1494 - Hexenhölle
kleine Dorf bereits verlassen.
Ich konnte sie also in Ruhe herankommen lassen. Nach einer Weile stellte ich fest, dass es nur zwei Pferde gab, die den Wagen zogen.
Die Bewacher waren zu Fuß unterwegs. Ebenso wie dieser widerliche Calderon, der sich nicht scheute, hin und wieder seinen Segen zu geben. In der Verdammnis wäre er besser aufgehoben gewesen und nicht als Mensch mit Rückendeckung der Kirche. Wobei ich nicht wusste, ob der Klerus tatsächlich auf seiner Seite stand. Oft genug hatten sich diese perversen Typen selbstständig gemacht, um ihren Trieben nachgehen zu können.
Die schaurige Prozession behielt ihre Form bei. Niemand setzte sich ab. Keiner wich aus der Reihe. Sie alle gingen gemessenen Schrittes.
Ich wartete so lange, bis der Wagen in meine Sichtweite geriet.
Es war so, wie ich es von alten Bildern her kannte. Auf dem Wagen stand der Käfig. Und darin hockte eine Frau – Cosima. Sie sollte brennen, wenn es nach Calderon und seinen Häschern ging.
Aber ich war mir nicht so sicher. Sie war nicht verbrannt. Sie hätte sonst nicht in meiner Zeit erscheinen können. Es musste also noch etwas passieren.
Dabei wusste ich, dass ich ein Mittelpunkt sein würde. Ich war als Mann aus der Zukunft erschienen. Allerdings war ich nicht in der Lage, das gesamte Schicksal zu beeinflussen, aber im Kleinen konnte schon etwas reguliert werden.
Ich zog mich etwas zurück, blieb aber in einer Distanz, die mir erlaubte, alles genau zu beobachten.
Leider drehte mir Cosima den Rücken zu. So war es mir nicht möglich, ihr Gesicht zu sehn. Vielleicht war es auch besser so, denn sie war in sich zusammen gesunken, hockte auf dem schmutzigen Boden und hielt den Kopf gesenkt.
Gefesselt hatte man Cosima nicht, trotzdem bot sie ein Bild des Jammers, das mir durch und durch ging. Diese Frau wollte ich nicht dem Henker überlassen. In mir kochte und brodelte es. Das Blut stieg mir in den Kopf. Am liebsten hätte ich mich auf den Wagen gestürzt, den Käfig aufgerissen und Cosima befeit.
Mein Verstand riet mir davon ab, und so wartete ich, bis der Wagen an mir vorbeigefahren war.
Ich hörte die Lästereien der Söldner. Es machte ihnen offenbar Spaß, Menschen brennen zu sehen. Sie waren verroht und würden erst anders denken, wenn sie selbst auf dem Scheiterhaufen standen.
Ich hatte mir bisher Zeit lassen können. Das war nun vorbei. Ich würde schneller sein müssen als die Prozession, und ich zog mich deshalb zurück.
Mit langen Schritten lief ich hügelan. Ich war allein und blieb es auch, und ich erreichte den Scheiterhaufen auf dem alten Friedhof noch vor der Prozession.
Mir war unterwegs der Gedanke gekommen, den Reisighaufen unter dem Pfahl auseinander zu reißen. Das verwarf ich sofort, als ich die beiden Wachtposten sah, die ihn umstanden.
Noch brannte das Reisig nicht. Schon jetzt hatte ich das Gefühl, starken Rauch zu riechen und verbranntes Fleisch zu sehen, aber das war nur eine Einbildung.
Ich musste mir eine Deckung suchen. Es musste zudem ein guter Platz sein, von dem aus ich diesen Ort des Grauens überblicken konnte. Wann ich mich zeigen und eingreifen würde, wusste ich noch nicht. Das war vom Ablauf des Geschehens abhängig. Auf jeden Fall wollte ich erst einmal inaktiv bleiben.
Sie kamen.
Zuerst hörte ich nur die Geräusche. Sie kamen aus der Richtung, aus der auch ich gekommen war. Allmählich wurde die Zeit knapp.
Ich schaffte es, mir einen noch besseren Platz auszusuchen, sodass ich den Scheiterhaufen von der linken Seite beobachten konnte. Ich wäre gern näher an ihn herangegangen, doch das ließ das Gelände leider nicht zu. Da gab es einfach zu wenig Deckung.
Alles war vorbereitet.
Nicht zum ersten Mal wurde hier jemand verbrannt. Man kannte sich aus. Aus dem Ort waren auch einige Menschen mitgekommen.
Nur Männer. Frauen und Kinder befanden sich nicht unter ihnen.
Die Männer hielten sich im Hintergrund auf. Das Handeln überließen sie den Söldnern, die darin Routine hatten.
Ich wurde Zeuge des Geschehens und musste mich mit Gewalt zurückhalten. Aber auch jetzt hatte ich kaum eine Chance.
Zu viert trugen sie Cosima auf den Scheiterhaufen zu. Auch jetzt war die Frau nicht gefesselt, aber zwei Söldner hielten schon Stricke bereit.
In mir kochte es. Es fiel mir schwer, mich weiterhin zusammenzureißen.
Ich musste mit ansehen, wie man Cosima gegen den Pfahl presste und ihren Körper mit den Stricken umwickelte.
Ich sah ihr Gesicht, das eine erbärmliche Angst
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