149 - Auf Messers Schneide
heißt.«
Naoki stieß einen spitzen Schrei aus, als sie den Namen ihres tot geglaubten Sohnes hörte. Matt konnte es ebenfalls kaum fassen.
»Du hast ihn kürzlich getroffen?«, fragte er nach. »Er ist also noch am Leben?«
»Als ich ihn vor zehn Nächten verlassen habe, machte er noch einen recht munteren Eindruck«, kam die Antwort.
»Leider konnte ich mich nicht schneller nach Westen durchschlagen, denn er hat mir eine wichtige Nachricht mitgegeben. Ich soll dir sagen, dass die Atombomben, die die Daa'muren gesammelt haben, nicht der Vernichtung der Bunker dienen, sondern im Krater gezündet werden, vermutlich um die Erde aus ihrer Umlaufbahn zu werfen. Verstehst du, was er damit meint?«
Matt nickte stumm, bevor er realisierte, dass Navok ihn nicht sehen konnte. »Ja«, sagte er. »Ich verstehe.«
Er versuchte weitere Details zu erfahren, doch es zeigte sich rasch, dass Navok nicht viel mehr mitzuteilen hatte. Er konnte nur noch berichten, wie er, Aiko und Graz einen grauhaarigen Wissenschaftler beobachtet hatten, der den Daa'muren bei ihrem teuflischen Plan half. Professor Doktor Jacob Smythe…
Einige Male schon hatte Matt ihn für tot gehalten, und immer wieder war der brillante, aber wahnsinnige Wissenschaftler mit irgendeiner Teufelei wieder aufgetaucht. Diesmal lieferte er sein Meisterstück ab – das der ganzen Menschheit zum Verhängnis werden konnte.
»Ich habe General Crow jetzt angepeilt«, vermeldete Naoki.
»Er befindet sich außerhalb des Gleiters.« Die Nachricht, dass ihr Sohn lebte, ließ die Cyborg sichtlich aufblühen. Dass sie selbst auf der ISS gefangen und zum Tode verurteilt war, schien für sie plötzlich keine Rolle mehr zu spielen.
Matt verabschiedete sich von den Nosfera und wünschte ihnen viel Glück bei ihrem Kampf gegen die Daa'muren. Ob er je wieder von ihnen hören würde? Vielleicht waren sie bei der nächsten Umkreisung bereits alle tot.
»Du wirst verhindern, dass die Sonne wieder wächst«, rief Navok zum Abschied. »Du bist der Sohn der Finsternis! Wir kämpfen nur für dich!«
Matt war nicht wohl bei diesen Worten, aber was blieb ihm anderes übrig, als sie hinzunehmen? Dies war weder die Zeit noch der Ort, um über die Prophezeiung der Bluttempler zu streiten.
Matt lenkte seine Gedanken wieder auf das Wesentliche.
»Okay, stell die Verbindung her.« Sein Gesicht wurde hart wie Stein. »Versuchen wir wenigstens diese Gefahr auszuschalten.«
***
Nördlich des Kratergebirges
Jetzt, so kurz vor dem Ziel, konnte Arthur Crow seinen Triumph kaum mehr unterdrücken. Beide Hände auf den Rücken verschränkt, stand er vor dem Großraumgleiter. Links von ihm stieg ein Pfad an, der durch die Berge an den Kratersee führte. Ein Engpass, der die U-Men aber nur unwesentlich aufhalten würde. Noch achtundvierzig Stunden, dann lag alles hinter ihnen. Dann waren sie am Ziel.
Dann würden die Daa'muren endlich ihr blaues Wunder erleben.
Im Nachhinein bedauerte er, der Allianz seine wahren Pläne nicht enthüllt zu haben. Aber nach den Erfahrungen mit den Daa'muren hatte er nicht anders handeln können. Spitzel und getarnte Feinde saßen überall; es wäre nur eine Frage der Zeit gewesen, bis sein angeblicher Verrat an der Allianz als Doppelspiel entlarvt worden wäre.
Nein, sein Weg war der einzig richtige gewesen. Die Daa'muren vertrauten ihm, weil sie akzeptiert hatten, dass seine Sorge um Lynne die Folgen überwog, die sich aus seinem Verrat ergaben.
Sie hatten nicht erkannt, dass Crows Gewichtung gänzlich anders lag. Sicher, seine Tochter war für ihn das Liebste auf der Welt, doch um die Menschheit zu retten war er bereit, sie zu opfern – auch wenn es ihm das Herz brechen würde.
Er hatte es geschafft, die U-Men in den Rücken der arglosen Daa'muren zu führen. Sie im richtigen Moment zuschlagen zulassen, würde der Allianz den Sieg bringen.
Arthur Crow lächelte entspannt, weil er sich diese Gedanken erlauben durfte. Mountbatton war gerade hinter einigen Felsen verschwunden, um den Weg zu erkunden. In dieser Zeit brauchte er seine wahren Gefühle und Pläne nicht zu verbergen.
Er blickte zu den sich auftürmenden Felsen empor. Mancher Mann mochte sich angesichts solcher Größe klein und hilflos vorkommen, aber sicher kein Feldherr, der viertausend U-Men hinter sich wusste.
»General? Ein Gespräch für Sie!« Crow warf der Ordonanz, die ihm das Funkgerät brachte, einen vernichtenden Blick zu.
Hatte der Mann denn überhaupt kein Gespür für den
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