1466 - Tödliche Küsse
notiert war. Dort anzurufen brachte nicht viel. Einem Mann würde der Typ erst recht keine Antwort geben. Wir mussten auf andere Weise seinen Namen und natürlich auch seine Adresse herausfinden.
Wir mussten davon ausgehen, dass es sich um eine Telefonnummer handelte, die nicht im Telefonbuch stand. Aber Scotland Yard ist eine breit gefächerte Firma. Es gibt bei uns für alles Spezialisten, und so würde es kein Problem sein, eine entsprechende Auskunft zu erhalten.
Ich telefonierte mit einem Kollegen, gab ihm meinen Wunsch bekannt und danach die Nummer durch.
»Okay, Mr. Sinclair, ich werde sehen, was sich machen lässt.«
»Danke, das ist nett.« Ich legte den Hörer auf und nickte in die kleine Runde. »Jetzt müssen wir warten.«
Jane trank einen Schluck Wasser. »Damit habe ich gerechnet. Ich frage mich, ob Sue Hellman die einzige Frau ist, die spurlos verschwand.«
»Bestimmt nicht«, sagte ich. »Täglich verschwinden in London zahlreiche Menschen, und nicht alles wird der Polizei gemeldet.«
»Das ist schon richtig. Aber Sues Verschwinden ist so unauffällig gewesen und trotzdem irgendwie spektakulär. Es liegt auch schon ein paar Tage zurück. Erpresser haben sich bei ihrem Mann nicht gemeldet. Dabei ist jemand wie er für die Gegenseite interessant. Ich will auch das Schlimmste nicht ausschließen. Es kann sein, dass sie in die Hände eines Killers gefallen ist. Eines Psychopathen, der die Frauen erst benutzt und sie dann tötet. Alles schon mal da gewesen, das brauche ich euch nicht zu sagen.«
»Du sorgst dich wirklich«, sagte ich.
»Ja, das tue ich.« Jane deutete auf ihren Bauch. »Das Gefühl hier deutet auf Probleme hin.«
Ich nickte und fragte dann: »Was hast du vor, wenn wir herausfinden, wer sich hinter der Telefonnummer verbirgt?«
»Mich darum kümmern.«
»Hinfahren?«
»Was sonst, John?«
»Allein?«
»Ach, hör auf. Du weißt genau, dass ich euch fragen werde, ob ihr mitkommen wollt.«
Ich gab noch keine konkrete Antwort. »Mal sehen, wie sich die Dinge entwickeln.«
»Eben.«
Wir warteten. Jeder spürte die Spannung. Der Gesprächsfaden war plötzlich gerissen. Jeder merkte, dass etwas in der Luft lag, und wir lauerten auf das Klingeln des Telefons.
Der Apparat ließ uns nicht im Stich. Ich hob ab. Über Lautsprecher hörten Jane und Suko mit. Es war der Kollege, den ich um den Gefallen gebeten hatte.
»Haben Sie Erfolg gehabt?«
»Das war kein Problem.«
»Super. Und wer verbirgt sich hinter der Nummer?«
»Ein gewisser Attila Caine. Mehr kann ich nicht sagen, abgesehen von der Adresse.«
»Das sind schon hundert Prozent.«
»Caine wohnt am Hyde Park Square. Das ist dieser kleine eckige Grüngürtel nördlich vom Park.«
»Ist bekannt«, sagte ich.
»Dann viel Glück, Mr. Sinclair.«
»Danke für alles.« Ich legte auf und schaute in Janes Gesicht, das eine gewisse Freude zeigte.
»Dann kann ich ja losziehen und ihn mal überraschen.«
»Kannst du, aber nicht allein.«
»Du gehst also mit?«
»Klar.«
Jane drehte sich zu Suko hin um. »Was ist mit dir?«
Er reckte sich. »Ich denke, dass ihr mit einem Callboy schon allein fertig werdet. Ich verbringe den Abend mit Shao im Freien. Wir können ja telefonieren.«
Ich stand schon auf den Beinen und schnappte nach meiner dünnen Sommerjacke. »Machen wir, Alter…«
***
Der Kuss – endlich!
Er war für Nora Quinn so etwas wie ein Liebesbeweis, und den wollte sie auskosten.
Zuerst war es nur ein leichtes Berühren der Lippen, sehr sanft und zart, wobei die des Mannes geschlossen blieben, was Nora nicht mitmachen wollte. Sie brauchte mehr, um noch wilder und schärfer zu werden, deshalb stemmte sie sich dem Mann entgegen, riss ihren Mund weit auf und suchte mit ihrer Zunge die des Mannes.
Beide fanden sich. Der harte Widerstand seiner Zunge erregte Nora noch mehr. Sie saugte sich an seinen Lippen fest, sie stöhnte dabei und bewegte windend ihren Körper.
Sie wollte diesem Mann nicht nur ihren Körper geben, auch ihre Seele. Es war für sie die Nacht der Nächte, möglicherweise sogar die letzte, die sie mit diesem Mann erlebte, denn hiernach sollte es keine Steigerung mehr geben.
Deshalb gebärdete sie sich so, und sie umschlang mit beiden Armen den Nacken des Mannes. Auf keinen Fall wollte sie ihn loslassen.
Attila Caine ließ sie gewähren, wobei er sich zunächst passiv verhielt. Sie sollte ihren Spaß haben, seiner würde noch kommen, denn diesen Kuss hatte er herausgefordert, und das hatte er
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