1469 - Impulse des Todes
Geschichte hatte einen weiteren Haken. Die drei Anoree bemühten sich zwar auch weiterhin intensiv um Kontakt und Vertrauen zu den Gefangenen, und die Erfolge waren bekanntermaßen dürftig. Shoudar hingegen behandelten die Droiden wie einen Verräter. Sie taten, als sei er Luft.
Degruum mußte also mühsam einzelne Informationen gewinnen und diese dann mit den Aussagen Shoudars vergleichen und alles zusammen von den Syntroniken bewerten lassen. Das hörte sich einfacher an, als es war. Vor allem erforderte es eine ganze Menge Zeit, und es enthielt viele Unsicherheiten.
Diese wollte Sato Ambush nach und nach durch das Experiment SM-RO-DIGAR so reduzieren, daß klare Fakten erkennbar werden konnten. Was er sich genau darunter vorstellte, erklärte er den wichtigsten Mitarbeitern am dritten Tag nach der Explosion. Zu diesem Zeitpunkt hatte das Roboterteam um SAME bereits seine Arbeiten beendet und alle Fragmente aus dem Explosionsgebiet in den Laborraum geschafft. Hier war die VA-Parasyntronik bereits fleißig beim Testen, Sortieren und Integrieren des Materials. „Das Experiment >Simulationsmodell-RODIGAR<", erklärte der Wissenschaftler, „dient der Erforschung des Mechanismus von Leben und Tod der Cantaro. Jawohl, ich sage Leben, obwohl wir bisher nur von einem Todesimpuls gesprochen haben. Ich habe eine Theorie aus pararealer Sicht aufgestellt, die durchaus völlig falsch sein kann. Das Experiment soll unter anderem zeigen, ob diese Theorie in irgendeiner Form zutrifft."
Er blickte seine Zuhörer an, die ihn anstarrten, ohne zu reagieren. Er machte eine Pause, bevor er fortfuhr: „Ich nehme einmal an, daß ein Cantaro nicht nur getötet werden kann, wenn ein bestimmtes Signal seinen Körper erreicht - der Todesimpuls. Ich gehe in der Theorie einen Schritt weiter. Ich nehme an, daß ein Cantaro auch dann stirbt, wenn er nicht in bestimmten, noch genau herauszufmdenden zeitlichen Abständen ein Signal empfängt, das ihn am Leben erhält - den Lebensimpuls."
Diesmal unterbrachen ihn mehrere kurze Rufe, die das Erstaunen seiner Mitarbeiter ausdrückten. „Jede vernünftige Alarmanlage arbeitet nach einem ähnlichen Prinzip." Ambush hob seine Stimme ein wenig, und sofort wurde es still. „Sie sendet nicht nur eine Warnung, wenn etwas Außergewöhnliches passiert. Sie schlägt bei der kontrollierenden Zentralstelle des Systems auch dann Alarm, wenn die Sensoren nicht in exakt definierten Zeitabständen eine Klarmeldung übermitteln."
Urban Sipebo wußte, wie recht Ambush damit hatte, denn so war er ja auf das Unglück aufmerksam geworden, das Nobby widerfahren war. Von Olifant, der durch die Explosion zerstört worden war, war keine „Klarmeldung" mehr gekommen. Der Spezialist blickte kurz auf seinen Arm, wo das Multigerät befestigt war. Diese Meldefunktion Olifants besaß es nun ja nicht mehr. „Es gibt Beispiele seit Urzeiten", trug unterdessen Sato Ambush weiter vor, „in denen Personen an wichtigen Plätzen oder in entscheidenden Funktionen, wie die Führer von Transportsystemen oder Wachtdienste in brisanten Anlagen, regelmäßig ein Signal an eine zentrale Stelle abgeben mußten, um zu zeigen, daß sie ihre Aufgaben voll wahrnahmen. Blieb eine solche Meldung zeitgerecht aus, so löste dies Alarm aus oder veranlaßte eine entsprechende Vorsichtsmaßnahme wie das Abbremsen eines Zuges oder das Schließen von Sicherungsgittern. Ähnlich stelle ich mir das Leben der Cantaro vor. Wenn sie nicht in bestimmten Zeitabständen ihren Lebensimpuls empfangen, sterben sie."
„Eine gute Theorie", rief jemand dazwischen. „Nur gibt es leider nicht den geringsten Hinweis für ihre Stichhaltigkeit."
„Falsch!" konterte Ambush. „Wer das nachliest, was wir über den ersten gefangenen Cantaro in Erfahrung gebracht haben, muß meiner Theorie zustimmen. Ich spreche von Daarshol und den Ereignissen auf Phönix nach seiner Gefangennahme. Wem das zu umständlich mit dem Nachlesen ist, dem sei gesagt, daß Daarshol behauptete, er müsse in absehbarer Zeit in die Milchstraße zurück, weil er sonst sterben werde."
„Wir sind in der Milchstraße", sagte der Widder, der zuvor seine Bedenken lautstark angemeldet hatte. „Und Rodigar ist gestorben! Da sehe ich keine Logik."
„Zugegeben, wir stehen am Anfang", räumte Sato Ambush ein. „Auch will ich hier nicht diese Theorie ausdiskutieren. Ihr wißt zumindest, daß dle Energiefelder um den Wohntrakt der Cantaro keine Signale der Art des Todesimpulses passieren lassen.
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