1481 - Wenn alte Leichen lächeln ...
den anderen Gräbern. Also muss hier etwas passiert sein.«
»Er hat recht, Tommy, das stimmt.«
»Na und?«
»Falls es euch entgangen sein sollte«, sagte ich, »es liegt hier niemand mehr in der Erde. Das Grab ist aufgebrochen worden. Die Grabschänder haben die Person gesehen, die hier im Grab lag, und müssen geflohen sein, weil sie so geschockt waren. Dann hat man die Leiche abgeholt und das Grab wieder aufgefüllt.«
»Sie ist weg?« flüsterte die junge Frau.
»Wie ich es sagte.«
»Aber wo ist sie denn jetzt?«
»Sei ruhig, Trixy, sei ruhig.«
»Nein, nein! Das kann ich nicht. Wer hat die Leiche weggeschafft, und wohin? Oder war sie doch nicht tot?«
»Wie kommen Sie denn darauf?« fragte ich.
Trixy schüttelte heftig den Kopf. »Es ist eine Sache, die nur uns angeht.«
»Nein, nicht mehr, denn das Öffnen eines Grabes ist eine Straftat.«
Tommy ging auf mich zu. Er reckte sein Kinn vor. »Woher wollt ihr das wissen? Seid ihr Bullen?«
Jetzt meldete sich Suko. »Wir haben zwar keine vier Beine, aber der Polizei gehören wir trotzdem an.« Jetzt zeigte er seinen Ausweis.
»Scotland Yard, und ich denke, dass wir uns mal genauer unterhalten sollten, was die tote Gale Hanson angeht.«
»Nein, nein!« Tommy lief plötzlich rot an. »Das will ich nicht, verdammt. Ihr macht alles kaputt, denn ihr begreift nichts. Ihr könnt nichts begreifen, verdammt.«
»Warum nicht?«
»Weil ihr nicht zu uns gehört. Los, Trixy, lass uns gehen. Mit denen haben wir nichts zu tun.«
Das Mädchen zögerte. Es wusste nicht, ob es nicht doch besser war, wenn es mit uns sprach.
»Wir könnten uns in aller Ruhe unterhalten«, schlug ich vor. »Und wir sind auch nicht gekommen, um jemanden zu verhaften. Wir möchten nur etwas aufklären.«
Das wollte Tommy nicht begreifen. Bevor wir uns versahen, machte er kehrt und rannte davon.
Suko wollte ihm nach. Ich hielt meinen Freund zurück. »Lass ihn laufen, wir reden mit Trixy.«
Die wusste nicht, wie sie sich verhalten sollte. Auf der einen Seite wollte sie weg, auf der anderen wollte sie uns nicht düpieren. Sie machte zudem den Eindruck auf uns, dass sie sich vor etwas fürchtete, und wir glaubten fest daran, dass sie bereit war, mit uns zu reden.
»Wollen wir nicht gehen?« schlug ich vor und lächelte. »Es gibt in der Nähe ein kleines Lokal. Da können wir uns in Ruhe unterhalten.«
»Ich weiß nicht…«
»Kommen Sie schon.«
Trixy nickte. Sie warf noch einen letzten Blick auf das Grab. Die Gaben ließ sie liegen, aber Suko bückte sich und steckte die Umschläge ein. Da Trixy und ich schon vorgegangen waren, bekam sie das nicht mit.
Gelogen hatte ich nicht. Es gab in der Nähe tatsächlich mehrere Lokale. Nach den Beerdigungen hatten die Menschen meist Hunger und Durst und so lebten die Besitzer der Lokale in gewisser Hinsicht von den Toten…
***
Mit einem Taxi hatte Glenda Perkins sich nicht durch den Verkehr wühlen wollen. Und so war sie in die U-Bahn gestiegen und nach Hampstead gefahren. Das ging wirklich schneller, und um diese Zeit waren die Wagen auch nicht so überfüllt.
Glenda war wirklich gespannt, was ihre Schulfreundin herausgefunden hatte. Und sie freute sich, der Enge des Büros entflohen zu sein und mal wieder an die Front gehen und recherchieren zu können.
Während sie auf dem Sitz hockte und die Tunnelwände außen vorbeihuschen sah, dachte sie daran, ob sie wirklich richtig gehandelt hatte. Das Büro einfach zu verlassen und keinem Bescheid zu geben, das war normalerweise nicht ihre Art. In diesem Fall hatte es aber keine andere Möglichkeit gegeben. Ellen Long hatte sicher nicht grundlos gedrängt.
Natürlich hätte sie John anrufen können. Über sein Handy war er immer erreichbar. Sie wollte ihm auch Bescheid geben, aber erst dann, wenn sie einen Schritt weitergekommen war und etwas mehr über die tote Gale Hanson herausgefunden hatte.
Sie dachte auch an das Klassentreffen zurück. Ellen Long war eine der Frauen gewesen, die Karriere als erfolgreiche Maklerin gemacht hatte. Der BMW-Sportwagen passte zu ihr. Das knallrote Fahrzeug hatte vor dem Restaurant gestanden und war Glenda damals gleich aufgefallen.
Trotz allem hatte sich Glenda mit Ellen verstanden. Sie hatten es auf dem Treffen auch geschafft, ein paar private Worte miteinander zu wechseln, und auch Glenda hatte über ihren Beruf gesprochen, ohne zu viel zu verraten.
Glenda gegenüber saß ein älterer Mann mit einer hellen Wollmütze auf dem Kopf. Er roch nach Essig
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