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1459 - Die Hexe und ihr Henker

1459 - Die Hexe und ihr Henker

Titel: 1459 - Die Hexe und ihr Henker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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diesen Henker nicht. Ich habe nie etwas von euch gehört. Was soll das?«
    »Du wirst es erleben.«
    Laurie schüttelte heftig den Kopf. »Ihr könnt mich doch nicht töten, wenn ich euch nichts getan habe. Mein Gott, ich weiß überhaupt nichts mehr, verdammt!«
    »Du wirst es erfahren.« Lucia schaute ihr Gegenüber kalt an. »Du musst es sogar erfahren.«
    »Was denn?«
    »Dass du einen Frevel begangen hast. Du hast etwas besetzt, das dem Henker und mir gehört!«
    Laurie hatte eine Antwort bekommen. Aber sie konnte damit nichts anfangen. Sie schaute ins Leere, sie hob die Schultern, versuchte zu sprechen, doch ihr fielen nicht die richtigen Worte ein.
    »Es ist der Ort, wo du dein Geschäft hast. Ihn hast du uns weggenommen.«
    »Wie – wie – das?« Laurie war völlig durcheinander. Sie konnte sich nichts vorstellen. Es war für sie einfach nur absurd. »Ich – ich – habe euch nichts weggenommen.«
    »Doch, den Platz!«
    Laurie begriff nichts. Aber sie machte sich Gedanken darüber. Sie versuchte in der Erinnerung zu kramen, wie es gewesen war, als sie den Laden gemietet hatte. Sie hatte sich mit dem Anwalt des Besitzers herumschlagen müssen. Nach langen Verhandlungen war es ihr gelungen, den Mietpreis um zehn Prozent zu senken. Und sie war froh gewesen, diesen Kampf gewonnen zu haben.
    Aber von einer Hexe, die auf den Namen Lucia hörte, und von einem Henker war nicht die Rede gewesen. An so etwas war in der modernen Zeit überhaupt nicht zu denken.
    »Nein«, flüsterte sie. »Das – das kann nicht zutreffen. Da täuschst du dich. Das Haus ist von einem Autohändler gebaut worden, und deshalb könnt ihr…«
    »Auf unserer Richtstätte!«
    »Was?«
    »Ja, dort haben wir gelebt. Es war unsere Welt, in der wir Rache nahmen und…«
    Laurie Andrews musste lachen. Sie konnte es einfach nicht unterdrücken. Ihr Gelächter hörte sich so schrill an, dass es sogar den Henker störte und dieser einen Schritt auf sie zuging.
    Als Laurie das sah, verstummte ihr Gelächter. Es wurde wieder still, und in dieser Stille war die Stimme der Hexe besonders deutlich zu verstehen.
    »Ihr habt unsere Welt entweiht. Das können wir nicht länger zulassen. Der Ort gehört uns. Dort haben wir uns an all denen gerächt, die mich vernichten wollten.«
    »Dich töten?«
    »Ja.«
    »Warum denn?«
    »Weil ich damals als Hexe verflucht und verschrien war«, erklärte sie und fing an zu lachen, bevor sie weitersprach. »Die Leute haben sogar Recht gehabt. Ich bin eine Hexe.«
    »Und weiter?«
    »Mein Freund, der Henker, wird all diejenigen töten, die den Ort entweiht haben.«
    Jetzt wusste Laurie Andrews Bescheid. Sie wusste nicht mehr, was sie tun sollte. Sie starrte ins Leere, und nur ihre Hände bewegten sich.
    »Man nimmt uns nicht einfach etwas weg. Auch wenn es sehr, sehr lange gedauert hat, wir haben nichts vergessen. Irgendwann kehren wir zurück, um uns den Platz zurückzuholen.«
    Laurie sagte kein Wort mehr. Es hatte ihr wirklich die Sprache verschlagen. Sie spürte den plötzlichen Schwindel, der sie beinahe von den Füßen riss, aber sie war nicht so weggetreten, als dass ihr die Bewegung des Henkers nicht aufgefallen wäre.
    Den Ruck bekam sie mit, der ihn aus seiner Starre löste.
    Er kannte nur ein Ziel, und das war Laurie, die zurückwich.
    »Du wirst nicht viel spüren«, erklärte Lucia. »Er beherrscht die Sense perfekt. Er braucht nur einen Schlag, um dich vom Leben in den Tod zu befördern.«
    »Und genau das glaube ich nicht!«
    ***
    Diese Worte hatte ich gesprochen, als ich mich durch den Spalt in das Zimmer hineindrückte. Die Beretta hielt ich in der Hand, und ich hatte mir auch das Kreuz vor die Brust gehängt, denn hier konnte es helfen.
    Selten in der letzten Zeit hatte ich Personen erlebt, die so überrascht waren. Auch der Henker ging nicht mehr weiter, nachdem er meine Stimme gehört hatte. Er blieb in seiner üblichen Haltung stehen. Vielleicht umkrampften seine Hände den Griff der Sense noch härter. Aber das war alles.
    »Wenn man mich nicht durch die normale Tür einlässt, muss ich eben einen anderen Weg wählen«, erklärte ich. »Okay, hier bin ich. Und jetzt reden wir weiter.«
    »Sie sind der Polizist?«, fragte Laurie mit zittriger Stimme.
    »Genau der.«
    »Und was wollen Sie von mir? Ich kenne Sie nicht…«
    »Das ist eine etwas längere Geschichte. Aber seien Sie versichert, dass ich auf Ihrer Seite stehe, Laurie.«
    Sie nickte nur.
    Ich ging einen langen Schritt in die Wohnung hinein.

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