1469 - Impulse des Todes
der oberen Schleuse bereit. „Wo willst du hin?" schrie ihn jemand an, der mit einer Waffe an der Schleuse stand. „Hinaus. Und zwar sehr plötzlich." Der Spezialist beschleunigte sein Gefährt, und der Wachtposten mußte sich mit einern gewaltigen Satz in Sicherheit bringen. Er schickte ein paar derbe Flüche hinterher, aber Sipebo hörte diese schon nicht mehr. Er kannte die Umgebung genau, und sein Ziel ebenfalls.
Dieses erreichte er in weniger als einer Minute. Seinen Blicken bot sich ein verwirrendes Bild. Ein etwa fünf Meter durchmessender Krater am Waldrand zeugte von der Explosion, die in der obersten Ebene des Stützpunkts stattgefunden haben mußte. Im Umkreis von mehreren Metern waren die Bäume abgeknickt worden und teilweise mit Erdmassen in die entstandene Öffnung gestürzt. Über die Unglücksstelle wölbte sich ein rötlicher Energieschirm. Urban Sipebo erkannte an der Farbe, daß dieser zu den zusätzlichen Sicherungsmaßnahmen der Gefangenenunterkunft gehörte.
An eine Flucht der Cantaro war also nicht zu denken, es sei denn, diese waren schon vorher entwichen.
Dafür gab es aber keine Anzeichen. Im Gegenteil, es war nicht vorstellbar, daß die Droiden mit ihrem gehemmten Bewegungsmechanismus aus der Tiefe an die Oberfläche hatten gelangen können.
Von Nobby entdeckte er zunächst nichts. Erst als er den Krater ein zweites Mal umrundete, gewahrte er den Körper des Jungen zwischen gesplitterten Ästen und Erdbrocken ganz dicht am Rand des Schlundes.
Das Herz blieb Urban Sipebo fast stehen, denn Nobby gab kein Lebenszeichen von sich. Das Gesicht war von dichten Zweigen verdeckt. Es sah so aus, als würde der reglose Leib jeden Augenblick in die Tiefe rutschen.
Ein Stöhnen kam über die Lippen des hageren Mannes, der plötzlich von Panik und Hilflosigkeit befallen wurde.
Das rötliche Sicherungsfeld konnte er nicht durchfliegen. Es enthielt Paratronkomponenten und war absolut undurchlässig für jegliche Materie. Sipebo mußte sich mit der zentralen Syntronik des Stützpunkts in Verbindung setzen, denn von dort wurden diese Energiefelder gesteuert.
Er benutzte dazu die Funkeinrichtung des Robotgleiters. Ein Signal setzte ihn auf die Warteposition. Die Syntronik hatte im Augenblick vordringlichere Aufgaben übernommen und war für Aufträge minderer Bedeutung nicht sofort verfugbar. Sipebo stieß einen Fluch aus.
Seine Frau tauchte seitlich auf einem Trampelpfad auf und hielt auf den Gleiter zu. Sipebo landete das Gefährt. Er drückte Mara kurz an sich und berichtete dann von seinen Beobachtungen. Weiter unten am Hang hastete auch Youhami Sipebo heran. „Lebt der Junge?" wollte seine Frau wissen. „Ich weiß es nicht." Sipebo knirschte mit den Zähnen. „Ich warte auf eine Verbindung zum Hauptsyntron, damit dieser das verflixte Energiefeld abschaltet. Da komme ich von hier nicht durch. Im Stützpunkt scheint die Explosion einige Verwirrung verursacht zu haben."
Endlich kam die Klarmeldung aus dem Funkgerät. Urban Sipebo brauchte nur wenige Sekunden, um der Syntronik die Notlage zu verdeutlichen. Im Stützpunkt hatten zwar ein Einsatzleiter des Katastrophenschutzes und inzwischen auch Sato Ambush der Syntronik wegen der noch unklaren Lage Vorbehalte für eigenständige Maßnahmen auferlegt. In diesem Fall, wo es um ein Menschenleben ging, beachtete der zentrale Hauptcomputer diese aber nicht.
Das Energiefeld wurde in diesem Abschnitt desaktiviert.
Sekunden später hatte Urban Sipebo die Trümmer vom Körper seines Sohnes entfernt und diesen aufgenommen. Neben Nobby steckte ein zermalmtes Stück Olifants im Boden. Damit war dem Spezialisten klar, daß die Explosion den syntronischen Spielgefährten des Jungen zerstört haben mußte. „Er atmet relativ gleichmäßig", erklärte er erleichtert seiner Frau. „Bewußtios, aber ein paar schwere Verletzungen. Komm, wir bringen ihn ins Medocenter. Der Syntron kann das Energiefeld wieder aufbauen. Hier haben wir nichts mehr verloren."
Nobbys Schwester Youhami stand mit betretener Miene daneben und weinte um ihren jüngeren Bruder.
Mehr als eine Stunde später hatte sich die verwirrende Lage weitgehend geklärt. Der Anoree Degruum war aus seiner mißlichen Lage in den zusätzlich errichteten Energiesperren befreit worden. Die gefangenen Cantaro hatten sich ruhig verhalten und waren in ihren Räumen verschwunden. Zu dem schweren Zwischenfall wollten sie sich nicht äußern.
Die Untersuchungsergebnisse mehrerer Einsatzkommandos lagen nun
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