1464 - Die Vergessene
Problem.«
»Und das Interesse wird natürlich immer größer. Man wird sich Fragen stellen. Man wird versuchen, Fatima als Spinnerin abzutun. Wenn eine zweite Sendung gelaufen ist, wird es hier anders aussehen, das kann ich Ihnen versichern. Schon im Vorfeld werden wir trommeln, und nach der Sendung wird die Werbemaschinerie anlaufen, darauf können Sie sich verlassen. Wissenschaftler und Ärzte werden die Frau untersuchen, um festzustellen, ob sie gelogen hat oder nicht. Es gibt ja immer wieder plötzliche Zeugen der Vergangenheit, die…«
»Aber keine lebendigen Zeugen«, sagte Suko.
»Ja, das ist es eben. Genau das lässt uns doch jubeln.«
»So fest glauben Sie an Fatima?«
»Nun ja, was heißt glauben oder wissen. Sie ist schon eine ungewöhnliche Person.«
»Steht der Sendetermin schon fest?« fragte ich.
»Ja.«
»Wann?«
»Morgen Abend. Wir haben ihn vorgezogen. Das mussten wir einfach tun, Mr. Sinclair. Das habe ich vor Ihrem Erscheinen mit Rick Portman besprochen.«
»Sehr gut.« Ich lächelte schmal. »Weiß die Hauptperson denn schon Bescheid?«
Angie Lee schaute zu Boden. »Leider nicht. Das ist ja unser großes Problem. Sie weiß noch nicht Bescheid.«
»Und dann setzen Sie eine Sendung an? Einfach so? Einfach auf Verdacht hin?«
»Nein, Mr. Sinclair, so dumm bin ich auch nicht. Wir haben verabredet, dass sie sich bei mir meldet, und genau darauf warte ich.«
»Dann müssen Sie sich sehr sicher sein.«
»Bin ich auch.«
»Wie kommt das?«
»Diese Frau, Mr. Sinclair, hat mir nicht den Eindruck gemacht, als wollte sie mich an der Nase herumführen. Das auf keinen Fall. Ich verlasse mich auf sie.«
»Das heißt, sie wird mit Ihnen Kontakt aufnehmen.«
»Ja.«
»Sehr gut.«
Bisher hatte Angie Lee gut mitgespielt, das wollte sie jetzt nicht mehr. Allein an ihrer körperlichen Reaktion sahen wir, dass sie mit gewissen Dingen nicht einverstanden war.
»Hören Sie, ich bin bisher sehr kooperativ gewesen. Aber Sie dürfen nicht vergessen, dass Fatima Orex mir gehört, denn sie ist meine Entdeckung. Nicht die Ihre.«
»Das ist uns bekannt. Aber sollte alles stimmen, was Sie uns gesagt haben, dann ist sie auch für uns von Interesse«, erklärte ich.
»Wieso das, Mr. Sinclair?« Angie Lees Erstaunen war echt. »Sie sind Polizisten, und Fatima Orex hat nichts getan, was Sie auf den Plan hätte rufen können. Sie hat sich keines Verbrechens schuldig gemacht. Was wollen Sie also von ihr?«
»Die Wahrheit herausfinden«, sagte Suko. »Gehen wir mal davon aus, dass es stimmt, dann ist es wirklich von allgemeinem Interesse, was hinter dieser Person steckt. So und nicht anders müssen Sie das sehen. Ihr Wissen und ihre Existenz kann nicht nur auf eine kleine Gruppe von Menschen beschränkt bleiben.«
»Das tritt auch nicht ein. Die – ähm – Folgen werden ungewöhnlich sein, das kann ich Ihnen schon jetzt schwören. Dieses zweite Interview wird Staub aufwirbeln. Das wird quer durch die Nation gehen und nicht nur auf die Insel beschränkt bleiben. So etwas ist auch was für Europa und vielleicht sogar die ganze Welt.«
»So denken wir auch. Aber wir sitzen nicht grundlos hier.« Ich schaute Angie Lee ins Gesicht. »Bevor Sie mit dieser Person in die Sendung gehen, werden wir mit ihr sprechen. Wir müssen es tun. Es ist unsere Pflicht und Schuldigkeit.«
Angie Lee erlebte einen kleinen Wutausbruch. Ihr Gesicht rötete sich dabei. »Sie hat sich keines Verbrechens schuldig gemacht, verdammt noch mal! Begreifen Sie das endlich!«
Ich atmete scharf aus. »Das weiß ich. Nur müssen wir in diesem Fall wirklich eingreifen. Es gibt Gründe, die uns dazu zwingen. Außerdem dürfen Sie uns nicht als normale Polizisten ansehen.«
»Wieso nicht?«
»Wir kümmern uns um Dinge, die außerhalb des Normalen liegen.«
»Ja, okay, dagegen habe ich nichts.«
»Und das Erscheinen von Fatima Orex gehört dazu. Bevor sie in Ihrer Sendung auftritt, müssen wir sie finden und ihr die entsprechenden Fragen stellen.«
»Das ist eine Behinderung der Pressefreiheit.«
»Nein, nicht in diesem Fall, in dem wirklich verdammt viel auf dem Spiel steht.«
Sie lehnte sich zurück und wischte mit der flachen Hand über ihre Stirn. »Sie machen es einem verdammt schwer, und ich komme mir vor, als wäre ich in eine Terroristenfahndung geraten. Tut mir leid, so deutlich muss ich Ihnen das sagen.«
»Das mag sein«, erwiderte ich. »Aber Sie müssen auch davon ausgehen, dass die Frau möglicherweise eine Gefahr
Weitere Kostenlose Bücher