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1479 - Die Totenfrau vom Deichhotel

1479 - Die Totenfrau vom Deichhotel

Titel: 1479 - Die Totenfrau vom Deichhotel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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die an seine Vorfahren erinnerten.« Sigrid Böhme lächelte mir zu. »Das ist in etwa die Geschichte, wie ich sie Ihnen erzählen kann.«
    »Danke, das war sehr aufschlussreich. Und was ist heute mit den Totenbrettern – oder besser gesagt: Was ist aus ihnen geworden?«
    »Viele gibt es noch. Der alte Brauch ist in den Dörfern der Oberpfalz und des Bayerischen Waldes nicht vergessen. Das sehen Sie ja an mir. Mich haben die Totenbretter fasziniert. Ich bin von der Leinwand weggekommen und habe sie bemalt.«
    »Eine tolle Idee, aber irgendetwas stimmt mit den Brettern nicht«, sagte ich.
    »Leider«, gab sie mir flüsternd recht. Dabei schüttelte sie den Kopf. »Ich habe da wohl einen Fehler begangen, denn als ich in den Besitz der Bretter geriet, fing bei mir die Veränderung an. Ich denke da an die Schaffung des Astralleibs.«
    »Und das nur wegen der Bretter?«
    »Ja.«
    Das wollte mir zwar nicht in den Kopf, aber ich ging davon aus, dass es einen besonderen Grund haben musste, und den wollte ich herausfinden.
    »Es sind doch alte Bretter, wie ich festgestellt habe. Oder irre ich mich da?«
    »Nein, nein, Sie irren sich nicht.«
    »Darf ich dann fragen, woher Sie die Bretter haben?«
    Sigrid Böhme verzog den Mund. »Ich habe sie mir tief im Wald bei einem alten Köhler besorgt.«
    »Tatsächlich?«
    »Ja. Der Mann war mir nicht ganz geheuer. Auf einer Wanderung haben mein Mann und ich ihn kennen gelernt. Wir kamen ins Gespräch, und das Thema waren die Totenbretter. Da kam mir als Malerin eben die Idee, die Bretter anstelle von Leinwand zu benutzen.«
    »Und dieser Köhler besorgte Ihnen die Bretter, nehme ich an.«
    »Genau.« Sie hob einen Arm. »Nein, es war anders. Er hatte sie parat liegen. Er drängte sie mir förmlich auf. Ich hatte das Gefühl, dass er sie unbedingt loswerden wollte. Verrückt, aber ich konnte mich nicht dagegen wehren. Es war wirklich so.«
    »Und weiter?«
    »Ich habe nicht mal was zu bezahlen brauchen.«
    »Haben auf den Brettern früher Tote gelegen?«
    »Davon gehe ich aus.«
    »Sie wissen aber nicht, welche Menschen es gewesen sind?«
    Sigrid Böhme senkte den Blick. »Nein, nicht wirklich. Es müssen aber besondere Menschen gewesen sein. Man konnte die alten Texte noch teilweise entziffern. Als ich die Worte las, habe ich mich erschreckt. Die hörten sich nach Flüchen an, ob Sie es glauben oder nicht. Das war einfach unverständlich. Man muss die Toten, die man auf diese Bretter gelegt hatte, verflucht haben.«
    »Dann waren es auch besondere Menschen. Und das im negativen Sinn des Wortes.«
    »Das kann man so sagen, Herr Sinclair.«
    »Wer es genau war, wissen Sie nicht?« fragte ich noch einmal.
    Sie dachte nach, und ich spürte, dass Sigrid Böhme die Wahrheit herausfinden würde. Sie würde sich wieder erinnern. Als sie nickte, wusste ich, dass sie so weit war.
    »Wenn mich nicht alles täuscht, dann hat der alte Köhler von Hexen gesprochen. Von Frauen, die sich tief im Wald mit dem Teufel abgegeben haben. Ihnen waren diese Totenbretter gewidmet. Deshalb auch die Flüche, denke ich.«
    »Die sich bis heute gehalten haben.«
    Sigrid Böhme stieß die Luft aus und lehnte sich zurück, wobei sie die Augen schloss. Sie sah die Dinge auch mit einem gewissen Realismus, denn sie sagte: »Ich denke, dass wir meiner ungewöhnlichen Veränderung allmählich näher gekommen sind.«
    »Das sind wir in der Tat.«
    »Und?«
    »Sagen wir es mal einfach, Frau Böhme. Die Bretter sind verflucht. Ja, verflucht. Wenn es wirklich Hexen gewesen sind, die man darauf gelegt hat, dann hat sich ihr Fluch bis in die heutige Zeit gehalten.«
    »Aber das ist ein Märchen, das mit den Hexen.«
    »Ist Ihr zweiter Zustand auch ein Märchen?«
    »Nein.«
    »Eben. Und ich denke, dass diese Hexen – dabei möchte ich jetzt bleiben – ebenfalls diesen Zustand, den sie hatten, kannten, und dass der auf sie übergegangen ist. Es gibt hier im Hotel Zeugen, die in der vergangenen Nacht ungewöhnliche Dinge erlebt haben. Man hat Sie in Ihrem anderen Zustand gesehen, Frau Böhme. Man hat auch Stimmen gehört, die um Hilfe flehten, auch Ihre war dabei. Es geht dabei um die endgültige Totenruhe, die man finden will.«
    »Wer will sie denn finden?«
    »Ich gehe davon aus, dass es die fünf Hexen sind.«
    »Aber die sind tot.«
    »Ja, nur ihre Seelen nicht, sage ich mal. Sie finden keine Ruhe. Sie haben wohl noch in den Totenbrettern gesteckt und befinden sich noch immer darin. Jetzt aber wollen sie freikommen und

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