1467 - Landhaus der Leiden
förmlich, wie ihr Gesicht rot anlief.
Der Mann grinste nicht, in seinem Gesicht lebte nichts. Nur die Augen wirkten wie schwarze Kreise, und sie hoben sich deutlich vom Grün der Haut ab.
Unter dem grauen langen Hemd zeichneten sich breite, eckige Schultern ab. Eine ebenfalls graue lange Hose verdeckte seine Beine, und darunter waren die klobigen Schuhe zu sehen. Als Ruth dies feststellte, zuckte ein Gedanke durch ihren Kopf.
Das war der Mann aus dem Haus! Er hatte die Spuren hinterlassen. Es gab für sie keinen Zweifel.
Die Gestalt schaute sie mit einem Blick an, als wollte sie ihr in der nächsten Sekunde den Tod bringen.
Ruth Robertson war nicht auf den Kopf gefallen und immer mit dem Mundwerk schnell dabei. In diesem Fall versagte es. Sie war nicht in der Lage, etwas zu sagen, und sie reagierte auch nicht, als der Fremde den rechten Arm hob.
Die gefährliche Bewegung kam ihr einfach nur unwirklich vor. Sie hatte den Eindruck, sich in einem Film zu befinden, und das dachte sie noch, als der Green Man zuschlug.
Ein rasender Schmerz am Kopf raubte ihr von einer Sekunde auf die andere das Bewusstsein. Sie brach zusammen. Dabei fiel sie noch gegen das Heck des Wagens, das sie nicht auffangen konnte. Gekrümmt blieb sie auf dem Boden liegen, die halbe Stirn von der Kante des Steins aufgerissen.
Der Green Man war zufrieden. Er bewegte sich langsam und zielstrebig. Er packte die tote Frau auf den Beifahrersitz. Dann setzte er sich hinter das Steuer. Der Zündschlüssel steckte im Schloss.
Auch vor fünfzig Jahren hatte es schon Autos gegeben, und er wusste, wie er sie bedienen konnte. Zudem war der alte Renault noch ein Fahrzeug, das recht einfach zu bedienen war. Da gab es keine Wegfahrsperre oder Ähnliches.
Er startete.
Mit dem Schalten bekam er seine Probleme, aber er kriegte es auch in den Griff.
Holpernd setzte sich der Wagen in Bewegung. Er kannte die Stellen außerhalb der Straße, die trocken waren. Er musste nur tief genug ins Gelände hinein, um dann einen anderen Weg einschlagen zu können, der ihn dorthin führte, wo die Erde zu einem Schwamm wurde und alles in sich hineinsaugte.
Der Mörder fuhr den Wagen in den Sumpf, stieg dann aus und schaute zu, wie er nach vorn kippte. Es machte ihm Spaß, den schmatzenden und gurgelnden Lauten zuzuhören.
Erst als er sicher war, dass vom Auto nichts mehr zu sehen war, drehte er sich um und ging davon.
Keiner, aber auch gar keiner sollte sein Haus betreten, wenn er es nicht wollte. Diese Zeit war vorbei, denn jetzt hatte ihn die Welt wieder zurück…
***
»Schmeckt der Spargel gut?«
Laurie Spencer hörte die Frage ihres Freundes, schaute kurz hoch und schloss für einen Moment die Augen. »Er ist göttlich. Er ist gut geschält. Er ist zart. Ich hätte dieses Gericht in diesem Lokal nicht erwartet, wo wir hier doch am Arm der Welt sind.«
»Toll!« Ray Malik lächelte. »Genau deshalb wollte ich hier einen Stopp einlegen.«
Laurie schaute ihren Geliebten an. »Vor allen Dingen mit dem geräucherten Lachs als Beilage ist es fantastisch. Hinzu kommt noch die Soße. Alles bestens.«
»So habe ich es mir vorgestellt.« Malik grinste zufrieden, als er sich zurücklehnte. »Es ist der perfekte Einstieg in unseren Kurzurlaub. Besser kann es nicht anfangen.«
»Das meine ich auch.« Laurie aß noch die letzten Spargelstangen und glitt mit ihrem Stuhl zurück. So konnte Ray sie besser betrachten, was er auch tat.
Wenn es irgendein Vorurteil gibt über die blonde Geliebte, dann traf dies absolut auf Laurie Spencer zu. Sie war Mitte zwanzig und hatte einen operierten Busen, der eigentlich viel zu groß für ihre recht kleine Gestalt war. Den Schmollmund gab es ebenfalls bei ihr, und zudem zog sie sich an wie Pamela Anderson, die ihr Vorbild war. Hautenge Hosen und trikotähnliche Shirts. Hauptsache, immer sehr eng.
Auch an diesem Tag hatte sie sich für diese Art Kleidung entschieden. Die enge Hose ganz in Weiß und das Oberteil in einem hellen Rot. Natürlich fehlten auch die hochhackigen Schuhe nicht, die sie ein ganzes Stück größer machten.
Ray Malik war sofort auf sie abgefahren. Er arbeitete als Repräsentant für verschiedene Firmen aus dem Bäckereigewerbe und war deshalb viel unterwegs. Dass zu Hause eine Frau und zwei Kinder auf ihn warteten, störte ihn nicht. Seiner Familie ging es finanziell gut, und so konnte er das Leben führen, das er wollte.
Er war sicher, dass seine Frau von seinen Eskapaden nichts ahnte.
Und wenn, hatte sie ihn
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