1480 - Endstation Hölle
den Namen noch nie in meinem Leben. Aber immer wieder trieb es mich in die kleinen Dörfer und Ortschaften in unserem Land. Da waren im Laufe der Zeit schon verdammt viele zusammengekommen.
Es begegnete uns niemand. Der Golf rollte durch die Stille, und ich sah den Beginn der Ortschaft wie einen klumpigen Scherenschnitt vor mir. Einige wenige Lichter schienen in der Luft zu schweben.
Mir fiel auch die Gleichheit der Häuser in der Nähe auf, aber etwas störte mich. Auch wenn es dunkel war, ich bekam trotzdem einen guten Überblick, und deshalb fiel mir auf, dass es in diesem Ort kein einziges höheres Gebäude gab, und damit meinte ich einen Kirchturm.
Dann fiel mir der Name wieder ein. Church End. Kirchenende.
Ende ohne Kirche.
Da musste der Name schon eine gewisse Bedeutung haben. Ein Dorf ohne Kirche, das war nicht normal. Ich dachte schon jetzt über die Gründe nach, die dazu geführt haben konnten.
Hatten die Bewohner sich etwa auf die andere Seite gestellt? War ihnen eine Kirche verhasst?
Das war alles möglich. Ich versuchte dennoch, mich nicht von Vorurteilen leiten zu lassen.
Noch bevor wir den Ort erreicht hatten, hielt ich an, ließ den Motor allerdings laufen, weil ich nur eine kurze Frage hatte. Dabei kam mir Edna Ferguson zuvor.
»Sie müssen gleich rechts in einen Weg hineinfahren, Mr. Sinclair. Dort immer geradeaus, und dann können Sie das Haus bereits auf der rechten Seite sehen.«
Sekunden später war ich wieder unterwegs. Church End lag ausgestorben vor uns. Nicht mal ein Hund rannte über die Straße. Es gab auch keine Jugendlichen, die sich vergnügten. Über allem lastete eine tiefe Stille, die mir in der jetzigen Lage schon leicht bedrückend vorkam.
Nur wenige Menschen in den Häusern waren noch auf. Das sah ich an den erleuchteten Fenstern, deren Schein aber sehr schnell von der Dunkelheit geschluckt wurde.
Ich hörte hinter mir den heftigen Atem des Jungen und war froh, dass Edna ihn mit leisen Worten beruhigte.
Rechts und links des Weges, der nicht asphaltiert war, standen Häuser und Ställe. Das Licht tanzte vor dem Golf. Einmal huschte ein Tier aus dem hellen Schein und versteckte sich.
Wiesenstücke. Dann mal ein Haus oder ein Grundstück, das umzäunt war. Ich nahm alles auf, aber nichts wies darauf hin, dass es hier eine Kutsche gab, in deren Inneren es glühte.
»Auf der rechten Seite, John!«
Ich lächelte, da mich Edna mit dem Vornamen angesprochen hatte. Ihr Vertrauen zu mir schien gewachsen zu sein. Danach flüsterte sie dem Jungen wieder etwas zu.
Das Haus lag etwas zurückgesetzt. In der Dunkelheit hatte ich den Eindruck, dass dahinter nichts mehr stand und nur die Finsternis begann, die alles unter sich begrub.
Ich hielt an, drehte mich um und nickte den beiden zu. »Bleiben Sie bei dem Jungen, Edna.«
»Klar.«
Gemeinsam stiegen wir aus. Die Nacht war noch immer warm, zu warm für diese Jahreszeit. Erst jetzt sah ich, dass es einen kleinen Garten vor dem Haus gab.
Das Haus selbst gehörte nicht zu den neuen Gebäuden. Es war recht schief und mehr hoch als breit. Einen Anbau gab es nicht, so dachte ich, und wurde eines Besseren belehrt, denn Edna, die sich auskannte, sprach davon, dass es ihn an der Rückseite gab.
»Herbert hat sich dort eine Werkstatt eingerichtet.«
»Für sein Hobby?«
»Ja, er ist ein großer Bastler. Das war er zumindest früher.«
Danny korrigierte Edna. »Nicht mehr. Grandpa ist nur noch Sammler. Er sammelt alles, was mit Heiligen zu tun hat. Zumeist hat er sich die Sachen auf Flohmärkten besorgt und sich auch schicken lassen.«
»Weißt du auch, warum er das alles sammelt?« fragte ich.
»Nein, darüber hat er nie mit mir gesprochen.«
»Und?«
»Er hat das schon als Kind getan. Später hörte er damit auf, aber dann fing er wieder an.«
»Alles klar.«
Wir standen mittlerweile vor der Haustür, die nicht abgeschlossen war, wie wir sehr bald feststellten. Ich drückte die alte Klinke und zog die Tür dann auf. Sie ließ sich gut und glatt bewegen. Wenn das ein Hinweis darauf war, wie gut das Haus in Schuss war, dann alle Achtung.
Edna Ferguson drängte sich vor. Sie war sehr energisch, und sie erinnerte mich irgendwie an Lady Sarah Goldwyn, die Horror-Oma, auch wenn diese um einiges älter gewesen war.
»Ich mache Licht!«
Edna hatte nicht zu viel versprochen. Wenig später wurde es vor uns hell. Wir stellten fest, dass wir am Beginn eines Flurs standen, dessen Wände und Decke mit Holz verkleidet waren. Auf dem
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