147 - Hinter der Totenmaske
Hintergrund waren Rumoren und laute Musik zu hören.
»Hier
ist.... Walter, Milan«, sagte Hordegen schwach, obwohl er sich bemühte, seiner
Stimme einen festen Klang zu geben. »Bei dir scheint die Bude wohl voll zu sein ?«
»Der
Eindruck täuscht«, antwortete sein Gesprächspartner. »Da ist ’ne Handvoll
Leute, die macht ’nen Krach, als wär’ die ganze Wirtschaft voll«, lachte Milan
Stanzcek. Er konnte seine Herkunft nicht verleugnen. Obwohl er schon über zehn
Jahre in Deutschland lebte, wurde er seinen tschechischen Akzent nicht los.
»Ich hab’ schon lange nichts mehr von dir gehört. Nett von dir, dich wieder mal
zu melden. Hast du nicht Lust, auf ein Bier herüberzukommen ?«
»Das gleiche
wollte ich dich fragen . . .«
»Bist du
nicht in Ordnung? Deine Stimme klingt so komisch . . .«
»Doch - mir
geht es gut«, beeilte sich Hordegen mit der Antwort. »Ich komm’ gern mal
wieder. Aber nicht jetzt. Es wäre besser - wenn du kurz hier auftauchen
könntest. Wenn du nicht viel zu tun hast, vielleicht kann deine Frau ...«
»Kein Problem.
Rita schmeißt den Laden ganz allein, wenn’s sein muß. Ist’s denn so wichtig ?«
»Ich muß dir
etwas zeigen. Das geht nur hier .«
»Wie wär’s
mit ’ner kleinen Andeutung ?«
»Es geht um
die Totenmaske, Milan .«
» Schon
wieder?!« Der Tscheche seufzte. »Und da machst du’s so spannend ?«
»Ich hab’
sie wirklich! Ich möchte sie dir zeigen. Und nicht nur das - ich möchte, daß du
mein Zeuge bist, wenn ich eine Person aus dem Jenseits herüberbringe. Halt’
mich nicht für verrückt, Milan - es wird jemand sein, den du verdammt gut
kennst. Damit will ich dir gegenüber als meinem besten Freund den Beweis
antreten, daß es mehr Dinge gibt zwischen Himmel und Erde... na ja - den Spruch
kennst du ja. Ich bitte dich um eins, Milan: erinnere dich an die Gespräche,
die wir führten, als wir uns kennenlernten und entdeckten, daß wir beide den
gleichen Glauben an bestimmte Dinge und die gleichen Interessen haben. Und
erinnere dich daran, daß wir auch - über Lena sprachen ...«
Walter
Hordegen wußte nur zu gut, daß dieser Name Milan elektrisieren mußte.
Lena war
seine Schwester. Die Zwanzigjährige war bei der Flucht in den Westen von
Grenzposten erschossen und abtransportiert worden. Lange Zeit wußte Stanzcek
nichts über Lenas Schicksal.
Erst auf
Umwegen erfuhr er fast zwei Jahre später, daß sie ihren schweren Verletzungen
erlegen war.
»Ich kann
sie dir zurückholen. Du wirst sie nicht nur sehen, sondern auch sprechen und
fühlen können. Sie kann einige Stunden bei dir sein, Milan ...«
»Du hast den
Verstand verloren«, tönte es hart an sein Ohr.
»Komm ’rüber
und laß dich überzeugen! Beeil’ dich, ehe ich’s mir anders überlege . . .«
Mit diesen
Worten legte Walter Hordegen auf.
*
» Bolschoe swinstwo «, fluchte der
Russe und verzog schmerzhaft das Gesicht. »Ich habe das Gefühl, als hätte mir
einer ’ne Keule auf den Schädel geschlagen !«
Iwan
Kunaritschew schlug die Augen auf und tastete nach seinem Kopf.
»Na also«,
sagte erleichtert eine männliche Stimme in der Nähe des Russen. »Er hat’s
geschafft. Die wunderbarsten Dinge ereignen sich im Leben meistens von selbst .«
X-RAY-7
schlug die Augen auf, schloß sie aber gleich wieder. An der Decke brannte ein
grelles Licht.
»Wollen Sie
mich durchleuchten ?« fragte er rasch, ohne in diesem
Moment zu wissen, mit wem er es eigentlich zu tun hatte.
Er hörte,
wie der Lichtschalter geknipst wurde. Vorsichtig öffnete er wieder die Augen.
Jetzt brannte nur noch eine Nachttischlampe. Die stand neben einem Bett.
Ein
Krankenzimmer?
»Wie komm’
ich denn hierher ?« entfuhr es Kunaritschew unbewußt.
»Wenn man
aus dem ersten Stock eines Fensters springt, muß man damit rechnen, im
Krankenhaus zu landen. Wenn es so ausgeht, kann man sagen, daß derjenige sogar
glimpflich davongekommen ist. Die meisten landen nämlich nicht hier, sondern
auf dem Friedhof. Da sind wir überflüssig«, hörte er die Stimme von vorhin
wieder. »Gestatten Sie, daß ich mich vorstelle: Ich bin Doktor Chanol .. .«
»Angenehm,
Kunaritschew. Das mit dem Fenstersprung, Doktor, dürfen Sie nicht so ernst
nehmen! Ich hab’s nicht zum Vergnügen getan... Da war irgend jemand, der
größeren Spaß dran hatte' Ehe ich mich versah, war’s passiert ...«
Iwan
richtete sich auf und verzog das Gesicht.
»Schmerzen?«
Dr. Chanol war höchstens Anfang Dreißig, dunkelhaarig,
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