1478 - Tiefsee-Schrecken
gelernt, der das Skelett fand. Wir waren auch am Fundort, aber das ist nicht so wichtig. Es geht weiter, und ich befürchte, dass es etwas mit der versunkenen Insel zu tun hat.«
»Oh. Wir haben sie bereits mit Atlantis verglichen.«
»Na ja, das trifft wohl nicht zu. Zumindest bisher nicht.«
»Aber es könnte sein – oder?«
Ich sagte dazu nichts.
»John, du hältst mir Informationen vor. Das spüre ich. Sag bitte die Wahrheit.«
»Damit habe ich selbst Probleme, wenn ich ehrlich sein soll.«
»Warum?«
»Weil – weil…«, ich streckte meine Beine aus, »… weil es sehr unwahrscheinlich klingt, was mir gesagt wurde. Orson Keene, der Finder des Skeletts, hat die Insel gesehen.«
Nach diesem Satz herrschte zunächst eine Pause. »Ist er denn getaucht?«
»Nein.«
»Wie hat er die Insel dann sehen können?«
»Sie hat sich aus dem Wasser erhoben. Umgeben von einer Art Glasglocke. Er hat einen Friedhof gesehen, eine nackte Frau und ein grässliches Gesicht. Ich weiß nicht, wie das zusammenpasst, aber ich möchte es herausfinden.«
»O je…«
»Kannst du laut sagen.«
»Weißt du auch, was du dir damit antust, John?«
»Nein, aber das weiß man nie vorher. Ich wollte mich nur melden und dir sagen, dass es noch etwas dauert, bis ich zurückkehre.«
»Fall du zurückkommst.«
»Nun ja, daran denke ich nie.«
»Gut, John, ich kenne dich gut genug. Deshalb weiß ich, dass ich dich nicht daran hindern kann. Ich wünsche mir nur, dass du verdammt gut die Augen aufhältst.«
»Das ist klar. Ich werde wohl auch nicht tauchen und die Insel unter Wasser suchen…«
Es hatte keinen Sinn mehr, dass ich weiter sprach, denn die Verbindung war bereits unterbrochen.
Dass dies ein gutes Zeichen war, glaubte ich nicht. Maxine Wells machte sich Sorgen, was ich auch verstehen konnte, und ob sie und Carlotta untätig blieben, stand in den Sternen. Tief in meinem Innern bereute ich es schon, Maxine angerufen zu haben.
Ich steckte mein Handy weg und schaute durch das Hafenbecken in Richtung Meer.
Dort bewegten sich die Wellen, die fast die gleiche Farbe zeigten wie der Himmel. Von der versunkenen Insel war nichts zu sehen, aber ich glaubte nicht daran, dass Orson Keenes Aussagen der reinen Fantasie entsprangen. Da kam noch was auf mich zu…
***
Die Augen der Tierärztin funkelten, als sie auf das Telefon schaute.
Sie hatte mit John gesprochen, aber sie fühlte sich alles andere als erleichtert. Er wollte und würde einen Alleingang versuchen. Das war auch sein Job. Nur befand er sich nicht in London, sondern hier in Schottland, in Dundee, und hier tickten die Uhren anders. So sahen es zumindest die beiden und vor allen Dingen Maxine Wells. Bisher hatte sie immer mitgemischt, wenn John in dieser Stadt zu tun gehabt hatte, und sie gehörte zu den Frauen, die so leicht nicht aufgaben. Auch wenn sie sich dabei in Gefahr begab, sie sprang mit beiden Beinen hinein.
»Du denkst über John nach, Maxine.«
»Klar.«
»Soll ich raten?«
»Das musst du nicht.«
»Aber ich weiß, dass es dir keine Ruhe lässt, und ich denke, dass wir beide das Haus bald verlassen werden.«
Maxine lächelte und stand auf. »Mittlerweile kennen wir uns recht gut.«
»Wann soll es losgehen?«
»Lange will ich nicht warten.«
»Sollen wir fliegen und…«
»Um Himmels willen, nein. Nicht fliegen.« Die Tierärztin lächelte.
»Manchmal ist es schon von Vorteil, wenn man sich einen Zweitwagen leisten kann. Wir nehme den Mini.«
»Hatte ich mir fast gedacht.«
»Okay, dann mach dich fertig.«
An der Tür blieb Carlotta noch kurz stehen. »Und du willst ihm Bescheid geben?«
»Nein.«
»Ob ihm das passt?«
»Darüber mache ich mir keine Gedanken. Ich denke vielmehr an die versunkene Insel vor unserer Haustür, und ich bin gespannt, ob sie auch weiterhin im Meer bleibt…«
***
Es war ein kleiner und ruhiger Ort, in dem ich saß, und wer hier seine Ruhe haben wollte, der wurde nicht gestört.
Nicht viele Menschen gerieten in mein Blickfeld. Die wenigen gingen an mir vorbei und kaum einer bedachte mich mit einem Blick.
Orson Keene hatte versprochen, ein Boot zu besorgen, und daran glaubte ich auch. Ich wunderte mich nur, dass es nicht so schnell ging, aber unruhig brauchte ich nicht zu werden, denn Keene kehrte zurück und sein Gesicht zeigte ein Lächeln.
»Und?« fragte ich.
Er setzte sich neben mich auf die Bank. »Wie ich es mir vorgestellt habe, es hat geklappt.«
»Perfekt.« Ich drehte ihm mein Gesicht zu. »Wann
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