1485 - Er spielte auf zum Höllentanz
bewegte.«
»Danach sieht er mir nicht aus.«
»Nun ja, das stimmt. Er ist kein echter Vampir. Er ist ein Gnom, ein Zwerg. Er ist zudem Geiger, und er hat als Mensch dem Teufel seine Kompositionen gewidmet. Das heißt, er ist auch Komponist. Und der Teufel hat ihn erhört. Er holte ihn zu sich und gab ihm das Aussehen, das er jetzt hat. Dann schickte er ihn los. Er ist so etwas wie das Schreckensbild der Musiker. Manche nennen ihn den Notenkiller. Man kennt ihn auf der ganzen Welt. Er wird des Öfteren freigelassen und erscheint bei Musikern, um sie zu stören. Er will ihnen seine Musik aufzwingen. Als Mensch wurde er der Teufelsgeiger genannt, und das hat er nie vergessen, denn durch seine Musik verfallen ihm die Menschen. Er bringt sie näher an die Hölle heran. Es ist ein Zufall oder auch Fügung gewesen, dass sich unsere Wege kreuzten, und ich habe die Chance sofort ergriffen und ihn auf meine Seite gezogen.«
»Das hat der Teufel zugelassen?« Saladin breitete die Arme aus.
»Er steht solchen Experimenten immer positiv gegenüber. Es ist auch nicht für immer. Ich habe ihn mir nur ausgeliehen, und die Hölle hat nichts dagegen gehabt. Sie wird zuschauen, und ich werde aus dem Hintergrund ebenfalls zusehen, wie sich der Vertreter der Hölle als mein Verbündeter entwickelt.« Er deutete mit dem rechten Zeigefinger auf Glenda. »Auch du wirst ihn bald erleben. Zusammen mit dem Trio.«
»Darauf kann ich verzichten.«
»Tut mir leid für dich. Es ist bereits alles vorbereitet.« Er klatschte in die Hände. »Das Spiel kann beginnen…«
Glenda wusste nicht genau, was die Geste zu bedeuten hatte. Ein Vorhang brauchte sich nicht mehr zu heben, denn die Bühne lag frei.
Saladin trat zurück. Er hatte alles inszeniert. Nun sollten andere agieren.
Glenda wollte ihn noch etwas fragen. Sie kam nicht mehr dazu, denn Saladin tat genau das, was man immer von ihm erwarten musste. Durch das Serum gestärkt, schritt er auf den Bühnenrand zu. Es sah so aus, als wollte er über ihn hinwegsteigen. Das tat er jedoch nicht.
Stattdessen löste er sich auf. Es geschah mit einer Leichtigkeit, die Glenda noch immer verblüffte. Bei ihr war das nicht der Fall. Sie konnte die Kräfte nicht so konzentrieren, wie sie es gern gehabt hätte. Bei ihr war es immer mit einer geistigen Schwerstarbeit verbunden.
Saladin war plötzlich weg…
Glenda blieb allein auf der Bühne zurück. Sie schaute ins Leere, wobei ihr Kopf nicht leer war. Sie musste stets an die letzten Worte des Hypnotiseurs denken.
Das Spiel kann beginnen…
Und es begann. Auf die Sekunde pünktlich sah sie am Eingang eine Bewegung. Sie hörte zudem Stimmen und es gab nur eine Erklärung für den Vorgang.
Das Trio erschien…
***
Glenda musste eine schnelle Entscheidung treffen. Sie wusste allerdings nicht, wie sie sie in die Tat umsetzen sollte. Sie hätte hinter die Bühne laufen können, um ihren Freunden Bescheid zu geben, aber Suko und John würden sicherlich auch so hier erscheinen, wenn ihnen klar geworden war, dass hier die Musik spielte, und das im wahrsten Sinne des Wortes.
Die Bühne war nur schwach beleuchtet. Da gab es keine Strahler, die eine Person in grelles Licht hüllten, aber das Licht reichte aus, um nicht zu stolpern, und es gab nahe des Vorhangs so dunkle Schattenstellen, dass Glenda sich dort verbergen konnte. Sie huschte auf die von ihr aus gesehen linke Seite zu und tauchte in der Inspizientengasse unter. Kaum hatte sie sich versteckt, als sie hinter sich das Geräusch eines auftretenden Fußes vernahm.
Sie drehte sich um – und schaute in John Sinclairs Gesicht!
***
Ich hatte Glenda nicht erschrecken wollen, aber ich sah schon, dass sie zusammenzuckte. Sie fing sich allerdings schnell wieder und legte einen Finger auf ihre Lippen.
Ich verstand und nickte. Auch Suko hatte die Bewegung gesehen.
Er war mir gefolgt.
»Sie sind schon im Theater. Gleich werden sie auf die Bühne kommen und ihre Instrumente stimmen.«
»Gut. Dann haben wir es richtig gemacht, dass wir aus der Garderobe weg sind.«
»Saladin war auch da!«
Den Satz hatte Glenda mit normal klingender Stimme gesprochen.
Trotzdem schockte er uns. Die Frage las Glenda in meinen Augen, und sie informierte uns mit Flüsterstimme.
So erfuhren Suko und ich von den Plänen des Hypnotiseurs, die uns alles andere als gefallen konnten. Bisher hatte sich Saladin in die Vampirwelt zurückgezogen und sich dort still verhalten. Nun war es ihm dort zu langweilig geworden, und er
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