1482 - Der Alleingang des Außenseiters
die ihre Abstammung auf Umwegen von Terra herleiteten, benützten auch im 48. Jahrhundert alter Zeitrechnung noch das Fliegeralphabet, das in den 1900er Jahren entwickelt worden war. Es gab eben keine bessere Methode, Verständigungsfehler zu vermeiden. Der Labortrakt, in dem Shvartz jetzt zu finden war, hieß R-5. In der Sprache derer, die auf Genauigkeit in der verbalen Kommunikation Wert legten, wurde er „Romeofünnef" genannt.
Reginald Bull machte sich auf den Weg. Außerhalb des kleinen Bereichs der Privatquartiere gab es Rollbänder. Er schwang sich auf einen der hurtig dahingleitenden Verkehrswege. Es würde eine Minute dauern, bis er den Bezirk erreichte, in dem sich der Laborkomplex R-5 befand. Er hatte Zeit, sich über Loydel Shvartz Gedanken zu machen.
Er war also trotz seiner Zwergengestalt und ungeachtet seines unattraktiven Äußeren in der Lage, Frauen anzuziehen. Vyn Ashdenam war dafür ein deutlicher Beweis. Und es gab unter der an Männern reichen, an Frauen armen humanoiden Besatzung des Stützpunkts Heleios gewiß viele Männer, die Loydel um Vyns Zuneigung beneideten.
Das war die eine Seite der Medaille. Die andere interessierte Reginald Bull weitaus mehr.
Loydel Shvartz hatte sich als Astronaut einen Namen gemacht. Daß er darüber hinaus ein ausgezeichneter Hyperphysiker war, nahm man gern zur Kenntnis, aber wer in den Kreisen der Hyperenergie-Spezialisten nach Loydel Shvartz fragte, der begegnete gewöhnlich leeren, verständnislosen Blicken.
Aber jetzt war Shvartz mit eigenen Forschungen beschäftigt? So viel wenigstens durfte man Vyn Ashdenam zutrauen: daß sie das richtig verstanden hatte. Reginald Bull war höchst interessiert zu erfahren, mit welcher Art Forschungen der ehemalige Kommandant der ARCHIBALD sich befaßte.
Er würde ihn danach fragen.
Die rollende Straße trug ihn behende dem Labortrakt Romeofünnef entgegen.
*
Über Loydel Shvartz Konsolentisch schwebten drei große Bildflächen. Sie zeigten allesamt dasselbe Objekt: vier Stangen, die parallel zueinander so angeordnet waren, daß sie ein Quadrat umrissen, und acht plattformähnliche Strukturen, die in regelmäßigen Abständen an den Stangen angebracht waren und deren Ebene mit dem Stangenverlauf einen rechten Winkel bildete. Man hatte auf Heleios Bilder dieser Art in letzter Zeit des öfteren zu sehen bekommen. Viele Experten hatten sich intensiv mit ihnen beschäftigt. Sie stellten die Raumstation Choktash dar, wie sie von den Aufnahmegeräten eines Widder-Raumschiffs unmittelbar vor ihrer Vernichtung festgehalten worden war.
Die Aufnahmen, die Loydel Shvartz betrachtete, waren mit Hilfe unterschiedlicher Aufzeichnungstechniken angefertigt worden. Sie unterschieden sich in der Farbgebung und zeigten jede ein anderes Sortiment von Details an der Oberfläche des cantarischen Raumforts. Über der Konsole schwebte, matt leuchtend und mühelos übersehbar, das kugelförmige Energiegebilde eines Servos, der Loydel mit dem Computersystem verband. „Hyperenergetische Emission, Frequenzbereich eins", sagte Loydel.
Auf einem der drei Bilder erschienen zusätzliche, verschieden gefärbte Leuchtpunkte. Loydel Shvartz betrachtete sie eine Zeitlang. Dann schüttelte er den Kopf. Nein, das war nicht, wonach er suchte. Er wollte dem Servo einen weiteren Befehl erteilen; da hörte er, wie sich hinter ihm die Tür öffnete. Ohne sich umzudrehen, sagte er: „Aus!"
Im selben Augenblick erloschen alle drei Bildflächen. Loydel wandte sich langsam um. Er war überrascht, Reginald Bull zu sehen. „Warum schaltest du ab?" erkundigte sich Bull freundlich. „Ich halte es für nützlich, daß du dich mit den Daten des Raumforts Choktash beschäftigst."
Loydel Shvartz ärgerte sich. Er wollte nicht, daß jemand erfuhr, was er hier trieb. „Es war nur so eine Reflexhandlung", versuchte er zu erklären. „Wenn jemand den Raum betritt, schalte ich automatisch das System ab. Ich nehme nämlich an, daß der Besucher mir etwas sagen will."
„Das ist der Fall", bestätigte Bull. „Diesmal bin ich es, der dir ein Angebot macht."
„Laß hören!"
„Du kommst an Bord der CIMARRON. Als reguläres Besatzungsmitglied. Nicht als Erster oder Zweiter Pilot, auch nicht als Cheftechniker, sondern in der neugeschaffenen Funktion eines Raumfort-Spezialisten."
„Weh mir!" jammerte Loydel Shvartz. „Was ist das, ein Raumfort-Spezialist?"
„Das ist, was du sein wirst, wenn du mein Angebot annimmst."
Loydel tat so, als müsse er
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