1466 - Tödliche Küsse
denn er dachte an das, was noch vor ihm lag.
Nora bewegte sich auf dem Diwan. Noch immer nackt, setzte sie sich hin und zog die Beine an, die sie dann geschlossen zur Seite legte.
Die Gläser waren gefüllt. Ganz Kavalier, reichte Attila seiner Gespielin das erste Glas. Die Hand der Frau zitterte leicht. Sie musste Acht geben, dass sie keinen Champagner verschüttete.
»Auf uns«, sagte er. »Und darauf, dass wir Zeit haben und den zweiten Teil des Spiels genießen können.«
»Ja, das hoffe ich auch.« Sie trank hastig. Eigentlich zu hastig, denn das kostbare Zeug schwappte aus dem Glas und rann an ihrem Kinn entlang und dann den Hals hinab.
Sie genoss die Kälte, leerte das Glas mit einem langen Zug und schüttelte sich.
Attila Caine lachte. Er kannte das Spiel und goss etwas von seinem Champagner in das Tal zwischen ihren Brüsten, was bei Nora eine leichte Gänsehaut hinterließ, ihr aber trotzdem nicht unangenehm war, denn es machte Spaß, die laufende prickelnde Flüssigkeit auf der Haut zu spüren.
»Du bist verrückt, Attila.«
»Ja, nach dir, meine Schöne!«
»Das sagst du nur so dahin.«
»Ist das schlimm?«
»Nein, nein.« Nora schüttelte wild den Kopf. »Ich lasse mich gern belügen.«
Er nahm ihr das Glas aus der Hand und zog sie zu sich heran, und sie beschwerte sich, dass er noch immer dieses Gewand trug und nicht so nackt war wie sie.
»Das wird sich ändern, Nora, das verspreche ich dir. Du brauchst dir keine Sorgen zu machen.«
»Ja, das möchte ich.« Sie streichelte sein Gesicht und sagte mit leiser Stimme: »Schade…«
»Was ist schade?«
»Dass man die glücklichen Augenblicke im Leben nicht einfrieren kann. Ich bin glücklich. So wie du hat mich noch niemand geküsst.«
»Und es war noch nicht das Ende, meine Schöne.«
»Bitte, hör mit der Schönen auf. Ich bin viel zu alt, um noch schön zu sein.«
»Du bist eben zu kritisch.«
»Vielleicht«, sagte sie zu und schaute Caine wieder mit glänzenden Augen an. »Willst du mich wieder küssen?«
»Ja.«
»Wo?«
Er sah den Glanz des Fiebers in ihren Augen und gab eine Antwort, die ihr gefallen musste.
»Überall, wenn du willst. Aber ich werde mit deinem Mund beginnen, das kann ich dir verraten.«
»Bitte, zieh dich aus, Attila.«
»Gut, es ist mir sowieso zu warm.«
»Ja, und dann komm endlich…«
Sie schaute zu, wie sich ihr Lover von der Couch erhob. Er blieb stehen, schaute auf sie nieder und zog den Reißverschluss nach unten. Wenig später rutschte das Gewand von seinen Schultern und fiel in sich zusammen.
Nora stöhnte auf, und ihre Augen weiteten sich, als sie auf eine bestimmte Stelle des Körpers schaute.
»Zufrieden?« fragte er.
Sie nickte.
Caine streckte Nora seine Hände entgegen. Sie griff schnell zu und ließ sich von ihm in die Höhe ziehen.
»Und jetzt?« fragte sie.
»Du wirst es erleben, warte nur ab…«
***
Wir waren mit Janes Golf gefahren, der mit einer Klimaanlage ausgerüstet war, denn es war heiß und stickig in der Stadt.
Die Schwüle lag wie ein feuchtes Tuch über dem Häusermeer.
Jane hatte mich ein paar Mal gefragt, ob ich wirklich nicht sauer war, weil sie mir den Feierabend verdorben hatte, und ich beruhigte sie, dass es nicht stimmte.
»Ich bin wirklich nicht sauer. Und da ich mich ebenfalls auf meinen Riecher verlassen kann, erwarte ich das auch von anderen Menschen. Besonders von dir.«
»Ach, wie kommst du denn darauf?«
»Nun ja, du bist nicht irgendjemand.«
»Sondern?«
»Denk an das, was in dir steckt.«
»Die latenten Hexenkräfte. Hast du an sie gedacht?«
»Genau.«
»Sie sind verschüttet.«
Ich wiegte den Kopf. »Bist du dir sicher, dass sie für immer verschüttet sind?«
»Nein, das bin ich mir nicht.«
»Sie können demnach jeden Augenblick wieder zum Vorschein treten.«
Jane lachte mich vom Fahrersitz aus an. »Möchtest du das denn?«
»Damit habe ich mich noch nie beschäftigt.«
»Ich auch nicht. Aber«, so fügte sie hinzu, »es ist schon eine interessante Kombination, wer im Haus der toten Sarah Goldwyn wohnt. Eine Vampirin namens Justine Cavallo und eine Hexe. Das hört sich richtig interessant an.«
»Wie du meinst.«
»Egal.« Sie winkte ab. »Jetzt sollten wir uns auf das konzentrieren, was vor uns liegt.«
»Genau.«
Weit hatten wir es nicht mehr. Wir fuhren bereits auf der Connaught Street, die direkt bis zum Hyde Park Square führte, wo sich unser Ziel befand.
Die Nähe des Hyde Parks war zu spüren. Bei diesem Wetter
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