein scharfes Fauchen, und einige Folien und andere leichte Gegenstände flogen durch den Raum. Das von den Lampen ausgehende Licht schien zu schrumpfen und sich für einen Augenblick zu schmalen Kegeln zu verdichten. Dann waren nur noch ein paar helle Flecken an den Wänden der Zentrale zu erkennen.
Niemand sprach. Regungslos standen sie in dem luftleeren Raum. Für einen Augenblick spürten sie Vibrationen unter ihren Füßen - es fühlte sich an wie der mechanische Nachhall schwerer Schritte. Aber es mußten seltsame Füße sein, die diese Erschütterungen verursachten -falls es überhaupt Füße waren. „Keine Ortung", flüsterte Sonther. „Als hätte wir es mit einem Gespenst zu tun!"
„Was es auch ist", sagte Tifflor ruhig, „es will etwas von uns. Und es ist schnell - sehr schnell. Fellmer ..."
„Tut mir leid, aber ich spüre nichts", sagte der Telepath.
Sie warteten.
Und plötzlich sagte Ge-Liang-P'uo: „Er ist vor dem Hauptschott."
Tifflor, der die Orter im Auge behalten hatte, wirbelte herum. Noch in dieser Bewegung nahm er das Aufblitzen einer Anzeige auf einem der Schirme wahr.
Fellmer Lloyd
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