1481 - Wenn alte Leichen lächeln ...
ihren Kopf zurück. »Man merkt, dass du beim Yard arbeitest. Du hast wirklich vieles verstanden, und ich kann dir bestätigen, dass ich das Grab geöffnet habe.«
Glenda schüttelte den Kopf. »Aber warum hast du das getan? Das begreife ich nicht.«
»Ganz einfach. Ich wollte nur Gewissheit haben, nicht mehr und nicht weniger.«
»Ja, das verstehe ich. Und die hast du jetzt bekommen – oder?«
»Stimmt. Ich weiß, dass man den Tod überwinden kann, ohne dass man im Jenseits landet.«
»Klar. Und dabei noch zu einer Mörderin wird.«
Ellen winkte heftig ab. »Ach, hör doch damit auf! Denk an die großen Dinge. Wo gehobelt wird, fallen Späne. Sie hat den Weg eingeschlagen und mir somit Hoffnung gegeben.«
»Hoffnung? Willst du ebenfalls zu einem Wesen der Nacht werden? Oder zu einer lächelnden Leiche?«
»Das hatte ich vor. Ich bin bereits präpariert worden, als Gale noch normal lebte. Da hat sie mich schon durch ihre Berichte auf den richtigen Weg gebracht.«
»Und du hast ihr geglaubt?«
»Hätte ich das nicht tun sollen? Du hast doch gehört, dass der Tod sie nicht schrecken konnte. Genau das will ich auch von mir behaupten können. Deshalb werde ich ebenfalls den Weg einschlagen, den sie gegangen ist, und ich kann dir sagen, dass ich dabei nicht allein bin. Erinnere dich daran, dass Gale Hanson eine Therapeutin war, die immer gut zu tun hatte. Ich habe dir erzählt, dass junge Leute sie oft besuchten, und sie werden sich auch für den neuen Weg entscheiden. Ich bin nicht die Einzige.«
»Aber zuvor müssen die Menschen sterben, um überhaupt zu einem Geschöpf der Nacht zu werden.«
»Sollte man meinen, Glenda.«
»Und? Ist dem nicht so?«
»Genau, dem ist nicht so. Gale hat den Weg für uns beschritten. Sie hat uns gesagt, dass wir nicht sterben müssen. Wir können auch als Lebende zu den Wesen der Nacht werden. Wir müssen uns nur auf sie verlassen, das ist alles.«
Glenda war längst klar geworden, dass sie einer Fanatikerin gegenübersaß, die nichts anderes mehr gelten ließ. Sie war voll und ganz in den Bann dieser Unperson geraten, und Glenda fühlte sich alles andere als wohl in ihrer Haut.
Sie unternahm trotzdem noch einen Versuch. »Und ich kann dich nicht mehr umstimmen?«
»Nein.«
»Obgleich du damit rechnen musst, dass es für dich sehr gefährlich werden kann?«
»Richtig.«
»Das ist schlecht, Ellen. Du hast den falschen Weg eingeschlagen, und ich kann mich dabei auch nicht auf deine Seite stellen. Deine Gale Hanson ist eine Mörderin. Sie darf nicht länger als mordendes Wesen auf dieser Welt bleiben. Hier ist kein Platz für Zombies. In dieser Welt haben sie nichts zu suchen, egal, wie sie sich auch geben. Das sollte auch dir klar sein.«
Ellen Long hatte sich die Antwort in Ruhe angehört. Nach einer Weile des Nachdenkens nickte sie. »Ich habe gewusst, dass du dich so verhalten würdest, Glenda. Ich habe es genau gewusst. Du kannst mich nicht umstimmen. Wir stehen auf zwei verschiedenen Seiten, das ist nun mal so, und ich will es nicht ändern.«
»Schade«, sagte Glenda.
»Ja, für dich.«
In Glendas Kopf schrillten Alarmglocken. »Wie meinst du das denn genau, Ellen?«
»Wer nicht für uns ist, der ist gegen uns. Du kennst das alte Sprichwort. Da du dich nicht einsichtig gezeigt hast, womit ich übrigens gerechnet habe, muss ich dir leider sagen, dass ich dich nicht mehr von hier weggehen lassen kann.«
Glenda blieb gelassen. »Ich bin also deine Gefangene?«
»Zunächst ja.«
»Und danach?«
»Wirst du nicht mehr am Leben sein…«
***
Glenda Perkins hatte sich im Laufe der letzten Minuten auf etwas Bestimmtes einstellen können, aber dass es so hart kommen würde, damit hätte sie niemals gerechnet. Es ärgerte sie auch, dass ihr das Blut in den Kopf stieg, und sie ärgerte sich weiterhin über den überheblichen Gesichtsausdruck ihrer Schulfreundin, die nichts mehr sagte und sie nur noch beobachtete.
Nach einer Weile hatte sich Glenda wieder gefangen. Eine direkte Gefahr bestand für sie nicht. Jedenfalls sah sie nichts. Nach wie vor war sie mit Ellen allein, die plötzlich ein spöttisches Lächeln zeigte und sagte: »Ich weiß, was jetzt in deinem Kopf vorgeht.«
»Ach ja? Was denn?«
»Du denkst darüber nach, wie du hier wegkommen kannst.«
»Stimmt.«
»Und was hast du dir ausgedacht?«
»Bitte, Ellen, da brauche ich mir nicht viel auszudenken. Ich stehe jetzt auf, gehe zur Tür und verschwinde. Und ich möchte nicht, dass du versuchst, mich
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