1467 - Landhaus der Leiden
noch nie darauf angesprochen. Manchmal hatte er den Eindruck, dass es ihr egal sein würde, wenn er es mit anderen trieb, und sie nur ihr bequemes, sorgenfreies Leben führen konnte.
»Wie weit müssen wir noch fahren?«
Malik winkte ab. »Nicht mehr so weit. In einer knappen Stunde sind wir da. Das Problem ist, dass wir viel über Land fahren müssen, sonst ginge es schneller.«
»Toll.« Die Blondine zog ihre Lippen mit dem roten Glanzstift nach. »Und was passiert dann?«
»Das weißt du doch. Nur wir beide.«
»Keine Action?«
»Die machen wir uns schon.«
»Steht das Haus denn wirklich so einsam?« fragte sie.
Er nickte. »Ja, es steht verdammt einsam, das kannst du mir glauben. Aber ich habe dir das Bild aus dem Prospekt gezeigt oder nicht?«
»Das habe ich wieder vergessen.«
»Ist auch nicht schlimm«, murmelte er, »du hast es eben woanders, und das ist besser.«
»Danke.«
Ray Malik blickte sich um. Sie saßen im Wintergarten des Lokals, dessen Glasdach durch das Geäst von Bäumen geschützt wurde. So war es nicht zu heiß, und es drangen auch keine grellen Sonnenstrahlen ins Innere. Um diese Zeit waren nur drei weitere Tische besetzt. Der große Betrieb fing erst am Abend an.
Schräg hinter ihnen saß eine Frau. Sie hatte etwas gegessen und beschäftigte sich jetzt mit irgendwelchen Unterlagen, in denen sie blätterte. Sie schaute kaum hoch, und mit der Brille auf der Nase sah sie aus wie eine Lehrerin, die dabei war, die Arbeiten ihrer Schüler durchzusehen. Die Brille, die sie trug, war sehr dominant. Wenn sie das Ding absetzte, sah sie bestimmt attraktiver aus. Dafür hatte Ray Malik einen Blick.
Er war der Typ Charmeur und Frauenversteher. Leicht ergraut, mit einem immer sonnenbraunen Gesicht, die 40 knapp hinter sich, aber immer gut drauf. Das war das, auf das eine bestimmte Sorte Frauen flog. Ein paar Abenteuer erleben, aber nicht die Sicherheit dabei verlieren. Genau das waren ihre Ziele.
Malik kannte sich da aus. Dass es zwischen ihm und Laurie Spencer keine Liebe war, stand fest. Es ging bei ihnen um den reinen Sex. Besonders bei ihm, denn bisher hatte er die Blondine nur einmal ins Bett bekommen, und das auch nur für eine kurze Nummer.
Die paar Tage im Landhaus sollten das ändern. So einsam es auch stand und so schmucklos es auch von außen aussah, das Innere war toll gestaltet. Da fehlte es an nichts, abgesehen von einem der großen Flachbildschirme. Aber man konnte nicht alles haben.
Laurie trank ihren Wein bis auf den letzten Tropfen. Dann reckte sie sich. »Können wir?«
»Ich bin bereit.«
Laurie gähnte. »Am liebsten würde ich mich jetzt lang legen. Zwei Stunden schlafen und…«
»… ins Bett«, vollendete Ray.
»Genau. Du hast es erfasst.«
»Warte erst mal ab. Wir werden noch Spaß genug haben.« Er drehte sich nach rechts, weil er die Bedienung gesehen hatte. Sie stand am Tisch mit der Einzelperson und kassierte. Malik meldete sich mit einem kurzen Ruf und bat ebenfalls um die Rechnung.
»Ich bin gleich bei Ihnen.«
»Okay.«
Laurie blinzelte ihren Freund an. »Was machen wir denn zuerst, wenn wir am Ziel sind?«
»Mal sehen.«
»Schaust du Fußball?«
Er lachte. »Ach ja, die WM.« Dann schüttelte er den Kopf. »Nein, ich denke, dass ich darauf verzichten kann. Ich bin zwar ein Fan, aber nur, wenn es sich ergibt und wenn nicht andere Dinge wichtiger sind.«
»So wie ich?« säuselte sie.
»Du hast es erfasst.«
»Dann werde ich dich auch nicht enttäuschen.«
»Das hoffe ich doch.«
Die Bedienung kam, und Malik reichte ihr die Kreditkarte. Dabei schaute er an ihr vorbei und blickte der Brillenträgerin nach, die den Wintergarten verließ. Er konnte sich vorstellen, dass in ihrem Innern ein Vulkan loderte.
Wenig später war die Quittung unterschrieben. Laurie und ihr Geliebter erwähnten noch, wie gut es ihnen gemundet hatte, dann verließen auch sie das Lokal.
Die Bedienung, eine Frau in mittleren Jahren und adrett gekleidet, schaute ihnen nur kopfschüttelnd nach. Allerdings war sie es gewohnt, dass so mancher Ehemann mit seiner Freundin hier etwas aß. Das Haus lag wirklich abseits. Hier waren die Gäste ungestört.
Draußen stand Maliks Wagen. Ein Volvo Kombi. Sie stiegen ein und Laurie fragte: »Was hast du gesagt? Noch knapp eine Stunde?«
»Ja.«
»Dann kann ich ja die Augen schließen.«
»Kannst du.« Er grinste. »Ich wusste gar nicht, dass du so müde bist, meine Liebe.«
»Nach einen guten Essen immer. Aber wenn ich wach werde,
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