14a Stephanie Plum: Der Winterwundermann (Visions of Sugar Plums)
spazieren zu gehen? Raus aus seiner körperlichen Hülle? Ich sah zur Zimmerdecke, ob Diesel vielleicht oben schwebte wie der Geist der vergangenen Weihnacht aus Dickens’ Weihnachtsgeschichte. »Hat er gesagt, wohin er geht?«
»Nein. Nur, dass er gleich wieder da ist.« Mein Vater klappte die Augen wieder zu, Ende der Unterhaltung.
Plötzlich plagte mich ein beängstigender Gedanke. Ich lief in den Hausflur, den Plätzchenheber noch immer in der Hand, und sah durch das Fenster der Haustür nach draußen. Für einen Moment hörte mein Herz auf zu schlagen. Mein Honda war verschwunden. Diesel hatte mein Auto geklaut. »Scheiße! Scheiße! Scheiße!« Ich ging nach draußen auf den Bürgersteig und sah nach links und rechts die Straße entlang. »Diesel!«, brüllte ich. »Die! Sel!« Keine Antwort. Der große geheimnisvolle Mann mit den außergewöhnlichen Talenten kann verschlossene Türen öffnen, aber hören, wenn ich nach ihm rufe, kann er mich nicht.
»Ich musste gerade an die Zeitung von heute denken«, sagte Grandma, als ich wieder in die Küche kam. »Ich habe mir heute Morgen die Suchanzeigen durchgelesen, weil ich mir gedacht habe, ein Job für mich wäre gar nicht so schlecht, wenn sich nur was Richtiges finden würde … zum Beispiel als Barsängerin. Na, jedenfalls gab es keine Stellenanzeigen für Barsängerinnen, aber es gab eine für Spielzeugmacher. Klang auch richtig süß. Da stand, sie suchten Elfen.«
Die Zeitung lag auf dem Boden neben dem Sessel meines Vaters. Ich nahm sie mir und las mich durch den Anzeigenteil. Tatsächlich, es gab eine Suchanzeige für einen Spielzeugmacher. Elfen würden bevorzugt. Eine Telefonnummer war auch angegeben. Bewerber sollten nach einem gewissen Lester fragen.
Ich wählte die Nummer und bekam Lester gleich nach dem zweiten Klingelton an die Strippe.
»Ich habe Ihre Telefonnummer aus der Zeitung«, sagte ich. »Suchen Sie wirklich Spielzeugmacher?«
»Ja, aber wir nehmen nur Leute, die was von dem Job verstehen.«
»Elfen?«
»Jeder weiß, dass sie die Spitzenkräfte unter den Spielzeugmachern sind.«
»Stellen Sie außer Elfen auch noch andere Leute ein?«
»Sind Sie keine Elfe? Suchen Sie nur so einen Job?«
»Ich suche einen bestimmten Spielzeugmacher, Sandy Claws.«
Klick . Aufgelegt. Ich wählte noch mal, und jemand anders nahm ab. Ich fragte nach Lester, aber es hieß, Lester sei im Moment nicht am Platz. Ich fragte, wo das Vorstellungsgespräch stattfinden solle, was wieder nur dazu führte, dass der Teilnehmer auflegte.
»Ich wusste gar nicht, dass es in Trenton auch Elfen gibt«, sagte Grandma. »Wer hätte das gedacht. Elfen, mitten unter uns.«
»Ich glaube, das mit den Elfen war nur so zum Spaß«, sagte ich.
»Schade eigentlich«, sagte Grandma. »Ein Leben mit Elfen wäre bestimmt lustig.«
»Du bist immerzu am Arbeiten«, sagte meine Mutter zu mir. »Nicht mal Weihnachtsplätzchen kannst du backen, ohne zwischendurch Anrufe zu machen wegen deiner kriminellen Kunden. Loretta Krakowskis Tochter macht so was nicht. Loretta Krakowskis Tochter kommt nachmittags aus der Knopffabrik nach Hause und denkt nie an ihre Arbeit. Lorettas Tochter hat alle ihre Weihnachtskarten selbst gebastelt.« Meine Mutter hörte auf, den Teig zu rühren, und sah mich mit großen angstvollen Augen an. »Hast du deine Weihnachtspost schon erledigt?«
Die Weihnachtspost! Schreck lass nach! Die Weihnachtspost hatte ich total vergessen. »Klar«, sagte ich. »Die habe ich letzte Woche schon weggeschickt.« Hoffentlich verzeiht mir der liebe Gott meine Lüge.
Puuh! Meine Mutter tat einen Seufzer der Erleichterung und bekreuzigte sich. »Gott sei Dank. Ich dachte schon, du hättest es vergessen.«
Knoten ins Gehirn: Weihnachtskarten kaufen.
Um fünf Uhr waren wir fertig mit Plätzchenbacken, und meine Mutter hatte eine Schüssel Lasagne in den Ofen geschoben. Die Plätzchen waren in Keksdosen und Keksgläsern verstaut, andere stapelten sich auf Serviertellern zum sofortigen Verzehr. Ich stand am Spülbecken und wusch die letzten Backbleche, als ich plötzlich ein Prickeln im Nacken spürte. Ich drehte mich um, und hinter mir stand Diesel.
»Sie haben mein Auto genommen«, sagte ich und wich entrüstet zurück. »Sie sind einfach damit weggefahren. Sie haben es gestohlen!«
»Beruhigen Sie sich. Ich habe es mir nur ausgeliehen. Ich wollte Sie nicht stören. Sie waren ganz ins Plätzchenbacken vertieft.«
»Wenn Sie unbedingt irgendwo hinmussten, hätten Sie
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