147 - Hinter der Totenmaske
ich die Maske
abnehme, werde ich wieder zu Hause sein in meiner Wohnung und über die Bilder
nachdenken, die ich gesehen habe. Nichts ist wirklich... nichts !«
Er
wiederholte diese Worte mehrere Male, als müsse er sie sich mit Gewalt
einreden, um sich selbst damit zu überzeugen.
»Du irrst!
Doch - was ist ein Irrtum in dieser kleinen Welt? Wir werden dich bekommen. Am
Ende der Jagd wirst du in unseren Netzen zappeln .«
»Lüge! Ihr
wollt mich ängstigen... Mehr könnt ihr nicht... ich bin euch überlegen, weil es
mir gelungen ist, die Maske an mich zu nehmen* Ich habe sie im Jenseits
gestohlen, und ihr wollt sie zurückhaben. Ihr meint, ihr seid die Herren der
Maske. Doch ich habe euch eines Besseres belehrt...«
Hordegen war
erstaunt, wie leicht es ihm fiel, so zu antworten. »Bis zu dieser Stunde seid
ihr mir den Beweis schuldig geblieben .«
»Und die
anderen, die dich in der letzten Nacht verfolgten, Walter Hordegen? Hast du sie
vergessen ?«
»Nein!
Vergessen nicht... Ich habe sogar sehr intensiv über sie nachgedacht und mir
alles gemerkt .«
»Und - zu
welchem Schluß bist du gekommen ?« Die Stimme des
Unheimlichen klang dumpf, guttural. Hordegen atmete die Ausdünstungen eines
scharf riechenden Körpers.
»Tagträume.
Es sind die Nachwirkungen, die die Bilder in meinem Bewußtsein projizieren .«
Dunkel und
bedrohlich klang das Lachen aus dem Maul des Widerlichen. »Sind Dinge, die in
der Nacht passieren, Tagträume? Tagsüber trägst du die Maske und siehst uns. In
der Nacht aber können wir von nun an zu dir kommen und unsere Rache an dir
auslassen. Es sind keine Träume . . .«
»Für mich
sind es welche. Und solange ich davon überzeugt bin, kann mir nichts geschehen .«
»Nun - ich
kann den Beweis antreten«, sagte der andere, ohne auf die letzte Bemerkung
einzugehen.
»Welchen
Beweis willst du erbringen? Wie soll der aussehen ?«
»Laß dich
überraschen ... dies ist ein Teil des Reiches, in das die Toten eingehen.
Jeden, der diesen Bezirk auf gesucht hat - ob als Neugieriger, oder um hier zu
bleiben - kannst du jederzeit rufen. Verstorbene, die du kennst, deren Namen zu
weißt - ruf’ sie, und sie werden erscheinen !«
Walter
Hordegen machte mit der Totenmaske eine neue Erfahrung.
Erregung
packte ihn.
Er dachte an
seinen Vater. Der war vor knapp zwanzig Jahren überraschend gestorben. Er
führte ein wildes, ausschweifendes Leben, vernachlässigte die Familie und
betrog seine Frau, die schließlich nur wenige Jahre nach seinem Tod aus Gram
über das verpfuschte Leben folgte.
Walter
Hordegen war damals fünfzehn gewesen. Nun war er ein Mann von fünfunddreißig.
Manche
Dinge, die er seinem Vater in wildem Haß entgegengeschleudert hatte - in den
Jahren danach, als er zum Mann gereift war, hatte er begonnen, sie nochmal zu
überdenken und war zu einem anderen Schluß gekommen.
Er fing an,
das seltsame Doppelleben seines Vaters zu begreifen und in mancher Hinsicht
sogar zu entschuldigen, was für einen Außenstehenden, rätselhaft erscheinen
mochte.
' »Die Maske
vermag mehr als das, was du bisher durch sie erkannt hast«, hörte er die
dunkle, grollende Stimme des Unheimlichen. »Merke gut, was ich dir sage !... «
Doch
Hordegen hörte schon nicht mehr richtig hin. Der Gedanke, etwas zu unternehmen,
was einem Menschen normalerweise verschlossen war, verlieh ihm plötzlich Kraft
und Auftrieb, wie er sie aus seinen besten Zeiten kannte.
Mit unstetem
Blick suchte er die schaurige Umgebung ab.
Hier
irgendwo sollten jene Menschen sein, die gestorben waren? Dieses Land war Teil
des Totenreiches, war Teil der Hölle für diejenigen, die es weder aus eigener
Kraft, noch durch die Hilfe anderer geschafft hatten, einen anderen Bezirk
aufzusuchen, an dem sich ihre Weiterentwicklung, ihre Läuterung fortsetzte.
»Es genügt,
wenn du an den denkst, den du sehen möchtest, und er wird erscheinen. Du kannst
sogar einen Schritt weitergehen«, sagte der im Boot. »Wen immer du „drüben“ bei
dir im Land der Lebenden haben möchtest - du kannst ihn mitnehmen. Für Stunden.
In diesem Fall müßtest du jedoch in der gleichen Zeit hier Zurückbleiben ...«
Ein leises
Lachen folgte den Worten.
Vater!
dachte Hordegen. Ich möchte dich sehen ... mit dir sprechen ... es gibt so
viel, worüber wir nicht mehr reden konnten ... und ...
Da sah er
die schattenhafte Erscheinung links im Blickfeld.
Walter
Hordegen wandte den Kopf - das heißt, er glaubte, den Kopf zu drehen. In
Wirklichkeit war es
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