1471 - Museum der Archäonten
Weges standen. Waren denn ihre Probleme nicht dieselben wie die der anderen Rassen?
Es gab keinen Grund, sich überlegen zu wähnen.
Die Amarena wußten, daß sie zu Höherem bestimmt waren, doch niemand wußte einen Weg, um ans Ziel. zu gelangen. Wie sah das „Ziel" überhaupt aus? Die folgenden Jahrtausende und Jahrzehntausende gingen als Blütezeit der Technik in die Geschichte der Rasse ein. Niemals vorher hatten sie ein Volk getroffen, daß ihnen auf diesem Gebiet ebenbürtig war.
Eines Tages aber war es doch der Fall.
Die Begegnung markierte im Leben der Amarena einen Wendepunkt.
*
Donovan war noch immer Steuermann. „Was treibt da im Raum?" fragte Valinet ihn.
Der Eskuquel nutzte alle technischen Möglichkeiten der Kurszentrale. Bald stellte sich heraus, daß eine undefinierbare Ansammlung sechsdimensionaler Impulse schlingernd auf die nächste Sonne zufiel - an sich ein physikalische Unmö.glichkeit. „Sie funken um Hilfe!" rief Donovan. „Das muß ein Raumschiff sein!"
„Starten wir eine Hilfsaktion?" fragte Valinet. Die Erfahrung mit dem Schiff der Muunia hatte ihn vorsichtig gemacht. „Natürlich. Ich habe den Eindruck, das fremde Schiff ist in sehr ungewöhnlichen Schwierigkeiten. Diese Impulse ... unerklärlich. Wir müssen Sailor und Ginnimar rufen. Ihre Hilfe wird gebraucht."
Em paar Stunden später stand fest, daß in dem fremden Schiff ein Dimesexta-Triebwerk außer Kontrolle geraten war. Das Schiff schwebte in seinem eigenen Mikrouniversum. Es stand noch in Verbindung mit dem Standardraum, konnte aber aus eigener Kraft nicht entkommen. „Schaffen wir es?" wollte Donovan wissen.
Ginnimar lächelte beruhigend. „Ein paar Minuten noch. Wir haben sie, bevor sie in die Sonne stürzen.
Dafür garantiere ich."
Sie behielt recht.
Die technischen Mittel der Asteroidenstadt brachen eine Lücke in den Mantel aus Energie. Das Schiff kam frei - doch der Erfolg stellte sich nur deshalb ein, weil die Unbekannten über ähnlich hochentwickelte Mittel verfügten wie die Amarena.
*
Valinet war gespannt, wie die Fremden aussahen. „Da kommen sie!" rief Donovan.
Das Schiff hing über dem Zirkel des gesunkenen Mondes, der noch immer von den gestürzten Obelisken gesäumt war. Gemächlich sank eine winzige Raumkapsel nieder. Sie setzte in der Mitte des Zirkels auf; ein Schott öffnete sich, zwei Gestalten schwebten herab.
Sie waren humanoid, ebenso wie die Amarena, jedoch wesentlich größer gewachsen. Ihre Augen schimmerten in der Farbe von Bernstein, während sübriges Haar wie eine Mähne den Kopf umschloß. Die Hautfarbe der beiden war ein intensives Grün, wie das bestimmter Edelsteine.
Valinet, Donovan, Sailor, Ginnimar und ein paar andere begannen gleichzeitig zu reden. Einer der beiden Fremden hob beruhigend die Hände. Zunächst nahmen die Translatoren ihre Tätigkeit auf, dann konnte die Unterhaltung beginnen. „Ich bin Skhengis-Tin", sagte der größere der beiden Fremden. Mit einem Arm deutete er auf die Gestalt neben ihm. „Und das ist meine Gefährtin Soleo-Nathos, die Kommandantin unseres Schiffes. Wir sind vom Volk der Hathor."
Von einem Volk dieses Namens hatten die Amarena nie zuvor gehört. „Und wir bedanken uns für eure Hilfe", fügte Soleo-Nathos hinzu. „Vielleicht können wir unsererseits euch einen Gefallen erweisen?"
„Das könnt ihr", antwortete Valinet für alle. „Erzählt uns eure Geschichte!"
Skhengis-Tin und seine Gefährtin ließen sich gern darauf ein. Die Amarena bekamen eine sehr lange Geschichte zu hören; sie dauerte einen Tag und eine Nacht lang.
Bald stellte Valinet fest, daß auch die Hathor über den Sinn des Lebens nicht mehr wußten als die Amarena. Sie hatten viel zu oft auf die Technik als Heilsbringer gesetzt. Irgendwann, so fürchtete Soleo-Nathos, würden sie einfach aufhören, sich zu vermehren. Und dann würde das Volk der Hathor sterben.
Die Fremden verließen die Stadt, wie sie gekommen waren. Ihr kleines Boot flog hoch zum Mutterschiff.
Zehn Minuten später verschwanden sie für immer aus der Ortung.
Wenn es eine Lehre gab, die man aus ihrem Besuch ziehen konnte, dann folgende: Der Weg der Hathor führte nicht zum Ziel. Die Amarena mußten eine andere Möglichkeit finden.
*
Dennoch setzte sich der technische Aufstieg der Amarena noch mehr als zweihunderttausend Jahre lang fort. Ein Volk dieses Alters traf keine übereilten Entscheidungen, wenn ihm unendlich viel Zeit zum Nachdenken zur Verfügung
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