146 - Der Horror-Butler
verschiebbar.
Er tastete die Wand ab, fand aber keine Fuge
oder versteckten Mechanismus. Er suchte die Decke über sich ab und stemmte sich
nach oben, in der Hoffnung, hier eine Falltür zu entdecken, die möglicherweise
direkt zurückführte ins Arbeitszimmer des Besitzers von »The three Oaks«.
Tommy und seine Tochter machten nicht den
Eindruck von Verbrechern. Doch ihre Tat sprach gegen sie. Beseitigten sie auf
ihre Art alleinreisende Fremde, um die Einkünfte aufzubessern?
Der Lichtstrahl der Taschenlampe wanderte
weiter, und erst jetzt entdeckte Larry, daß er sich nicht in einem
abgeschlossenen Kellerraum befand, sondern in einem gemauerten Stollen.
X-RAY-3 ging Schritt für Schritt in den
Stollen hinein.
Wohin mündete er? Was für eine Bedeutung
hatte er? Lag er direkt unter dem Gasthaus, oder hatte man ihn, während er bewußtlos
war, durch den Hinterausgang getragen und an einen unbekannten Ort verschleppt?
Es war müßig, sich diese Fragen zu stellen.
Es gab keine Antworten darauf. Die größte Frage jedoch war die: Warum hatten
der Wirt, dessen Tochter und mit großer Wahrscheinlichkeit noch ein weiterer
Eingeweihter ihn überfallen? War es ein kriminelles Delikt - oder steckte mehr
dahinter? Zum Beispiel die Tatsache, daß es Brents Absicht war, zum Schloß des
Lord of Everthon zu gehen. Larry neigte dazu, das Letztere anzunehmen. Eine
Tatsache bewies ihm, daß es sich nicht um einen Raubüberfall handelte. Waffe
und Papiere hatte man ihm abgenommen, nicht aber den goldenen Ring, den er an
der linken Hand trug. Er war als Globus gearbeitet und enthielt eine
vollwertige Sende- und Empfangsanlage. Wären seine Gegner scharf auf Geld und
Gold gewesen, hätten sie nicht lange gefackelt und ihm kurzerhand den
Ringfinger mit dem »Schmuckstück« abgeschnitten. Sie hatten es nicht getan.
Vielleicht in der Eile auch vergessen. Auch das war mög lich.
Geduckt lief er durch den unterirdischen
Stollen. Die Luft roch modrig und war sauerstoffarm. Der Untergrund war holprig
und voller Steine. Überall kroch Ungeziefer herum. Spinnen, Käfer,
Silberfische, die blitzschnell in Ritzen und Spalten verschwanden, wenn der
Lichtstrahl sie traf.
Meterlanges Spinngeweb hing in den Ecken und
von der Decke herab. Es war klebrig und dicht wie ein Schleier, den er
durchstoßen mußte.
Er drang tiefer in den Stollen vor. Auch hier
war überall Spinngeweb und Staub, zwischendrin mal ein Rattenskelett.
Es weckte eigenartige Assoziationen.
Hier unten gab’s nichts zu nagen und zu
beißen. Da konnte es passieren, daß Ratten sich gegenseitig anfielen und
zerfleischten. Wenn hier unten aber wirklich ein Rattennest existierte, konnte
er sich auf einiges gefaßt machen. Die Biester würden ihn über kurz oder lang
wittern und als willkommenen Braten erschnuppern.
Allein der Gedanke daran bereitete X-RAY-3
Unbehagen. Es würde nicht seine erste Begegnung mit Ratten sein. Einmal hatte
er sogar direkt mit dem »Herrn der Ratten« zu tun. Der würde hier nicht in
Erscheinung treten, dessen konnte er sicher sein. Aber ein Heer von Ratten
konnte ihm auch ohne »geistigen Führer« wie damals den Garaus machen.
Er verharrte einen Augenblick in der Bewegung,
nestelte am Absatz seines rechten Schuhs herum und öffnete den Absatz. Darin
befand sich ein zusammenklappbares Messer. Das ließ er aufspringen. Die
gehärtete Stahlklinge schimmerte im Licht der Taschenlampe. In der einen Hand
das Messer zur eventuellen Verteidigung, in der anderen die Taschenlampe,
bahnte er sich seinen Weg über den steinigen Boden und durch den Dschungel der
klebrigen Spinnfäden.
Dann machte die Wand einen Knick.
Dahinter fiel der Boden um mehr als einen
Meter ab. Im Lichtkegel der Taschenlampe erkannte Larry das Loch eben noch und
konnte den Stürz verhindern.
Das Loch war etwa einen halben Meter tief und
zwei Meter breit. Wer in absoluter Finsternis hier entlangkam, konnte sich bei
einem Fehltritt das Genick brechen. Und es gab auch welche, die auf diese Weise
ihr Leben verloren hatten: Die vermoderten Skelette zweier Menschen lagen in
der Mulde. Der eine hatte sich an einem spitzen Stein den Schädel
aufgeschlagen. Das Loch am Hinterkopf war deutlich zu sehen. Das Fleisch der Unbekannten
war längst verwest oder von den Ratten hier unten gefressen. Beide Skelette
dienten einem Heer von Käfern als Unterkunft. Es raschelte, als Tausende von
Chitinkörpern aneinanderrieben. Alles regte und bewegte sich. Die plötzliche
Helligkeit, die die wimmelnde
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