1459 - Der Dieb von Sira-VII
befanden.
Unversehens war eine Legende in ihr Leben geschneit: Dao-Lin-H'ay war nach fast siebenhundert Jahren nach Kartan zurückgekehrt, und sie kam stilgerecht, nämlich mit dem, was von der einst so riesigen NARGA SANT noch übrig war.
Und mit der NARGA SANT kamen einige tausend Probleme in Gestalt von Nachkommen kartanischer Raumfahrer, die in dem Wrack überlebt hatten und von denen niemand so recht wußte, was man mit ihnen anfangen sollte.
Als wäre das nicht genug, legte Dao-Lin-H'ay sich noch vor ihrer Ankunft mit dem derzeitigen Erzfeind der Kartanin an, den aus Hangay stammenden Karaponiden, die - der Henker mochte wissen, warum - an Bord der NARGA SANT etwas vermuteten, das sie für überaus wertvoll hielten, nämlich den zweiten Teil jenes Objekts, das man die „Perle Moto" nannte. Und natürlich machte Dao-Lin-H'ay ihrem Ruf auch weiterhin Ehre, indem sie nichts Eiligeres zu tun hatte, als diesen Karaponiden auf die Finger zu klopfen.
Die Kartanin hatten ihr die MARA-DHAO zur Verfügung gestellt, ein funkelnagelneues Schiff, nach dem letzten Stand der kartanischen Technik gebaut, für die Höchste Frau bestimmt. Und ehe die Mannschaft es sich versah, steckte sie auch schon bis zum Hals in Schwierigkeiten. In Bentu-Karapau, dem größten und bis dahin absolut geheimen Stützpunkt der Karaponiden in der Pinwheel-Galaxis, wurden sie in ihrem eigenen Schiff gefangengesetzt. Man verschleppte sie nach Hangay, auf die Zentralwelt des karaponischen Sternenreichs. Mit der Perle Moto und dem Kaiser von Karapon als Geisel an Bord flohen sie zurück nach Ardustaar, aber nicht, um heimzukehren, denn Dao-Lin-H'ay fand das zweite Bruchstück der Perle Moto genau da, wo die Karaponiden es von Anfang an vermutet hatten, nämlich im Wrack der NARGA SANT.
Ein so wertvolles Objekt wie die Perle Moto war natürlich auch für die Kartanin von Interesse. Selbst wenn sie gar nichts damit hätten anfangen können - sie wollten es haben, und sei es auch nur deshalb, weil die Karaponiden so wild darauf waren, es zu besitzen.
Die meisten Kartanin an Bord der MARA-DHAO wußten nicht viel über die Zusammenhänge, sondern befolgten einfach nur ihre Befehle, wie sie es immer getan hatten. Aber diejenigen, die etwas besser informiert waren, fanden es zumindest etwas merkwürdig, daß sie plötzlich gewissermaßen vor ihren eigenen Artgenossen fliehen mußten. Ihre Ehrfurcht vor Dao-Lin-H'ay, der letzten Wissenden, war zu groß, als daß sie es gewagt hätten, offen von Verrat und Diebstahl zu sprechen, aber so mancher dachte insgeheim, daß es möglicherweise sinnvoll wäre, Dao-Lin-H'ay samt der verflixten Perle nach Kartan zurückzuschaffen.
Daß sie vorerst darauf verzichteten, diesen Gedanken in die Tat umzusetzen, hatte etwas mit der vielgerühmten Disziplin der Kartanin zu tun und natürlich mit dem Ruf, der dieser lebenden Legende namens Dao-Lin-H'ay anhaftete. Und es war durchaus nicht nur Mai-Ti-Sh'ou, für die gerade dieser Aspekt der Situation von besonderer Bedeutung war. Mei-Mei-H'ar, die Höchste Frau des kartanischen Volkes, hatte die Mannschaft der MARA-DHAO höchstpersönlich dazu vergattert, Dao-Lin-H'ay bedingungslosen Gehorsam zu leisten und sie vor allen Gefahren zu beschützen. Bei den Kartanin nahm man derartige Schwüre sehr ernst.
Es war anzunehmen, daß Mei-Mei-H'ar es inzwischen selbst zutiefst bedauerte, einen solchen Befehl gegeben zu haben, aber ihr Bedauern war nichts gegen die Gefühle, die so manches Besatzungsmitglied der MARA-DHAO in der letzten Zeit um den Schlaf zu bringen pflegten. Denn Dao-Lin-H'ay bewies einen sehr beunruhigenden Geschmack, wenn es um die Auswahl der Ziele ging, zu denen sie zu fliegen wünschte.
Miryanaar, Bentu-Karapau, ja, selbst Karapon in der Galaxis Hangay waren Ziele, die den Kartanin noch einleuchteten, aber Sayaaron ...?
Wenn es wenigstens bei Sayaaron geblieben wäre - irgendwie hätte man auch das verkraftet, obwohl eigentlich niemand so recht zu wissen schien, was die Kartanin dort zu suchen hatten. Aber noch ehe man die Milchstraße erreichte, fand Dao-Lin-H'ays emsiges Hirn ein neues Ziel, und diesmal war es eines, bei dessen bloßer Nennung sich jedem Kartanin der Pelz sträubte. Da spielte es keine Rolle mehr, daß man einer Elitemannschaft angehörte und diese Reise als den Einstieg in eine wahrhaft schwindelerregende Karriere betrachten durfte.
Natürlich hatte es wieder einmal etwas mit dieser verrückten Perle Moto zu tun. In den so frustrierend
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