1459 - Der Dieb von Sira-VII
kann Nikki Frickel nicht im Stich lassen", hatte Dao-Lin-H'ay behauptet und die Situation damit fürs erste entschärft. „Wir sind alte Freunde, Kampfgefährten, und sie braucht mich jetzt."
Aber in Wirklichkeit konnte Dao-Lin-H'ay nicht das geringste für die Terranerin tun, und sie war sehr froh, daß Mai-Ti-Sh'ou und die anderen das nicht mitbekamen. Es waren Irmina Kotschistowa und Ge-Liang-P'uo, die der armen Nikki halfen, während Dao-Lin-H'ay nichts weiter tun konnte, als an der Wand zu lehnen, zu warten und zu grübeln. „Das stimmt nicht ganz", bemerkte Fellmer Lloyd, der gekommen war, um seine Hilfe anzubieten - vergeblich, genau wie Dao-Lin-H'ay. „Nikki weiß, daß du hier bist. Das allein ist in ihrer Lage schon viel wert."
Vielleicht entsprach das der Wahrheit - vielleicht aber auch nicht. „Du solltest dich ausruhen", meinte der Telepath. „Wie lange hast du nicht mehr geschlafen?"
„Schlafen - was ist das?" fragte Dao-Lin-H'ay in einem mühsamen Versuch, witzig zu sein. Der Terraner lächelte höflich. „Ich kann jetzt nicht schlafen", sagte Dao-Lin-H'ay unwillig.
Irgendwie war es seltsam mit dieser Nikki Frickel. Dao-Lin-H'ay erinnerte sich an Zeiten, in denen sie diese Terranerin gehaßt hatte. Und jetzt stand sie hier und war ganz krank vor Sorge.
Zum Teufel mit diesen Terranern!
Fellmer Lloyd blickte ihr ins Gesicht, unverschämt wie all diese Leute, die sich mit kartanischen Sitten nicht auskannten.
Dieser gerade, direkte Blick ... „Hallo, Irmchen, du altes Huhn, wo hast du denn dein Küken gelassen?"
Der ehemaligen Wissenden sträubte sich das Fell, als sei sie unversehens unter eine eiskalte Dusche geraten. „Tu mir den Gefallen und lege den Zellaktivator wieder an, ja?" fuhr die Stimme fort - Nikki Frickels Stimme, ganz unverkennbar. „Mir geht es schon wieder gut, und ich brauche dieses komische Ding nicht mehr. Ich habe keine Lust, dich vor meinen Augen verschrumpeln zu sehen !"
Dao-Lin-H'ay vergaß für einen Augenblick selbst die guten kartanischen Sitten und stieß Fellmer Lloyd einfach zur Seite. „Donnerwetter!" sagte Nikki und grinste mühsam. „Ich stehe wohl schon mit einem Bein in der Grube, oder was hat dieser großartige Empfang sonst zu bedeuten?"
„Nichts anderes, als daß du das Schlimmste hinter dir hast", erwiderte Irmina Kotschistowa erleichtert. Sie sah sich um und nickte Ge-Liang-P'uo zu. „Den Rest scharfen wir auch so. Geh und ruh dich aus! Das gilt für alle. Ich möchte mit ihr alleine sein. Ja, Julian, du bist auch gemeint. Sie ist noch nicht soweit, daß sie Bericht erstatten kann!"
„Ihr Mundwerk scheint in Ordnung zu sein", bemerkte Julian Tifflor mit leisem Spott. „Nur eine Frage, Nikki: Was ist mit der SORONG passiert?"
„Es war eine Falle!" flüsterte die Terranerin. „Die verdammten Cantaro haben uns beim Perseus Black Hole erwischt.
Wo bin ich hier eigentlich?"
„In Sicherheit!" erklärte Irmina Kotschistowa beruhigend, aber auch sehr energisch. „Und jetzt raus hier, alle miteinander!"
In der medizinischen Abteilung der PERSEUS war Irmina Kotschistowa eine Autorität, der sich selbst ein Julian Tifflor zu beugen hatte.
Er ging, aber er tat es ungern, und das sah man ihm an. „Sie waren in der Milchstraße!" sagte er zu Fellmer Lloyd. „Ich muß die Anoree sprechen, und zwar sofort. Jetzt werden sie wohl endlich einsehen müssen, daß ihre Karten der Schwarzen Sternenstraßen nicht ganz vollständig sind!"
Fellmer Lloyds Antwort war selbst für kartanische Ohren nicht mehr zu verstehen, denn die beiden Terraner entfernten sich in großer Eile.
Ge-Liang-P'uo sah ihnen nach. „Hier will wohl jeder gerne nach Hause", bemerkte sie anzüglich. „Nun - es ist ein verständlicher Wunsch", murmelte Dao-Lin-H'ay bedrückt.
Ge-Liang-P'uo betrachtete sie nachdenklich. „Dich zieht es nicht nach Kartan". stellte sie fest. „Ich. habe mich noch nicht entschieden", behauptete Dao-Lin-H'ay. „Aber ich werde nicht gehen, bevor ich nicht weiß, daß Nikki Frickel wieder völlig gesund wird."
Aber das war eine Ausrede, und sie wußten das - alle beide
2.
Nach außen hin war in der MARA-DHAO alles in Ordnung. Die Kartanin taten ihre Pflicht, wie man es von ihnen gewohnt war, und sie boten sich auch für alle in der Station anfallenden Arbeiten an. Tifflor wußte nicht recht, ob dieses Angebot ehrlich gemeint war oder vielleicht nur aus Höflichkeit gemacht wurde - bei den Kartanin konnte man das nie so genau wissen. Er
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