1493 - Höllenschwur der Zwillinge
angenehmes Bild abgegeben hat.«
»Klar, das kann ich mir vorstellen. Es ist mir auch alles so verdammt fremd. Ich kann es einfach nicht fassen. Eine derartige Tat in einem Alten- und Pflegeheim. Wer tut so etwas?«
»Jemand, der die Frau sehr gehasst haben muss«, wiederholte ich Sukos Worte.
Der Rektor schaute uns an. »Gehasst?« Er hob die Schultern. »Ja, es gibt Menschen, die hassen, aber sie greifen doch nicht gleich zur Waffe. Ich kann mir zudem kein Motiv vorstellen, wenn ich ehrlich sein soll.«
»Es muss aber eines geben«, sagte Suko.
»Schon, nur…«
»Und es kann in der Vergangenheit Ihrer ehemaligen Lehrerin liegen. Muss nicht, aber kann.«
»Ach.« Hill staunte. »Und deshalb sind Sie hier?«
»Unter anderem.«
»Nein, nein.« Er schüttelte den Kopf. »Da sind Sie bei mir an der falschen Adresse. Tut mir leid, dass ich Ihnen das so direkt sagen muss.«
»Aber die Vergangenheit der Toten hat sich nun mal an dieser Schule abgespielt.«
»Na und, Inspektor? Das Leben der Frau hat nicht nur aus dem Beruf bestanden. Da gab es noch ein Privatleben.«
»Kennen Sie das?« fragte ich.
»Nein.«
»Sie wissen also nicht, was sie außerhalb ihres Berufs tat? Ob sie möglicherweise einem Verein angehörte oder anderen Hobbys nachging?«
»Nein, das weiß ich nicht, meine Herren. Aber ich weiß, dass sich Mrs. Boone hier an der Schule sehr engagiert hat. Sie war nicht nur eine Lehrerin, sie hat sich auch um das Wohl der Schüler gekümmert. Sie wissen, dass die Jungen und Mädchen hier aus Verhältnissen stammen, die sie allein nicht bewältigen können. Da brauchen sie einfach die entsprechende Hilfe von unserer Seite.«
»Und das klappt?« fragte ich.
»Ja.«
»Immer?«
Jerry Hill versuchte zu lächeln, aber er brachte nur ein verkniffenes Grinsen zustande. »Nun ja, ich räume Probleme ein, aber sie gibt es auch in den angeblich normalen Familien. Hinzu kommt, dass unsere Schüler zuvor nie so etwas wie Disziplin gelernt haben, und die mussten wir ihnen eben beibringen.«
»Was bestimmt nicht einfach war«, meinte Suko.
»Sie sagen es.«
»Es gab also Strafen.«
Der Schulleiter sah aus, als wollte er aufstehen. Er überlegte es sich jedoch anders. »Strafen gibt es heute noch. Sie müssen einfach sein. Man kann nicht alles durchgehen lassen. Das ist auch im richtigen Leben nicht der Fall, und genau darauf wollen wir die Kinder vorbereiten und können auch mit Erfolgen aufwarten.«
»Da kann man Ihnen nur gratulieren.«
»Danke, Mr. Sinclair.«
»Nun gehören zu den Erfolgen auch die Misserfolge. Wie sieht es denn damit aus?«
Die Frage hatte den Rektor etwas verlegen gemacht. Er fuhr mit der Hand über seine hohe Stirn. Sein Lächeln misslang wieder, und schließlich nickte er.
»Und welche Misserfolge hatte die Ermordete aufzuweisen?«
»Bitte?« Hill schüttelte den Kopf. »Das kann ich doch nicht sagen.«
»Aber es gab welche?«
»Kann sein.«
»Und es gibt sie immer noch. Schüler können manchmal verdammt grausam ein. Denken Sie nur an die Amokläufe, die in den verschiedenen Schulen passiert sind. Da spielte schon eine geballte Ladung Frust mit, die in den jungen Menschen saß.«
Jerry Hill schluckte. »Moment mal«, sagte er, »Sie wollen doch nicht behaupten, dass ein frustrierter Schüler seine Lehrerin umgebracht hat? Das ist ja Irrsinn!«
»Mir müssen jeder Spur nachgehen, und wir sind bei Ihnen, weil Sie uns helfen können.«
»Wie denn?«
»Indem Sie uns sagen, welche Probleme die Tote hier in ihrem Beruf hatte.«
Der Schulleiter beugte sich vor und lachte uns in die Gesichter.
»Ja, glauben Sie denn, ich führe eine Liste? Da hätte ich viel zu tun. Jeder Lehrer hat mal Stress mit seinen Schülern. Ich habe auch schon Drohungen erlebt, aber deshalb bringt man doch keinen Menschen um! Den Mörder müssen Sie schon woanders suchen.«
»Das kann gut sein, Mr. Hill. Aber ich denke auch nicht, dass wir nur von den Schülern ausgehen, die sich momentan hier in der Schule und im Heim befinden«, sagte Suko. »Es gibt genügend Ehemalige, die sicherlich auch Ärger mit Eartha Boone hatten.«
»Gewisse Dinge haben sich eben nicht geändert«, gab er zu. Dann schüttelte er den Kopf. »Wollen Sie das alles durchleuchten, obwohl es keine Unterlagen gibt? Da sind Sie doch nur auf Vermutungen angewiesen. Wohin Sie auch greifen, Sie werden ins Leere fassen.«
Suko ließ nicht locker. »Es gibt sicherlich auch extreme Fälle bei Ihnen. Oder es hat sie gegeben.«
»Das
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