1469 - Der Köpfer holt sie alle!
Ihr steht da wirklich gut. Wie ein Liebespaar, das sich umschlungen hält. Alles ist perfekt.«
Er lachte kurz und scharf, dann änderte er sein Verhalten radikal.
Er trat zurück, schwenkte seine Waffe über dem Kopf, schlug so einen Kreis und ließ sie wieder sinken.
»Ihr alle habt gesehen, wer ich bin. Ich bin tot und lebe trotzdem. Der Teufel hat mich auf den Weg zurückgeschickt. Oder wer immer es auch gewesen sein mag. Ich bin ihm dankbar, und ich werde ihm meine Dankbarkeit beweisen. Diese Kirche wird euer Grab werden. Ich habe genügend Munition, um euch zu vernichten. Ein zweiter Amoklauf steht dicht bevor, und diesmal wird mich niemand stoppen.«
Er schwenkte die Maschinenpistole diesmal im Halbkreis, als wollte er eine riesige Banane nachzeichnen. Dann übernahm er wieder das Wort.
»Zuerst werde ich mir die Abels vornehmen. Eine kurze Salve reicht aus, und beide sind tot. Danach werde ich euch durch die Kirche jagen wie die Hasen, und meine Geschosse werden schneller sein als ihr. So schnell könnt ihr gar nicht laufen…«
Er legte eine Pause ein. Er hatte sich durch diese Worte selbst aufgeputscht. In seinen Augen lag ein Leuchten, dessen Glanz schon an Wahnsinn erinnerte.
Einen Satz fügte er noch hinzu.
»Ab jetzt regiert der Tod!«
***
Marietta Abel lag auf dem Boden. Sie hatte es tun müssen, um nicht entdeckt zu werden. Zu oft waren die Blicke des Killers durch den Kirchenraum gezuckt, weil er nach irgendwelchen Feinden gesucht hatte. Gesehen worden war Marietta nicht, und er hatte sie auch nicht gespürt.
Sie hatte sich weiterhin dem Altar genähert und war dabei nur gekrochen.
Sie hatte alles hören können, was der Killer sagte. Es war verdammt nicht leicht gewesen, dies zu verkraften, doch sie wusste auch, dass sie noch nicht eingreifen konnte. Das Risiko war einfach zu groß, obwohl es sie schmerzte, wie sehr ihre Eltern und die anderen Menschen litten.
Der Pfarrer lag lang ausgestreckt auf dem Altar. Er würde nicht eingreifen können, und die anderen Menschen standen alle wie erstarrt. Eine falsche Bewegung von irgendeinem, und Walcott würde abdrücken.
Marietta kroch weiter. Sie verursachte kein einziges Geräusch. Sie brauchte nicht zu atmen, sie war ein Gespenst und trotzdem auf irgendeine Art und Weise körperlich.
Es war wichtig, dass sie von keinem gesehen wurde. Nur dann würde es ihr gelingen, eine bestimmte Ausgangsposition zu erreichen, aus der sie würde eingreifen können.
Sie erreichte das Ende der aus Stühlen gebildeten Reihen. Da sie sich im Schatten der Kirchenwand hielt, hätte man schon Argusaugen haben müssen, um sie zu entdecken. Es kam ihr zugute, dass Walcott das Gesetz des Handelns an sich gerissen hatte und die Aufmerksamkeit aller auf sich zog.
Wenig später befand sie sich bereits jenseits des Altars, und Marietta hörte, dass sich die Lage zuspitzte. Es machte sie fast krank, dass ihre Eltern dabei im Mittelpunkt standen. Sie wunderte sich nicht mal darüber, dass sie die gleichen Gefühle erlebte wie als normaler Mensch.
Dass es problematisch werden würde, hinter den Altar zu gelangen, das wusste sie. Denn um ihn zu erreichen, musste sie über eine freie Fläche gleiten.
Ohne zu überlegen, huschte sie blitzschnell hinüber. Auch jetzt war kein Laut zu hören, und Walcott war zu sehr mit seinen eigenen Plänen beschäftigt, die er seinen Zuhörern mitteilte. Er führte sich als der große Zampano auf.
Er war jemand, der sich freute, wenn andere starben. Das erklärte er ihnen wieder.
Marietta erreichte ungesehen den Altar. Er bestand nur aus einer Platte, die auf einem Sockel stand. Man konnte durchaus unter der Platte herschauen, und es wäre kein Problem gewesen, sie zu entdecken.
Doch alle hatten nur einen im Auge.
Eric Walcott!
Der Killer bildete nach wie vor den Mittelpunkt, und darauf setzte Marietta auch weiterhin.
Selbst der auf dem Altar liegende Pfarrer sah sie nicht. Er lag auf der Seite und hielt beide Hände gegen das Gesicht gepresst. Der Mann hatte aufgegeben.
Marietta machte ihm keinen Vorwurf. Was sich hier abspielte und noch abspielen würde, war mehr, als ein Mensch verkraften konnte.
Es war der lebende Beweis dafür, dass zwei Welten nebeneinander existieren konnten. Aber wehe, sie kamen sich einander näher, dann waren sie wie Feuer und Wasser.
Walcott hielt seine letzte Rede. Er gab seine schlimmen Versprechen ab. Marietta hörte gut zu. Sie brauchte nicht lange nachzudenken, um sich gewisse Dinge
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