1497 - Die Gespenster-Villa
die eine oder andere Leiche erhob. Das trat jedoch nicht ein. Die unterschiedlich aussehenden Körper blieben allesamt liegen. Die Kraft, um sich zu erheben, steckte wohl doch nicht mehr in ihnen. Aber rechnen musste ich mit allem.
Dann stellte ich fest, dass es hier unten noch einen weiteren Raum gab.
Er war mein nächstes Ziel. Mit der Lampe strahlte ich hinein und riss die stinkende Dunkelheit auf.
Das gleiche Bild!
Auch dort verteilten sich die Liegen, die mit Toten belegt waren.
Einige von ihnen gab es nur noch als Skelette, deren Gebein glänzte, wenn das Licht es traf. An anderen hingen noch Fleisch- oder Hautreste.
Wenig später hatte der Lichtstrahl das Ende des Raumes erreicht und huschte über die Wand hinweg. Komischerweise hing dort ein altes Bild in einem verstaubten Rahmen. Als Motiv zeigte es eine von der Sonne beschienene Sommerlandschaft. Die passte wirklich absolut nicht in diese Szenerie.
Ich dachte an diesen Frederic March. Er war von dem Sog in die Gespenster-Villa verfrachtet worden, aber das war auch alles. Bisher hatte ich ihn nicht zu Gesicht bekommen, und so stellte sich die Frage, ob der Teufel ihn zu sich geholt hatte.
Es wäre mir lieb gewesen, doch ich wollte auch eine endgültige Gewissheit haben.
Die wurde mir gegeben.
Ein ungewöhnlicher Laut unterbrach die Stille in diesem Teil des Erdgeschosses. Ich dachte nicht an eine menschliche Stimme. Es glich mehr einem Jaulen, als hätte jemand einem Hund auf den Schwanz getreten.
Sofort stand ich starr.
Das Jaulen wiederholte sich nicht. Dafür klang mir ein anderes Geräusch entgegen. Das hörte sich recht menschlich an, denn ich verglich es mit einem schweren Seufzen oder Stöhnen.
Ich wusste auch, wo es aufgeklungen war. Vom Boden her, und deshalb senkte ich sofort die Hand mit der Lampe.
Im ersten Moment sah ich nichts. Doch als ich den Strahl leicht nach rechts schweben ließ und unter eine dieser recht hohen Liegen leuchtete, da kroch er hervor.
Zunächst hatte ich Mühe, ihn zu erkennen.
Nach genauerem Hinsehen stellte ich fest, dass es sich dabei um Frederic March handelte. Aber wie hatte er sich verändert!
Die Kraft meines Kreuzes hatte ihn, den Höllengünstling, brutal getroffen. Er sah schlimm aus, denn er befand sich in einem Zustand des Vergehens.
Sein Gesicht zeigte keine menschlichen Züge mehr. An den verschiedenen Stellen war die Haut von innen aufgebrochen und hatte denen freie Bahn verschafft, die nur darauf gewartet hatten.
Weiße, winzige Würmer krochen in schmalen Bahnen aus den aufgerissenen Stellen. Sie zerstörten alles. Das Gehirn, die Augen die Nase. Und es war ein Wunder, dass sich dieser Mann noch unter dem Leichentisch bewegen konnte.
Ich war viel gewohnt, aber dieser Anblick machte mir verdammt zu schaffen. Dieser Mensch wurde nicht nur vom Kopf her aufgefressen, die Boten der Hölle fraßen alles an ihm, seinen gesamten Körper. Und es war wie ein Sinnbild für das, womit sich das Böse umgab.
Vernichtung und Zerstörung!
Alles, was ihm nicht passte, wurde auf eine so radikale Art ausradiert.
Ich fasste den Rest des Menschen nicht an, obwohl er mir seine Arme entgegenstreckte. Mein Kreuz reagierte nicht mehr. Es hatte seine Pflicht bereits getan, und durch die Hölle erlitt der Bärtige eine Bestrafung, die ich meinem schlimmsten Feind nicht wünschte.
Auch seine Hände waren längst von diesem Vorgang erfasst worden. Das begann an den Fingernägeln, die sich zu bewegen schienen, aber dafür sorgten die Würmer, die bereits unter den Nägeln saßen und dagegen drückten. Ich wusste, dass von diesem Menschen, der schon längst hätte tot sein müssen, nichts übrig bleiben würde. Denn später würden noch andere Würmer kommen und auch die Käfer, die sich dann mit den Resten beschäftigen würden.
Während der Wartezeit hatte ich vergessen, wie widerlich die Luft in diesem Haus war. Erst als in mir die Übelkeit aufstieg, wurde ich wieder daran erinnert.
Ich drehte mich um und lief zurück in den vorderen Teil des Hauses. Dabei musste ich zugeben, dass meine Knie verdammt weich geworden waren und ich froh sein konnte, wieder die Luft einzuatmen, die sich im vorderen Teil des Hauses befand.
Dort traf ich auf Suko und unseren jungen Kollegen.
Mason Fox hatte sich über das starre Gesicht seines Großvaters gebeugt und streichelte die dünne Haut. Er weinte dabei, aber er brauchte diesen Abschied einfach, denn der Tote war letztendlich zu seinem Lebensretter geworden.
Suko
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