1476 - Höllenbilder
und setze einfach auf die Beziehungen, die die Conollys haben.«
»Okay.«
Ich grinste ihm zu. »Dann schlaf gut.«
Ob er gut geschlafen hatte, wusste ich nicht, als ich am Morgen aufstand. Wenn ich an meine Nachtruhe dachte, dann war sie nicht besonders. Ich hatte zwar geschlafen, war aber immer wieder zwischendurch erwacht, auch weil ich so wirre Träume erlebte, deren Inhalte ich jedes Mal beim Wachwerden wieder vergessen hatte.
Relativ früh stand ich auf, duschte mich, zog mich an und kochte mir einen Kaffee. Dazu aß ich etwas Brot und Käse. Kein tolles Frühstück, aber ich brauchte nur was im Magen, und dazu reichte es.
Dann überlegte ich, ob ich Bill anrufen sollte. Meine Neugierde hatte sich gesteigert, aber ich wollte ihn auch nicht drängen und ließ es deshalb bleiben.
Allmählich rückte die Zeit heran, um ins Büro zu fahren. Und genau da meldete sich das Telefon. An der Nummer auf dem Display sah ich, wer der Anrufer war.
Ich hob ab und sagte nur: »Endlich!«
Bill lachte. »Du hast gut reden. Ich aber habe einen verdammten Trip hinter mir.«
»Hast du wenigstens Erfolg gehabt?«
»Ja, habe ich. Heute Morgen.«
»Sehr gut.«
»Ich habe noch mal meine Beziehungen spielen lassen und konnte herausfinden, wer diese Bilder malt. Ein Galerist hat mir dabei geholfen.«
»Und wie heißt der Mann?«
»Brian Nykill.«
»Hm. Den kenne ich nicht, Bill. Da brauche ich nicht mal lange nachzudenken.«
»Das habe ich mir gedacht. Ich kenne ihn auch nicht, obwohl ich mich für Kunst interessiere.«
»Wo lebt er?«
»Nicht in London.«
»Verdammt, das ist nicht gut.«
»Du sagst es, John. Nur kann ich dich beruhigen. Zu weit von der Stadt entfernt wohnt er auch nicht. Zwischen London und Sevenoaks kann man sagen.«
»Das hört sich gut an«, lobte ich. »Und hat dir dein Informant mehr über ihn erzählt?«
»Ja und nein. Ich habe schon etwas gehört. Er ist nicht besonders angesehen in Malerkreisen.«
»Ach. Warum nicht?«
»Na ja, man spricht von einem Einzelgänger, der sich in seiner Welt vergraben hat. Er geht seinen eigenen Weg, und damit meine ich die künstlerische Seite. Er steht für keinen besonderen Stil oder Malrichtung. Er hängt noch den alten Traditionen nach, sehr gegenständlich. Ansonsten ist er ein verschrobener Einzelgänger. Er hat sich in sein Haus zurückgezogen und malt dort. Der Galerist erzählte mir, dass er seit Jahren keinen Kontakt mehr zu ihm gehabt hat. Ob Nykill den Galeristen gewechselt hat, konnte er mir auch nicht sagen, aber dieser Typ ist schon verdammt verschroben oder auch ungewöhnlich. Kein Salvador Dali, der sich als öffentliche Person ansah.«
»Hat er sich etwas weit aus dem Fenster gelehnt? Was zuschulden kommen lassen?«
»Nein, John. Man sieht ihn nur als ein wenig verrückt an, und er hat sich zwar nicht in die absolute Einsamkeit zurückgezogen, doch sein Haus liegt auch nicht eben mitten in der Stadt Sevenoaks, das habe ich auch noch gehört. Um seinen Wohnsitz herum ist nichts als urwüchsige Landschaft. Ein ehemaliger Steinbruch mit einer kleinen Schlucht, durch die ein breiter Bach fließt. Aber dort wird schon seit Jahrzehnten nicht mehr gearbeitet. Ich habe mich schon kundig gemacht, denn der Steinbruch ist ein guter Orientierungspunkt.«
»Wie immer gut recherchiert.«
»Soll ich zu dir kommen oder treffen wir uns irgendwo auf halber Strecke?«
»Der letzte Vorschlag ist gut. Ich bringe Suko mit.«
»Ausgezeichnet.«
Bill kannte die Gegend besser als ich. »Jenseits des südlichen Londoner Autobahnrings gibt es einen kleinen Ort namens Dunton Green. Wir können uns dort an der Kirche treffen. Die kann man nicht übersehen.«
»Okay, Bill, dann wartet einer auf den anderen.«
»Geht klar, bis dann.«
Es war alles gesagt. Ich spürte, wie mich in diesen Augenblicken das Jagdfieber packte, und hatte es sehr eilig, nach nebenan zu kommen.
Suko traf ich beim Frühstück an. Er und Shao saßen zusammen.
Shao war über die Störung nicht gerade erfreut.
»Müsst ihr schon so früh weg?«
»Ich denke schon.«
Suko trank seinen letzten Schluck Tee und stand auf. »Okay, dann lass uns keine Zeit verlieren…«
***
Es war nur ein kurzer Schrei gewesen, aber Elias Moore hatte ihn empfunden wie einen Warnruf. Wäre er normal in Form gewesen, wäre er hochgeschnellt, so aber musste er auf sein Knie achten, und seine Bewegungen waren entsprechend langsam.
Er humpelte auf Jessica zu. Je näher er ihr kam, um so deutlicher hörte er
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