1469 - Der Köpfer holt sie alle!
Eltern mitleiden.«
Jeb Abel hatte sich gefasst. Sein sonst so sonnenbraunes Gesicht war bleich geworden. Mit seinen Jahren stand er in der besten Zeit seines Lebens. Mitscharf klingender Stimme sagte er: »Ja, wir kennen dich! Du bist der Mörder unserer Tochter. Du hast einen unschuldigen Menschen regelrecht niedergemäht. Wie hätten wir dich vergessen können?«
»Ho, das war gut, Abel. Das war richtig gut. Ich gratuliere dir!« höhnte der Killer. »Aber du hast etwas vergessen, uns allen hier zu sagen. Du hast einen Fehler begangen, den ich dir verzeihe, weil du es nicht besser weißt. Klar, ich habe eure Tochter gekillt. Sie stand einfach zu günstig für mich. Aber ich habe euch noch etwas mitzuteilen. Es ist nicht bei eurer Tochter geblieben. Ich war bei euch im Haus. Ratet mal, wen ich dort antraf!«
»Nein!« Das Wort drang als spitzer, schriller Schrei aus dem Mund Greta Abels.
»Doch!« Der Mörder lachte böse. »Doch, es ist die reine Wahrheit. Ich traf zwei Männer an, die Brüder der Toten. Sie sind extra gekommen, um bei diesem Termin dabei zu sein. Es ist perfekt gewesen, ich konnte mich austoben, denn sie zeigten sich nicht sehr kooperativ. Jetzt hat einer von ihnen sein Leben verloren. Das Messer aus eurer Küche steckt noch immer in seiner Kehle.«
Es war still geworden. Beinahe totenstill. Das Entsetzen hielt die Menschen umfangen.
Ein Toter war zurückgekehrt und sprach voller Triumph von einem schrecklichen Mord.
Jeb Abel wusste, dass er und seine Frau angesprochen worden waren, und er fühlte sich bemüßigt, eine Frage zu stellen, auch wenn ihm das schwer fiel.
»Wer ist tot?«
»Brian, glaube ich. Oder ist es Tom? Egal, einer von ihnen lebt nicht mehr.«
Jeb wunderte sich selbst über seine schrille Frage, die ihm über die Lippen rutschte.
»Und was ist mit seinem Bruder? Warum hast du ihn nicht auch aus dem Weg geräumt?«
»Nun ja, es kam mir etwas dazwischen. Aber dieses Problem werde ich auch noch lösen.«
Greta Abel hatte sich in den vergangenen Sekunden zwar nicht gefangen, aber sie war so weit bei Sinnen, dass auch sie sprechen konnte. »Du bist tot, du verfluchter Mörder! Du kannst nicht Eric Walcott sein! Das ist unmöglich!«
»Ich bin es aber!«
»Nein, wer einmal tot ist, der bleibt es auch.«
»Willst du mich anfassen?«
Zu aller Überraschung antwortete die Frau mit einem kräftigen:
»Ja, ich will es!«
Jeb zuckte zusammen. »Bitte, Greta, das kannst du nicht tun! Das ist verrückt. Du…«
»Ich muss es, Jeb! Ich kann nicht anders.«
Walcott lachte. »Sehr gut. Lass deine Frau. Sie soll mich anfassen, aber sie soll sich davor hüten, mir die Waffe wegnehmen zu wollen. Da kenne ich kein Pardon, und sie wird nicht als Tote zurückkehren wie es mir möglich gewesen ist.«
Jeb Abel wollte seine Frau noch zurückhalten, aber er hatte nicht mehr die Kraft.
Und so musste er zusammen mit den anderen Menschen zuschauen, wie seine Frau auf den Mörder Walcott zuging. Da er vor dem Altar stand, gab es nichts Trennendes zwischen ihnen.
Natürlich war auch Greta Abel nervös wie nie zuvor. Sie wusste, dass sie mit ihrem Leben spielte, aber sie brauchte einfach die Gewissheit, sonst würde sie nie mehr Ruhe finden können. Sie hatte öfter davon geträumt und gesponnen, dass beim Tod ihrer Tochter nicht alles mit rechten Dingen zugegangen war und dass andere Mächte ihre Hände mit ihm Spiel gehabt hatten. In ruhigen Minuten hatte sie manchmal den Eindruck gehabt, als stünde ihre Tochter dicht neben ihr.
Mit ihrem Mann hatte sie darüber nicht gesprochen, der hätte ihr ebenso wenig geglaubt wie auch die anderen Menschen in ihrer Umgebung. Nun glaubte sie fest daran, der Wahrheit ein Stück näher kommen zu können.
Greta schaute die Gestalt an. Für sie war sie so etwas wie ein Stück sichtbarer Hölle. Aber sie roch nichts. Es war alles so neutral. In manchen Geschichten hatte sie von Schwefelgasen gelesen, die den Teufel umwallten und die Hölle zu einem Ort machten, in dem die Menschen ersticken konnten.
Nichts davon war hier zu spüren!
Greta gab nicht auf. Sie hatte es auch innerlich akzeptiert, dass sie dem Mörder ihrer Tochter gegenüberstand, obwohl sie keine Erklärung dafür hatte, aber sie besaß auch den Mut, um ihm in die Augen schauen zu können.
Der Blick in Mörderaugen. Greta wollte sehen, ob das Böse darin lauerte. Dass auch einer ihrer Söhne durch die Hand des Mörders gestorben war, das hatte sie verdrängt. Sie sah nur diese
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