1488 - Schamanen-Zauber
zitterte am gesamten Körper. Er hörte jemanden Worte murmeln und würgen zugleich und begriff nicht, dass er es war, der diese Geräusche ausstieß.
Erst sein Vater und die beiden Bodyguards – und jetzt sie. Das war für ihn nicht zu fassen, und die Welt wurde vor seinen Augen zu einem Kreisel.
Die Schmalseite des Schreibtisches gab ihm Halt, sonst wäre er endgültig zusammengebrochen. Er konnte nicht mehr normal atmen. Er hörte sich weiterhin röcheln und würgen.
Wie lange es dauerte, bis er sich wieder gefangen hatte, konnte er nicht sagen. Er wusste nur, dass sein Gesicht nass durch den ausgetretenen Schweiß war.
Taumelnd erhob er sich wieder.
In einem der Fächer des Einbauschranks befand sich eine Bar. Er riss die Tür auf und griff zur Flasche. Dass es Wodka war, spielte keine Rolle für ihn. Er brauchte jetzt einen kräftigen Schluck, um seine Übelkeit zu bekämpfen.
Er trank den Wodka wie ein Verdurstender das Wasser. Als er die Flasche absetzte, musste er husten, und nicht nur seine Kehle brannte, sondern auch die Augen. Er stöhnte und stellte die Flasche wieder zurück in den Barschrank.
In seinem Kopf hämmerten die Gedanken. Carlo wünschte sich, dass alles nicht den Tatsachen entsprach und ihm etwas vorgegaukelt wurde, aber nach einer Drehung stellte er fest, dass Viola Wayne noch immer an derselben Stelle saß. Nur schaute er jetzt gegen ihren Rücken und nicht mehr in das Gesicht.
Amado wischte über seine Lippen. Er hatte sich noch immer nicht gefangen, doch die ersten Gedanken stiegen bereits in ihm hoch und formierten sich zu Fragen.
Warum war das geschehen? Wer hatte es getan? Was hatte Viola Wayne mit dem Tod seines Vaters zu tun?
Er wusste es nicht. Sie hatte den alten Amado nicht gekannt. Sie war nur seine Mitarbeiterin und Geliebte gewesen. So musste er unter Umständen davon ausgehen, dass auch er auf der Liste des Mörders stand und ihm die Gegenseite mit Violas Ermordung eine brutale Warnung geschickt hatte.
Warum?
Er quälte sich, aber er wusste die Antwort nicht. Sein Vater und er hatten zwei verschiedene Leben geführt. Irgendjemand wollte das wohl nicht einsehen.
Dass er etwas tun musste, lag auf der Hand. Allein kam er auch nicht weiter, und so dachte er an John Sinclair und seinen Kollegen.
Sie waren wohl die Einzigen, zu denen er Vertrauen haben konnte.
Er musste sie anrufen und ihnen erklären, was hier geschehen war.
Das Telefon stand auf dem Schreibtisch neben dem Bildschirm des Computers, und seine Hand befand sich schon auf dem Weg, als sie zurückzuckte, weil sich der Apparat meldete.
Carlo Amado atmete heftig. Abnehmen oder nicht?
Beim vierten Läuten hatte er sich überwunden und hob ab.
»Ja?« Das war nur ein Krächzen.
»Bist du es, Carlo?«
Die Frauenstimme kam ihm fremd vor.
»Sagen Sie mir, wer Sie sind!« Ihm war sofort klar, dass dieser Anruf keinen geschäftlichen Grund hatte.
»Das tut nichts zur Sache. Aber ich weiß, dass du dich in deinem Büro aufhältst.«
»Sicher. Sie haben mich ja hier erreicht.«
»Dann hast du auch die Überraschung erlebt – oder?«
Amado schluckte, eine Antwort konnte er nicht geben.
»Ich merke an deinem Verhalten, dass es so ist, und ich würde dir raten, genau zuzuhören. Der Tod deiner Mitarbeiterin ist eine Warnung an dich, an den Sohn. Ich weiß, dass du deinen Vater gemocht hast und deshalb willst, dass sein Tod aufgeklärt wird. Aber das will ich nicht. Was im Dunkeln liegt, muss auch im Dunkeln bleiben. Verstehst du, Carlo?«
»Was soll das?«
»Ich will dir nur raten, dass du die Bullen aus dem Spiel lässt. Das hast du leider nicht getan, Carlo. Ich war etwas zu spät. Du bist mir zuvorgekommen. Deshalb finde ich, dass du alles, was du ihnen gesagt hast, zurücknehmen solltest. Keiner von ihnen soll sich einmischen. Hast du mich begriffen?«
»Habe ich.« Er hatte den Eindruck, mit einer fremden Stimme zu sprechen.
»Dann ist es gut.«
»Was soll ich tun, verdammt?«
»Nichts. Nur abwarten. Du kannst dein Büro verlassen. Alles Weitere überlasse mir.«
»Aber Viola ist tot und…«
»Man wird nichts von ihr finden, denn das Feuer löscht bekanntlich alle Spuren.«
»Du willst sie verbrennen?«
»Es kann sein. Aber keine Angst, man wird nichts sehen, Carlo. Deine Umgebung bleibt unangetastet.«
Er sagte nichts mehr. Seine Kehle war plötzlich verstopft. Er spürte das Brennen in seinen Augen, und plötzlich wurde ihm bewusst, dass er das Freizeichen hörte.
Schwer fiel der
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